Das Laecheln der Chimaere
ist, was sie gegen Chwantschkara in der Hand haben . . . Das nützt uns so viel wie heiße Umschläge einem Toten. Vielleicht waren die Informationen, über die Saljutow verfügte, bis jetzt tatsächlich das einzige Verbindungsglied zwischen Chwantschkara und diesem Mord.
Er betrachtete die Fotos von Milowadse, die im Laufe der Observierung gemacht worden waren – ein korpulenter älterer Mann, aber immer noch eine attraktive, gepflegte Erscheinung. Sein Haar war zwar schon silberweiß, doch er trug noch modische, jugendlich geschnittene Sportjacketts von Gucci. Er war zum vierten Mal verheiratet, seine Frau war fünfundzwanzig Jahre jünger und hatte ihm bereits zwei Söhne – ein Zwillingspärchen – geboren.
Nur schwer konnte man sich vorstellen, dass dieser Mann der Auftraggeber für die Morde in Moskau und im »Roten Mohn« war. Doch gleich nach seiner ersten Vorladung bei der Generalstaatsanwaltschaft hatte sich Milowadse an das spanische Konsulat gewandt und ein Visum für sich und seine ganze Familie beantragt. Angeblicher Zweck der Reise: »Erholung«. In Spanien besaß er eine Immobilie – die Villa »Esmeralda« in dem kleinen Urlaubsort Lloret de Mar. Die Staatsanwaltschaft war zwar eigentlich nicht gewillt, Milowadse aus dem Land zu lassen, aber ohne wichtige Gründe konnte man ihn nicht festhalten. Man hätte schon konkrete Beweise für Milowadses Beteiligung an den Morden gebraucht. Und ein anderer Belastungszeuge als Saljutow (selbst wenn er nur ein indirekter Zeuge war) war weit und breit nicht in Sicht.
Nikita sah, dass die Moskauer, auch wenn sie wie üblich sehr wichtig und geheimnisvoll taten, seiner Anregung, die Fälle zusammenzulegen und gemeinsam zu bearbeiten, nicht abgeneigt waren. Aber vorläufig überlegten sie noch. Solange diese Überlegungen andauern, dachte er, ist es meine Aufgabe, den Maulwurf im Kasino zu suchen. Vielleicht ist das ja die Spur zu Chwantschkara, die sie trotz aller Bemühungen nicht entdecken können.
Nachdem er in sein Büro zurückgekehrt war, widmete er sich den aktuellen Aufgaben. Flüchtig ging er die Observierungsberichte über Taurages Wohnung in der Mytnaja-Straße und über den inzwischen entlassenen Gasarow-Aligarch durch. Erstaunlich, aber er hatte Untersuchungsführer Sokolnikow gar nicht überreden müssen. Am Morgen vor der Konferenz hatte Sokolnikow ihn beiseite genommen und ihm erklärt, er habe das gegen Gasarow gesammelte Beweismaterial geprüft, es für nicht ausreichend gehalten, um Mordanklage zu erheben, und sei daher gezwungen gewesen, den Verdächtigen zu entlassen. Dabei hatte Sokolnikow sich dauernd umgesehen, und Kolossow begriff, dass er sich ohne direkte Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft niemals über die Aussagen der fünf Security-Männer des Kasinos hinweggesetzt hätte, auf die er gleich zu Beginn so vertraut hatte. Aber Kolossow ließ sich nicht anmerken, dass er merkte, woher der Wind wehte.
In den Observierungsberichten der letzten Nacht war zu lesen, dass Gasarow direkt aus dem Untersuchungsgefängnis nach Moskau gefahren war, an der Metrostation »Oktjabrskaja« ausgestiegen und von dort zu Fuß zur Mytnaja-Straße gegangen war. Als Egle Taurage aus der Bar nach Hause kam, wartete Gasarow schon auf sie. Die Nacht verbrachten sie gemeinsam und hatten laut Bericht die Wohnung um elf Uhr morgens immer noch nicht verlassen.
Kolossow ging zu den Verhören von Taurages Nachbarn in der Kommunalwohnung über. Sie bestätigten einstimmig, dass Gasarow ständig in der Wohnung lebe und dass es bei den Besuchen von Egles Bruder Vitas zwischen diesem und Gasarow, aber auch zwischen ihm und Egle, oft zu lautstarken Auseinandersetzungen gekommen sei. Die Nachbarn hatten mehr als einmal gehört, wie Vitas seiner Schwester vorgeworfen hatte, sie ließe ihrem Lebensgefährten alles durchgehen, er plündere sie aus bis aufs Hemd und lebe auf ihre Kosten wie ein »verfluchter Parasit«.
Kolossow registrierte ein interessantes Detail: Vitas stritt sich in Anwesenheit der Nachbarn mit seiner Schwester nicht in seiner litauischen Muttersprache, sondern auf Russisch, offenbar absichtlich, damit alle in der Wohnung verstanden, was er von Egles Liebhaber hielt.
Kolossow zündete sich eine Zigarette an und dachte nach. Katja hatte ihm ihren Eindruck von diesem Mädchen schon gestern im Auto mitgeteilt, als er und Bindjushny sie nach Hause gebracht hatten. Von ihrem Bericht war er ehrlich gesagt enttäuscht. Dabei hätte er selbst nicht
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