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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Obuchow bei Kolossow an.
    »Nikita, kennst du schon die Neuigkeit?«, erkundigte er sich geheimnisvoll. »Heute ist eine gewisse Person verhaftet worden.«
    »Milowadse? Schon?«, fragte Nikita. »Dann war das Gespräch, das Saljutow gestern in der Staatsanwaltschaft geführt hat, also von Nutzen.«
    »Das weißt du auch schon?«, brummte Obuchow. »Ja, der arme Kerl ist gestern gleich nach unserer Konferenz angerufen worden. Und mir scheint, deine Ausführungen haben dabei auch eine gewisse Rolle gespielt.«
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dass alles so schnell geht«, gestand Kolossow. »Andererseits, wozu es auf die lange Bank schieben . . . Weißt du auch, wohin man Milowadse gebracht hat?«
    »Ins Lefortowo-Gefängnis. Höchstwahrscheinlich wird man ihn demnächst Saljutow gegenüberstellen. Man sollte die Suche nach dem Maulwurf beschleunigen, er käme uns jetzt sehr zustatten . . . Ich will dir mal was sagen«, Obuchow machte eine Pause. »Behalte den › Mohn ‹ jetzt besonders gut im Auge. Nicht, dass dort schon wieder was passiert. Chwantschkara ist kein Dummkopf, der weiß längst, wer ihn verpfiffen hat. Er hat auch registriert, dass seine bisherigen Warnungen nicht beachtet worden sind. Aber jetzt stellt sich die Sachlage anders dar. Jetzt geht es um seinen Kopf, um seine Freiheit. Und er wird selbst vom Gefängnis aus seine Maßnahmen treffen.«
    Katja erkannte Marina Saljutowa sofort. Die Witwe gab ihre Kleider an der Garderobe ab und half ihrem Sohn beim Ausziehen. Ein Leibwächter war tatsächlich nicht zu sehen. Das Kind, ein Knirps von zwei Jahren, der in seiner roten Steppjacke wie ein kleiner Gartenzwerg aussah, zappelte die ganze Zeit unruhig herum. Marina griff nach der schweren Sporttasche, hob sie mit Leichtigkeit hoch, nahm ihren Sohn bei der Hand und ging zur Rezeption, um dort ihre Karte abzugeben. Katja zog rasch ihre Jacke aus, gab sie an der Garderobe ab und ging ebenfalls zur Rezeption. Die Angestellte lächelte sie mit routinierter Liebenswürdigkeit an und teilte ihr mit, dass das Wasser-Aerobic wie üblich um halb elf beginne und die Sauna seit zehn geöffnet sei. In dem geräumigen, leeren Umkleideraum, der mit Spiegeln, Teppichen und üppig wuchernden Grünpflanzen dekoriert war, hielt Katja sich, wie jeder Neuling, etwas zu lange auf und verlor Marina im Labyrinth der Spinde und Schließfächer aus den Augen. Erst am Schwimmbassin sah sie sie wieder. Bewundernd schaute sie die biegsame, hochgewachsene, schlanke Gestalt an. Ja, Nikita hatte Recht gehabt: Die brünette Witwe sah aus wie ein Top-Model aus der Werbung. Der zielstrebige, fließende, selbstsichere Gang, die gerade Haltung und die weiche, ausdrucksvolle Gestik ließen darauf schließen, dass sie in nicht allzu ferner Vergangenheit vielleicht tatsächlich eins gewesen war.
    Dem Aussehen nach hätte man sie für etwa achtundzwanzig halten können, und der Gedanke, dass eine so junge, blühende Frau schon Witwe war, mutete Katja seltsam an.
    Marina trug einen weißen Badeanzug, der im Rücken tief ausgeschnitten war. Sie hielt ihren Sohn fest an der Hand, während sie ihm halblaut etwas erklärte und im Takt zu ihren Worten ihre weiße, mit einem durchbrochenen Muster verzierte Badekappe schwenkte. Katja stieg ins Wasser. Zu dieser noch verhältnismäßig frühen Stunde waren kaum Schwimmer im Bassin. Nur auf der letzten Bahn schwamm mit mächtigen, ungelenken Butterfly-Zügen ein korpulenter Mann, der nach der Sauna rot wie ein Krebs war. Es machte Katja so viel Spaß, in diesem türkisblauen, kristallklaren Wasser zu schwimmen und zu tauchen, dass sie fast vergessen hätte, wozu sie an diesen märchenhaften Ort gekommen war.
    In der Mitte des Beckens schwammen auf luftgefüllten Plattformen lauschige Inselchen mit tropischen Pflanzen. Kleine Wasserfälle plätscherten. Die Morgensonne schien durch die Glaswand der Fassade ins Becken. Hier in dem warmen, türkisfarbenen Wasser konnte man gar nicht glauben, dass dort draußen, hinter der Glasscheibe, eisiger Frost herrschte und ein beißender Nordwind wehte.
    »Verzeihen Sie, Marina Lwowna, dass ich etwas zu spät komme. Hallo, Walerik, grüß dich. Wie steht’s? Lernen wir heute schwimmen?«
    »Ja! Aber ich ganz allein!«
    Ein älterer Mann kam auf Mutter und Sohn zugeeilt. Er trug einen Plastikstab und ein kleines Schaumstoffbrett. Das musste der Privattrainer für die Kinder sein. Er begrüßte Marina Saljutowa und beugte sich dann zu dem Jungen hinunter, der vor

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