Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
Aber es war auch der Raum, wo sie die gemeinsamen Mußestunden verbrachten.
Raymond begrüßte Isaac stürmisch. „Du hast uns Stuten gebracht?“
„Stimmt.“
„Wie viele?“
„Fünf.“
„Oh, da ist wunderbar! Und wie geht es meinen beiden Neffen?“
„Prächtig.“
„Raymond, wie wär’s, wenn du Isaac platznehmen lässt und ihm einen Becher Wein bringst“, ermahnte Blanche ihn.
Er ließ Isaac los und besann sich auf seine guten Vorsätze. Er nahm einen der feinen Silberbecher vom Bord an der Wand, füllte ihn aus dem Krug und wollte ihn Isaac reichen, aber plötzlich schlug er der Länge nach hin, und der dunkelrote Wein ergoss sich ins Stroh.
Raymond sprang auf die Füße und sah Mortimer ausdruckslos an. „Entschuldige, Bruder. Ich muss über deinen Fuß gestolpert sein. Wie ungeschickt von mir.“
Mortimer schnitt eine höhnische Grimasse und antwortete nicht.
Und Robin verlor für einen kurzen Moment die Beherrschung und warf seine Prinzipien über Bord. Fast beiläufig langte er über den Tisch und ohrfeigte Mortimer. „Jetzt ist es genug. Geh. Du kannst in der Halle essen, bis du deine üblen Launen besser beherrschen kannst.“
Mortimer erhob sich eilig und stürzte beinah hinaus.
Raymond hatte den Becher inzwischen wieder gefüllt und brachte ihn Isaac.
„Danke, mein Junge.“
Raymond nickte und wandte sich an seinen Vater. „Erlaubst du, dass ich auch unten esse?“
„Nein. Dazu besteht kein Grund.“
„Doch, Vater. Du hast gegen unsere Abmachung verstoßen. Du machst meine Sache aussichtslos. Das ist nicht fair.“
Robin seufzte. „Also bitte. Dann geh.“
Raymond verneigte sich mit der Hand auf der Brust vor Blanche und verließ den Raum.
Blanche saß reglos auf ihrem Platz. Sie war sehr bleich. Robin nahm reumütig ihre Hand. „Entschuldige.“
Sie zeigte keine Reaktion.
Isaac trank an seinem Becher. „Ja. Ich verstehe, warum du nicht wegkannst.“
Mortimer war nicht in die Halle hinuntergegangen. Er war nicht hungrig. Er verließ die Burg, lief über die Zugbrücke, ohne die fragenden Rufe der Wachen zu beantworten, und rannte blind hügelab und den ganzen Weg über den Mönchskopf. Ausgepumpt, keuchend und mit grässlichen Stichen in der Seite gelangte er ins Gestüt. Er schlich in die Futterscheune, stieg auf den Heuboden hinauf und verkroch sich in der hintersten Ecke. Dort warf er sich auf den Boden und vergrub den Kopf in den Armen.
Er hörte die leichten Tritte auf der Leiter nicht, und so fuhr er entsetzt zusammen, als eine leise Stimme fragte: „Mortimer? Warum weinst du?“
Er drehte den Kopf zur Wand. „Geh weg. Lass mich allein, Margery.“
Agnes’ Tochter trat unbeirrt näher. Sie war wie Raymond ein Jahr älter als Mortimer, und sie kannte ihn, seit sie denken konnte. Immer wenn sein Vater gekommen war, um mit ihrer Mutter zu reden, hatte er ihn mitgebracht. Und Margery war selten von der Seite ihrer Mutter gewichen. Sie hatten schon zusammen gespielt, ehe Mortimer ein Wort sprechen konnten.
Margery kniete sich neben ihn ins Stroh und nahm seine Hand. „Was hast du denn? Wer hat dir was getan?“
Er schüttelte den Kopf. Er konnte nichts sagen. Aber er zog seine Hand nicht weg.
Sie rückte näher, nahm seinen Kopf und zog ihn an ihre Schulter. Das gab Mortimer den Rest. Er schluchzte verzweifelt und weinte ihr Kleid nass. Margery hielt ihn fest.
„Kannst du’s mir nicht erzählen?“
Er versuchte, sich ein bisschen zusammenzunehmen. Er schämte sich seiner Schwäche. Aber ihre freundliche Stimme ließ seine Tränen nur schneller fließen. „Meine Mutter … sie trauert gar nicht um Vater. Sie macht gemeinsame Sache mit Fitz-Gervais. Sie hat mich verraten, und ich hab niemanden mehr.“
„Du hast immer noch mich. Wer ist Fitz-Gervais?“
„Dein verfluchter, diebischer Onkel Robin.“
„Oh, aber das darfst du wirklich nicht sagen, Mortimer. Mein Onkel Robin ist ein ganz wunderbarer Edelmann. Mutter sagt es.“
„Sie irrt sich. Mein Vater wusste es besser.“
Margery war einen Moment verwirrt. Und sie spürte instinktiv, dass es ihrem Freund nicht helfen würde, wenn sie ihm widersprach. „Du musst deinen Vater schrecklich vermissen“, murmelte sie mitfühlend und fuhr ihm langsam über den Kopf.
Er schniefte. „Nein. Das ist vielleicht das Allerschlimmste. Ich bin erleichtert, dass er tot ist.“
„Warum?“
„Weil ich immer nur Angst vor ihm hatte.“
„Aber wieso?“
„Ich weiß nicht. Er war so …
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