Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
einem unfreiwilligen Grinsen ab. „Keine Ahnung, was Waringham bezahlen muss. Sicher viel. Der König lässt sich sein Pardon etwas kosten. Bis zu tausend Pfund muss manche Grafschaft aufbringen.“
Hoccleve trank an seinem Becher, warf einen argwöhnischen Blick über die Schulter und neigte sich zu Mortimer herüber. „Das ist noch nicht das Schlimmste: Er zwingt die Grafschaften und die freien Städte, ihm Blanko-Obligationen auszustellen. Das musst du dir mal klarmachen. Mit Unterschrift und Siegel, und der König kann sie ausfüllen, wann er will und mit jedem Betrag, der ihm genehm ist. Und wofür das alles? Pomp und Verschwendungssucht. Nichts weiter.“
Mortimer spürte das vertraute Unbehagen, das ihn jedes Mal überkam, wenn der Verdacht sich regte, dass sein Vater ihn für eine wahrhaft unheilvolle Sache gewinnen wollte.
Hoccleve fischte in den fleckigen, chronisch leeren Beutel an seinem Gürtel. „Hier. Ich habe ein Briefchen für dich.“
Mortimer nahm überrascht einen gefalteten, leicht verknitterten Bogen entgegen. „Woher?“
„Von Chaucer. Er bekam es von seiner Schwägerin, der Duchess of Lancaster.“
Mortimer faltete die Nachricht auseinander.
Ich hoffe, es geht Dir gut. Mir gefällt nicht, wie still es um Dich geworden ist. Deine Mutter wagt nicht, Dir zu schreiben, weil sie eine kühle Antwort fürchtet oder keine. Aber sie sorgt sich um Dich, und mein Vater tut es auch. Lass von Dir hören, oder noch besser, komm endlich zurück. Raymond.
Hoccleve beobachtete ihn eulenhaft. „Und was mag das bedeuten? Ich war sicher, dein Herz gehört einzig deiner geheimnisvollen Angebeteten in Waringham.“
Mortimer errötete leicht. „So ist es. Das hier ist von keiner Dame, Dummkopf.“
„Warum blickst du dann so schwermütig in dein Bier?“
Mortimer warf ein paar Münzen auf den Tisch, genug, um seine und Hoccleves Zeche zu bezahlen. „Komm, verschwinden wir.“
Hoccleve folgte ihm willig in die eisige Abendkälte hinaus. Der Morast auf der Straße war steinhart gefroren. Ein dürrer Junge mit blauen Lippen beugte sich interessiert über einen Hundekadaver. Mortimer gab ihm einen halben Penny und scheuchte ihn weg. Er wollte nicht, aber er musste daran denken, was sein Ziehvater ihn und seine Brüder gelehrt hatte über die Zusammenhänge zwischen Krieg und Armut und über die Ursachen der großen Bauernrevolte.
Hoccleve betrachtete ihn neugierig. „Verrat mir eins. Woher hast du das Geld für Almosen und notleidende Freunde, wenn nicht von deinem Vater?“
Mortimer sah überrascht auf. „Woher? Oh, ich habe für die jüngste Tochter meines Dienstherrn ein Büchlein mit kleinen französischen Merkversen geschrieben, damit sie die Grammatik leichter lernen kann. Aufgewecktes Kind, unsere Philippa, das muss man sagen …“ Er unterbrach sich plötzlich und hob kurz die Schultern. „Der Duke of Lancaster hat mir ein Honorar dafür gezahlt.“
Hoccleve blieb stehen und lächelte ihn verblüfft an. In seiner Miene war kein Neid, nur Verwunderung. „Weißt du, Mortimer, ich hab so ein Gefühl, als würdest du es weit bringen, wenn du es nur wagen würdest, das Schwert für die Feder beiseitezulegen.“
Leicester, Januar 1399
„Was habe ich verbrochen, dass ich ausgerechnet heute zur Jagd reiten muss?“, grollte Robin leise.
Lancaster belächelte ihn spöttisch. „Ihr müsst ja nicht mitkommen. Ich dachte nur, das Wetter ist so herrlich, und Harry, Tom, John und Humphrey sind rastlos. Von Raymond ganz zu schweigen.“
Robin nickte ergeben. „Natürlich komme ich mit. Die Sonne lockt mich auch, und ich werde mich damit trösten, dass die Damen uns hier mit heißem Wein erwarten, wenn wir wiederkommen.“
Katherine und Blanche tauschte einen Verschwörerblick. Dann trat Blanche zu ihm und küsste ihn auf die Wange. „Ausnahmsweise. Weil es dein Geburtstag ist …“
Sie brachen gleich nach dem Frühstück auf, und selbst Robin fand Freude an dem Ritt durch den stillen, verschneiten Wald. Die Sonne ließ das Eis auf den Zweigen in allen Farben des Regenbogens funkeln, und es war wunderbar kalt und friedvoll. Viele Spuren durchzogen die weiße Decke auf dem unebenen Waldboden, und nach ein oder zwei Stunden kamen sie einem Hirsch auf die Spur. Die Meute wurde losgelassen, und die Hunde stellten ihn am Ufer eines breiten Baches. Eisschollen trieben auf dem Wasser, aber es war nicht fest gefroren. Der Hirsch saß in der Falle. Die Hunde hatten ihn eingekesselt und kläfften
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