Das Lächeln der Frauen
Regal), doch ich konnte mit Worten umgehen. Ich konnte Briefe
schreiben und mir die richtige Geschichte ausdenken. Etwas, das eine
romantische Frau, die nicht an Zufälle glaubte, anlocken würde.
Ich bestellte
mir noch ein Glas Rotwein und malte mir das Abendessen mit Aurélie Bredin aus,
dem bald schon, da war ich mir sicher, ein sehr viel intimeres Essen im Temps
des Cerises folgen würde. Ich mußte es nur geschickt einfädeln. Und eines
Tages, wenn Robert Miller lange vergessen war und schon viele wunderbare
gemeinsame Jahre hinter uns lagen, würde ich ihr vielleicht sogar die ganze
Wahrheit erzählen. Und wir würden gemeinsam darüber lachen.
So war der
Plan. Aber natürlich kam alles ganz anders.
Ich weiß nicht, warum, aber
irgendwie können die Menschen nicht anders. Sie machen Pläne und Pläne. Und
dann sind sie ganz erstaunt, wenn diese Pläne nicht funktionieren.
Und so saß ich
an der Theke und schwelgte in meinen Zukunftsvisionen, als mir jemand auf die
Schulter tippte. Ein lachendes Gesicht tauchte vor mir auf, und ich kehrte in
die Gegenwart zurück.
Vor mir stand
Silvestro, mein alter Italienischlehrer, bei dem ich im letzten Jahr Stunden genommen
hatte, um mein eingerostetes Italienisch aufzufrischen.
»Ciao, André,
schön dich zu sehen«, sagte er. »Willst du dich zu uns an den Tisch setzen?« Er
wies auf einen Tisch hinter sich, an dem zwei Männer und drei Frauen saßen.
Eine von ihnen, eine aparte Rothaarige mit Sommersprossen und einem großen
weichen Mund, sah lachend zu uns herüber. Silvestro hatte immer ausnehmend
hübsche Mädchen im Schlepptau.
»Das ist Giulia«,
sagte Silvestro und zwinkerte mir zu. »Ein neue Schülerin. Wunderschön und noch
zu haben.« Er winkte der Rothaarigen zurück. »Was ist? Kommst du?«
»Das ist sehr
verlockend«, entgegnete ich lächelnd, »aber nein, danke. Ich hab noch was zu
tun.«
»Ach, jetzt
vergiß mal die Arbeit. Du arbeitest eh immer viel zu viel.« Silvestro wischte
mit der Hand nach unten.
»Nein, nein.
Diesmal ist es eher was Privates«, sagte ich versonnen.
»Aaaah, du
meinst - du hast noch was vor, eh?« Silvestro sah mich verschmitzt an und
verzog den Mund zu einem breiten Grinsen.
»Ja, so könnte
man sagen.« Ich grinste zurück und dachte an das weiße Blatt Papier auf meinem
Wohnzimmertisch, das sich plötzlich mit Worten und Sätzen zu füllen begann. Mit
einemmal hatte ich es sehr eilig.
»Pazzo, warum
sagst du das nicht gleich? Na, dann will ich deinem Glück nicht im Wege stehen!«
Silvestro klopfte mir ein paarmal wohlwollend auf die Schulter, bevor er wieder
an seinen Tisch zurückging.
»Freunde, er
hat noch was vor!« hörte ich ihn rufen, und die anderen winkten und lachten.
Als ich auf
den Ausgang zusteuerte und mir meinen Weg durch die Gäste bahnte, die parlierend
und trinkend vor der Theke standen, meinte ich für den Bruchteil einer Sekunde
eine schlanke Gestalt mit langem dunkelblonden Haar zu sehen, die weiter hinten
mit dem Rücken zur Tür saß und lebhaft gestikulierte.
Ich schüttelte
den Kopf. Hirngespinste! Aurélie Bredin war jetzt in ihrem eigenen kleinen Restaurant
in der Rue Princesse. Und ich war ein wenig betrunken.
Da wurde die Tür
aufgestoßen, ein kalter Windstoß kam herein und mit ihm ein schlaksiger Mann
mit blonden Locken und einem schwarzhaarigen Mädchen in einem karmesinroten
Mantel, das sich eng an ihn schmiegte.
Sie sahen sehr
glücklich aus, und ich trat zur Seite, um sie einzulassen. Dann ging ich selbst
hinaus, die Hände in den Manteltaschen.
Es war kalt in
Paris und es regnete, aber wenn man verliebt war, spielte das Wetter keine Rolle.
7
»Im Grunde findest du das alles
völlig verrückt, oder? Gib's ruhig zu!«
Ich saß mit
Bernadette schon eine Weile im La Palette, das an diesem Abend brechend
voll war. Wir hatten noch einen Tisch ganz hinten an der Wand ergattert, und inzwischen
drehte sich unsere Diskussion nicht mehr um Vicky, Cristina, Barcelona, den
Film, den wir am Abend gesehen hatten, sondern darum, wie realistisch oder
unrealistisch die Erwartungen einer gewissen Aurélie Bredin waren.
Bernadette
seufzte. »Ich meine ja nur, daß es auf Dauer vielleicht besser wäre, seine
Energien in realistischere Projekte zu stecken - sonst bist du nachher wieder
enttäuscht.«
»Aha«, gab ich
zurück. »Aber wenn diese Cristina mit einem wildfremden Spanier mitgeht, der
ihr erklärt, daß er nicht nur mit ihr, sondern auch mit ihrer Freundin ins Bett
gehen
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