Das Lächeln der Frauen
Autokonzern.
Danach hörte
ich mir geduldig an, was sie an Robert Millers Buch so großartig fand, wie unglaublich
es war, daß sie das Buch genau zum richtigen Zeitpunkt gefunden hätte, und an
welchen Stellen sie gelacht hatte oder berührt gewesen war. Geschmeichelt
lauschte ich ihren schönen Worten und betrachtete ihre dunklen grünen Augen,
die ganz sanft wurden.
Mehr als
einmal überkam mich die Versuchung, ihr zu sagen, daß ich es war, ich allein,
der ihre Seele gerettet hatte. Aber die Angst, sie zu verlieren, bevor ich die
Gelegenheit hatte, sie überhaupt für mich zu gewinnen, war zu groß.
Und so
heuchelte ich Überraschung, als sie mir - zögernd zwar, aber mit zunehmendem Zutrauen
- von den mir bereits zur Genüge bekannten Übereinstimmungen von Restaurant und
Heldin berichtete.
»Verstehen Sie
jetzt, warum ich diesen Mann sehen muß?«, sagte sie, und ich nickte verständnisvoll.
Schließlich war ich der einzige, der den Schlüssel zu dem »schicksalhaften
Geheimnis« besaß. Dieses Geheimnis, das ja viel leichter zu erklären war, als
Aurélie Bredin dachte, wenngleich nicht weniger schicksalhaft.
Wenn ich
damals das Buch unter meinem Namen und mit meinem Photo veröffentlicht
hätte, hätte das Mädchen mit den grünen Augen und dem bezaubernden Lächeln, das
ich durch die Scheibe eines Restaurants gesehen und zur Heldin meiner Phantasie
erkoren hatte, in mir den Mann gesehen, den das Schicksal ihr geschickt hatte.
Und alles wäre gut gewesen.
So aber war
ich zur Lüge verdammt und kämpfte gegen einen fiktiven Schriftsteller. Nun ja,
nicht ganz fiktiv, wie mir bei der nächsten Frage von Aurélie Bredin
schmerzhaft bewußt wurde.
»Ich frage
mich, warum diese Frau Miller verlassen hat«, sagte sie nachdenklich und pickte
mit der Gabel den letzten Rest des Lammcurrys von ihrem Teller. »Er ist ein erfolgreicher
Ingenieur, er muß ein warmherziger und humorvoller Mensch sein, sonst könnte er
nicht solche Bücher schreiben. Und mal ganz abgesehen davon finde ich, daß er
phantastisch aussieht. Ich meine, er könnte Schauspieler sein, finden Sie
nicht? Wieso verläßt man einen so attraktiven Mann?«
Sie trank
ihren Wein aus, und ich zuckte mit den Schultern und füllte erneut ihr Glas.
Wenn sie fand, daß der Zahnarzt phantastisch aussah, wurde es schwer für
mich. Wie gut, daß sie diesem Sam Goldberg nie persönlich begegnen würde.
Nicht, wenn ich es verhindern konnte!
»Was ist? Sie
gucken plötzlich so grimmig.« Sie sah mich belustigt an. »Habe ich etwas
Falsches gesagt?«
»Um Gottes
willen, nein!« Ich fand, daß es an der Zeit war, den attraktiven Superhelden
ein kleines bißchen zu demontieren.
»Man kann nur
nie hinter die Fassade schauen, nicht wahr?« sagte ich bedeutungsvoll. »Und gutes
Aussehen ist nicht alles. Ich für meinen Teil glaube, daß seine Frau es nicht
gerade leicht gehabt hat mit ihm. So sehr ich Miller als Autor auch schätze.«
Mademoiselle
Bredin wirkte verunsichert. »Was meinen Sie damit - nicht gerade leicht gehabt?«
»Ach, gar
nichts, ich rede Unsinn - vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe.« Ich
lachte ein bißchen zu laut, so als ob ich überspielen wollte, daß ich mehr
gesagt hatte, als ich wollte. Und dann beschloß ich, das Thema zu wechseln.
»Wollen wir wirklich den ganzen Abend über Robert Miller reden? Er ist zwar der
Grund, warum wir beide hier sind, aber immerhin hat er uns versetzt.« Ich nahm
die Flasche und schenkte mir nach.
»Mich
interessiert viel mehr, warum eine so bezaubernde Frau wie Sie noch nicht
verheiratet ist. Haben Sie so viele Laster?«
Aurélie
errötete. »Haha«, sagte sie. »Und selbst?«
»Sie meinen,
warum so ein bezaubernder Mann wie ich noch nicht verheiratet ist? Oder welche
Laster ich habe?«
Aurélie trank
einen Schluck Rotwein, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie stützte ihre
Ellbogen auf den Tisch und sah mich über ihre zusammengefalteten Hände hinweg
an. »Die Laster«, sagte sie.
»Hm«,
entgegnete ich. »Das habe ich befürchtet. Lassen Sie mich überlegen.« Ich nahm
ihre Hand und zählte an den Fingern ab. »Essen, trinken, rauchen, schöne Frauen
vom rechten Weg abbringen ... reicht das für den Anfang?«
Sie entwand
mir ihre Hand und lachte amüsiert, während sie nickte, und ich sah auf ihren
Mund und überlegte, wie es wohl wäre, ihn zu küssen.
Und dann redeten
wir endlich nicht mehr über Robert Miller, sondern über uns, und aus dem
komplizenhaften Stelldichein wurde
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