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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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noch ein bisschen Abenteuerlust und Spannung in ihr fades Leben zu bringen. Für den »Kick«, wie die jungen Menschen von heute zu sagen pflegten. Nach S-Bahn-Surfen und Bungeejumping wohl die neueste Errungenschaft an Freizeitbeschäftigungen. Diesmal hatte es einer von ihnen nicht geschafft, war mit seinem Fallschirm abgeschmiert und auf dem Asphalt aufgeschlagen.
    Trevisan hatten damals in seiner Jugendzeit noch der nahe Wald und der Wanderverein genügt, um seine freie Zeit sinnvoll anzufüllen. Es war schwer, in der heutigen Zeit jung zu sein. Er legte die Zeitung beiseite und schälte das Ei. Es war genauso, wie er es gerne hatte. Das Eigelb war noch flüssig.
    Paula aß mit Heißhunger ihr Marmeladenbrötchen. Ihr Gesicht wirkte fröhlich. Die kleinen Grübchen unterhalb ihrer Wangen strahlten all die Freude aus, die in ihr steckte. Und er durfte Anteil daran haben.
    Trevisans Blick fiel nach draußen. Die Unwetter von gestern hatten sich verzogen. Frische, klare Luft drang durch die gekippten Fenster in den Raum. Auch Trevisan fühlte sich von einer schweren Last befreit.
    Dann zerstörte das Telefon mit seinem schrillen Ton die Idylle. Trevisan legte seinen Löffel beiseite, doch noch bevor er sich erheben konnte, war Paula aufgesprungen und in den Flur hinausgelaufen. An ihrer munteren Stimme konnte er erkennen, wer anrief. Nikolas war am Apparat.
     
    Als Trevisan eine Stunde später hinter seinem Schreibtisch im zweiten Stock des Polizeigebäudes Platz genommen hatte, grübelte er immer noch darüber nach, ob er gestern Abend alles richtig gemacht hatte. Konnte er seiner fünfzehnjährigen Tochter wirklich erlauben, mit einem neunzehnjährigen Jungen zusammen zu sein? War es verantwortungslos von ihm? Verdammt, er wusste noch nicht einmal, ob Paula regelmäßig die Pille nahm. Oder war sie auch dafür noch zu jung? Zumindest wusste er, dass Angela mit ihr darüber geredet hatte. Im letzten Jahr. Und er war froh darüber, dass sie es getan hatte.
    Vor ihm auf dem Schreibtisch lag ein kleiner Notizzettel von Till. Tina und er waren heute Morgen kurz nach sechs Uhr von Alex und Dietmar abgelöst worden. In der Nacht war nichts passiert. Niemand hatte sich blicken lassen.
    Trevisan schaute auf die große weiße Uhr, die über der Tür hing. Es war kurz vor halb zehn. Zeit, um mit der Fahndungsabteilung wegen der Glasic-Überwachung zu sprechen. Er griff zum Telefon. Als er wieder auflegte, stand die Einteilung für das Wochenende. Die Fahndungsabteilung würde ab dem nächsten Morgen die weitere Überwachung übernehmen.
    Zufrieden lehnte er sich zurück. Damit hatte er sein dezimiertes Kommissariat wenigstens ein klein wenig entlastet. Auf Till würde er in den nächsten Wochen verzichten müssen und auch Monika sollte nächste Woche ihren Urlaub antreten können. Sie hatte ihn ohnehin schon um eine Woche verschoben.
    Vesna Glasic – vielleicht war sie der Schlüssel zum Fall. Zumindest schien es, als würden bei ihr einige Fäden zusammenlaufen. Das Verschwinden von Maria Souza da Marques war immer noch ein Rätsel. Trevisan griff in die Schublade seines Schreibtisches und zog das Bild hervor, das der junge Sven Halbermann als Beweis für ihren Tod an seinen Freund Mike Landers geschickt hatte. Er betrachtete das Foto noch einmal lange und eingehend. War sie wirklich tot, oder war sie irgendwelchen perversen Menschen in die Hände gefallen, die sie unter Drogen gesetzt hatten?
    Er legte das Bild zu Seite und dachte an den Wangerlandmörder. Trevisan blätterte in seinem Notizbuch und fand die Telefonnummer von Margot Martinson, der Profilerin aus Hamburg, die ihm damals wertvolle Ratschläge gegeben hatte. Nachdenklich wählte er die Nummer des Hamburger Kriminalamtes. Nach zweimaligem Klingeln meldete sich eine zarte Frauenstimme.
    »Guten Tag, mein Name ist Trevisan«, sagte er. »Ist das nicht die Nummer von Margot Martinson?«
    »Frau Martinson arbeitet nicht mehr hier«, erwiderte die Frau. »Da müssen Sie es privat versuchen.«
    »Danke.« Überrascht legte er den Hörer auf die Gabel.
    *
    Um 6.30 Uhr war die Frisia- Fähre zum Riffgat gestartet. Dietmar Petermann und Alex Uhlenbruch saßen in ihrem Wagen. Sie bezogen an der gleichen Stelle Position, an der auch Till und Tina gestanden hatten. Von dort aus hatten sie einen wunderbaren Einblick in die Straße, ohne gleich selbst gesehen zu werden. Ein Gebüsch verbarg sie. Das Nachbarhaus, in dem der verrückte Professor gemeldet war, lag ebenfalls

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