Das Lächeln der toten Augen
stellen.«
»Ich hoffe, dass ich durch die Angaben der Glasic weiterkomme«, erklärte Trevisan. »Aber zunächst muss ich auf das Ergebnis der Steuerfahndung warten. Ich habe versprochen, dass wir unser Vorgehen abstimmen. Am Ende türmt uns sonst noch einer.«
Anke Schulte-Westerbeck lächelte. »Trevisan, ich schätze Sie und ich will, dass dieser Fall lückenlos aufgeklärt wird. Aber gehen Sie das nächste Mal behutsamer vor. Vor allem, wenn die Sache politische Dimensionen annimmt. Der Beschwerde muss ich natürlich nachgehen, dazu benötige ich eine Stellungnahme von Ihnen. Und wenn Sie das nächste Mal außerhalb unserer Zuständigkeit tätig werden, dann informieren Sie dortige Leitung. Das kann nicht so schwer sein.«
»Danke«, erwiderte Trevisan.
*
Der hagere Mann saß noch immer auf dem grün gepolsterten Stuhl neben der Glastür. Ein Buch lag in seinen Händen. Als Trevisan den Gang entlangkam, legte er es auf seine Knie und musterte ihn erwartungsvoll. Trevisan lächelte freundlich und ging auf ihn zu.
»Jetzt hätte ich Zeit für Sie«, sagte Trevisan. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Der schmächtige Mann biss sich verlegen auf die Lippen. »Ich hätte da ein paar Fragen, Ihre Ermittlungen in Sachen Halbermann betreffend«, antwortete er zögernd.
»Fragen?«
»Ich sagte schon, ich bin Pfarrer und an Ihrem Fall sehr interessiert.«
»Trevisan!«, hallte es auf einmal über den Gang. Monika Sander kam aufgelöst auf ihn zugerannt, Sorgenfalten im Gesicht. »Ich suche dich schon die ganze Zeit.«
»Ist etwas passiert?«, fragte Trevisan.
»Die Glasic ist tot«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
Trevisan fasste sich an seine Stirn. Sein ganzes Kartenhaus fiel in sich zusammen. »Wie … ist das möglich, ich sagte doch …?«, stammelte er.
»Komm mit!«, antwortete Monika.
Trevisan nickte. »Entschuldigung, es ist dringend, vielleicht rufen Sie mich einfach an«, sagte er zu dem Pfarrer und folgte seiner Kollegin.
Im Konferenzzimmer herrschte eine drückende Schwüle. Trevisan eilte an das Fenster und riss es mit Schwung auf. Dann schlug er wütend auf das Fenstersims.
»Wie ist das passiert?«, fragte er, nachdem er ein paarmal kräftig durchgeatmet hatte.
»Die Kollegen von der Steuerfahndung haben sie gestern abgeholt und wie vereinbart dem Richter vorgeführt. Anschließend haben sie die Glasic noch einmal vernommen, dann wurde sie in Norden in der Arrestzelle untergebracht. Der Richter hat die Untersuchungshaft wegen Verdunklungsgefahr bestätigt. Heute sollte sie nach Bremerhaven in die Haftanstalt überführt werden. Sie haben sie tot in der Zelle gefunden. Selbstmord. Sie hat sich mit ihrer Hose am Fensterkreuz erhängt.«
»Verdammt!«, schimpfte Trevisan, noch einmal malträtierte er mit der Faust das Fenstersims. »Es ist wie verhext. Kaum kommt man einen kleinen Schritt voran, da platzt das Ganze wie eine Seifenblase und wir stehen wieder mit leeren Händen da.«
»Glaubst du, die hat mehr gewusst, als sie zugab?«
»Ich bin mir sicher«, antwortete Trevisan. »Ich war gestern noch einmal bei ihr. Ich glaube, in ein paar Tagen wäre sie bereit gewesen, alles zu erzählen. Jetzt können wir wieder von vorne anfangen. Wo sind Alex, Tina und Dietmar?«
Monika Sander zeigte mit dem Zeigefinger nach oben an die Decke. »Alex sitzt am Computer und Dietmar ist mit Tina losgezogen, um ein aktuelles Foto von Persson zu besorgen.«
Trevisan schaute nachdenklich aus dem Fenster. Draußen zog die strahlende Sommersonne ihre Bahn. Er konnte sich nicht mehr daran entsinnen, wann zuletzt ein so heißer Sommer über Ostfriesland gebrütet hatte. Vielleicht sollte er einen kleinen Spaziergang am Südstrand machen. Der frische Wind und der salzige Geschmack der Luft würden vielleicht die Leere in seinem Kopf vertreiben.
»Da ist noch etwas«, holten ihn Monikas Stimme wieder zurück. »Eine Kommissarin Holt aus Arhus hat angerufen. Offenbar hat Tina Ermittlungen auf dem kleinen Dienstweg angeleiert, sie hat ein Bild unseres Totenkopfes an die Dänen geschickt. Aber dort ist der Mann ebenfalls nicht bekannt. Kommissarin Holt hat alle Vermisstendateien überprüft.«
Trevisan schaute an die Decke. »Irgendwie ist heute nicht unser Tag«, murmelte er.
»Und wie geht es jetzt weiter?«
Trevisan zuckte mit der Schulter. »Ich weiß es selbst noch nicht.«
Trevisan verließ den Besprechungsraum. Die Stühle neben der Glastür am Eingang des Stockwerks waren leer. Offenbar hatte
Weitere Kostenlose Bücher