Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
Vom Netzwerk:
Vorteil des Ganzen, aber letztlich nützen sie auch dem Einzelnen. Ein weiterer Aspekt einer engen Bindung untereinander.«
    Trevisan dachte an die Datei im Computer der Glasic. Die Steuermanipulation von Halbermann und Elbers. Dennoch, er konnte nicht mit offenen Karten spielen. Das Dienstgeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht standen ihm im Weg. Er erhob sich und ging zur Kaffeemaschine.
    »Einen Kaffee?«, fragte er.
    Lesch stimmte zu.
    »Vor knapp einem Jahr verzeichnete mein dänischer Kollege plötzlich heftige Aktivitäten dieser Gruppe«, fuhr der Pfarrer fort. »Häufige Treffen und hektisches Treiben. Anfang November fand die dänische Polizei dann die Leichen von drei jungen Mädchen. Offenbar ein ritueller Selbstmord. Die Mädchen lagen innerhalb eines weißen Kreises. Der Kreis ist in der keltischen Mythologie das Zeichen für die Überwindung des Todes und die Wiederkehr der Reinheit.«
    Trevisan fiel der mit Kaffeepulver gefüllte Löffel aus der Hand. Das braune Pulver verteilte sich auf dem Boden und hinterließ einen dunklen Schleier.
    »Wann war das?«, fragte er hastig.
    »Im letzten Jahr, im November«, wiederholte Lesch. »Die Mädchen starben den Ermittlungen nach in der Nacht auf den 1. November. Das spricht ebenfalls für einen keltischen Hintergrund, denn die Nacht auf den 1. November ist nach keltischer Überlieferung der Tag des Samhain-Festes. Von Halloween haben Sie doch bestimmt schon gehört. Es soll auf diesen keltischen Brauch zurückgehen. Eine Art Gedenktag für die Toten, der jedoch auch den Neubeginn eines Jahres oder einer neuen Epoche symbolisiert. Das Fest, an dem sich die Welt der Lebenden mit der Welt der Toten vereint und die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits verschwimmt.«
    Trevisan hatte zwischenzeitlich in seiner Schublade gekramt und das Bild von Maria Souza da Marques hervorgeholt. Er reichte es dem Pfarrer.
    »Wir suchen ein Mädchen, eine Brasilianerin«, sagte Trevisan. »Sie war sechzehn Jahre alt und verschwand im letzten Herbst aus dem Hause Halbermann, wo sie als Aupair-Mädchen untergekommen war.«
    Lesch betrachtete das Bild. »Leider habe ich keine weiteren Informationen zu den Toten. Das Alter könnte schon hinkommen. Sie wurden in einem Gehöft bei Lønstrup an der Nordjütländischen Küste gefunden.«
    »Wissen Sie, unter welchen Umständen die drei starben?«
    Lesch fasste sich an die Nasenwurzel. »Es waren offenbar Drogen im Spiel. Mein Kollege sprach von einem Lächeln in den toten Augen der Mädchen, so als ob sie den Tod herbeigesehnt hätten. Der zuständige Ermittlungsrichter hat das Verfahren nach einiger Zeit eingestellt. Die Identitäten der Toten wurden nie festgestellt. Der ermittelnde Kommissar wurde kurz nach dem Fall pensioniert. Er machte noch ein paar Monate auf eigene Faust weiter. In dieser Sache kann Ihnen ein freier Mitarbeiter von mir namens Jan weiterhelfen. Der Kommissar ist übrigens ein paar Monate später unter mysteriösen Umständen verschwunden. Mittlerweile hat man ihn für tot erklärt. Er ist offenbar mit seinem Segler in der Nordsee gekentert.«
    »Dieser Jan, Ihr Kollege, wo kann ich ihn treffen?«, fragte Trevisan hellhörig. Er war sich sicher, dass Maria unter den Toten von Lønstrup war.
    »Jan Simac wohnt in Viborg im Rødevej. Wenn Sie wollen, kann ich ein Treffen arrangieren.«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Wo kann ich Sie erreichen?«
    »Ich habe mir hier in der Nähe ein Zimmer genommen. Ich werde morgen gegen zehn Uhr noch einmal bei Ihnen hereinschauen.« Lesch packte seine Tasche und erhob sich.
    »Dieser Kriminalbeamte aus Lønstrup, kannten Sie ihn?«, fragte Trevisan rasch.
    Lesch verneinte.
    Nachdem der Pfarrer gegangen war, kramte Trevisan noch einmal die ausgedruckten Internetseiten hervor. C 2000 SV 74 war ein Komet, der am 24. September 2000 von dem amerikanischen Astronomen Michael Tichy entdeckt worden war. Trevisan las weiter. Dann fand er die Zeilen, nach denen er gesucht hatte. Die vorausberechnete Bahn des Kometen verlief durch das Sternbild des Drachen. Am 1. November des letzten Jahres war er von Osten her in das Sternbild eingedrungen. Rastaban, den südlichen Stern des Bildes, würde er in wenigen Tagen erreichen. Weitere vier Wochen würde es dauern, bis der Komet endgültig Draco passiert hätte. Und noch etwas erweckte Trevisans Aufmerksamkeit: Auf einer Homepageseite der Uni Freiburg fand er den Hinweis, dass Kometen in der vergangenen Zeit häufig als Boten eines

Weitere Kostenlose Bücher