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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Hinter der biederen Fassade war der Tod zu Hause. Mike blickte sich um. Keine Bewegung war zu sehen. Er stand im Schatten eines Baumes und seine Augen flogen nervös hin und her. Er rang mit sich. Es war nicht einfach, diesen Weg zu gehen. Was, wenn Sven sich irrte? Was, wenn er sich alles nur zusammengereimt hatte?
    Die Unsicherheit zerfraß ihn fast. Mike hatte in der Nacht kein Auge zugetan. Er starrte auf das hellblaue Kuvert. Eigentlich gehörte es zu einer farbenfrohen Glückwunschkarte. Doch er hatte kein anderes gefunden. Egal, es würde seinen Zweck erfüllen.
    Er dachte an Sven, an die Zeit, als er ihn kennengelernt hatte, damals vor vielen Jahren. Sven hatte einen schweren Stand gehabt, als Sohn des reichen Industriellen Halbermann. Ein eingebildetes, biegsames, zartes Bürschchen, so hatten alle gedacht. Doch sie hatten sich geirrt. Sven stand mit beiden Beinen auf der Erde und war ganz und gar nicht blasiert.
    Sven war ein guter Freund, der beste, den man haben konnte. Vor nicht mal vier Monaten hatten sie mit der Segelyacht der Halbermanns vor Wangerooge Mommsens Fischzuchtanlage zerstört. Mike selbst hatte das Boot gesteuert, doch Sven hatte alle Schuld auf sich genommen, als sie zur Rede gestellt worden waren. Sven hatte sich selbst beschuldigt, um ihn zu schützen. Sven würde ihn nicht belügen, er würde ihn nicht in eine Sache hetzen, von der er nicht genau wusste, dass sie Hand und Fuß hatte. Mike glaubte Sven, glaubte den Zeilen im Brief. Den letzten, die Sven in diesem Leben verfasst hatte.
    Noch einmal blickte er sich um. Er durfte nicht gesehen werden. Nur deshalb war er kurz nach fünf Uhr aufgestanden und hinaus nach Neuengroden gefahren. Die Straße war leer. Er schaute auf die Uhr. Zwanzig Minuten vor sechs. Es wurde Zeit. Bald würde hier in der Straße das Leben erwachen, dann war es zu spät für sein Vorhaben.
    Langsam ging er auf das schmiedeeiserne Tor zu. Seine Augen fixierten den Briefkasten, wie ein Schütze das innere Schwarz einer Zielscheibe. Mit jedem Schritt raste sein Herz schneller. Er hielt den Kopf gesenkt, als ob ihn dies vor den zufälligen Blicken Neugieriger schützen könnte. Er wusste, dass es eine Kamera am Tor gab, doch der Briefkasten lag im toten Winkel. Deshalb achtete er peinlich genau darauf, dass er nicht in den Erfassungsbereich des Objektivs trat. Als er vor dem Briefkasten stand, blickte er sich noch einmal verstohlen um. Er hob vorsichtig den Deckel und steckte den blauen Umschlag hinein. Das leise Quietschen des eisernen Deckels hinterließ eine Gänsehaut auf seinem Rücken. Endlich war es geschafft, der Brief war überbracht. Ein hastiger Blick auf das Haus beruhigte ihn, noch immer waren dort die Fensterläden geschlossen.
    »Hallo, Mike, eine schreckliche Sache, nicht?«, sagte eine dunkle Stimme hinter ihm.
    Er fuhr zusammen, als hätte ihn ein Peitschenhieb getroffen. Er drehte sich um und blickte in die tränengeröteten Augen von Frau Jonas, der Haushälterin und Zugehfrau der Halbermanns. Erschrocken blickte er sie an.
    »Du hast doch schon davon erfahren, oder?«, fragte sie den Jungen.
    Mikes Haut kribbelte, sein Magen krampfte sich zusammen. Mehr als ein »Ja« bekam er nicht heraus.
    »Du willst bestimmt wissen, wann Sven beerdigt wird?«
    Seine Augen füllten sich mit Tränen. Wortlos, wie festgewachsen stand er vor der alten Frau. Was hatte sie gesehen? Wieso stand sie plötzlich hinter ihm? Am liebsten wäre er einfach losgerannt. Nur ein knappes Nicken brachte er zustande.
    »Wir wissen es auch noch nicht. Es muss noch so vieles vorbereitet werden. Ich werde den Halbermanns ausrichten, dass du hier warst«, sagte Frau Jonas und ging an ihm vorüber durch das schmiedeeiserne Tor. Seine Blicke folgten der Frau, bis sie im Haus verschwunden war. Mit spitzen Fingern versuchte er in den Briefkastenschlitz zu greifen, um den Brief wieder herauszuholen. Doch nach etlichen erfolglosen Versuchen gab er auf. Die Angst fraß sich tief in seine Seele.
    *
    »Ich möchte einfach nur wissen, mit wem du gestern und am Sonntag zusammen gewesen bist!«, sagte Trevisan energisch.
    Paula saß am Frühstückstisch und starrte schweigend auf den angebissenen Toast auf ihrem Teller.
    »Mit wem?«, wiederholte Trevisan.
    »Das weißt du doch!«, antwortete Paula bissig.
    »Nein, ich weiß es nicht. Ich kenne die Leute aus deiner Clique nicht. Ich weiß nur, dass du am Sonntag in einen schwarzen Wagen eingestiegen bist. Und ich kenne niemanden aus deinem

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