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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sie sind bereits auf dem Weg, so wie auch er sich auf seinen Weg machen wird.«
    Der Mann im dunklen Anzug nickte unterwürfig. Er schob das Briefkuvert zurück in seine Aktentasche.
    »Erst wenn die dunklen Wolken an seinem Haus vorübergezogen sind, wird es für ihn ein Zurück geben«, fuhr der Weißhaarige fort. »Es ist alles vorbereitet. Sie haben das Schwert gewählt, auch wenn sie gar nicht wissen, welche Macht sie herausgefordert haben.« Er schlug die Hände vor das Gesicht und murmelte unverständliche Worte. Sie klangen wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Plötzlich blickte er auf. »Geh nun! Tu, was getan werden muss, bevor uns alles entgleitet!«
    Als er aufblickte, schimmerte das Feuermal auf seiner Stirn wie ein kollabierender Stern. Der Mann im schwarzen Anzug verneigte sich und verließ den Saal, der Weißhaarige blieb zurück. Ein Gefühl sagte ihm, dass er wachsam sein musste. Die Gefahr war groß, fast übermächtig und er spürte, dass sie ihn zu verschlingen drohte, wenn er nicht vorsichtig war. Schließlich trug er die Verantwortung. Jahrelang hatte er nach den verschollenen Schriften gesucht, hatte die Länder des Nordens bereist, bis er endlich das Vermächtnis von Garth dem Wahrhaftigen in einer Grabstätte westlich von Thule gefunden hatte.
    Er hatte die Schriften gelesen. Nur wenige waren noch der Sprache des Altertums mächtig, aber er hatte die Botschaft verstanden, er wusste die Zeichen der alten Zeit zu deuten. Diesmal würde er den Untergang verhindern, und er wusste, dass keine leichte Aufgabe vor ihm lag. Der Kummerstein war endgültig in die Welt zurückgekehrt.
    *
    Sie hatten erfahren, dass Svens Leiche freigegeben war. Die Ermittlungen waren abgeschlossen. Sie hatten sich vorbereitet, hatten einen Blumenkranz besorgt und ihren Schmerz auf einer letzten Grußkarte niedergeschrieben, die sie in das offene Grab werfen wollten, doch auf einen Termin für Svens Beerdigung warteten sie vergeblich.
    Sven gehört keiner Kirche an, hatte ihr Vertrauenslehrer erklärt. Es würde keine Beerdigung geben. Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Die Halbermanns waren Freikirchler, was immer das auch bedeutete. Svens sterbliche Überreste würden nach Dänemark überführt werden. Dort sollte er bestattet werden. Das war der Wille seiner Familie.
    Sie waren wütend gewesen, als sie das gehört hatten. Sie durften keinen Anteil nehmen. Der Abschied wurde ihnen nicht gestattet, und dabei war Sven ihr bester Freund gewesen. Es war, als wäre das Buch bis zum Ende gelesen, doch noch immer lag es offen auf dem Tisch. Niemand würde es für sie zuschlagen, niemand würde es wegräumen, zurück in das Regal stellen. Dort, wo es hingehörte.
    »Ich kann es einfach nicht glauben«, sagte Luisa Schöneberg. »Dabei haben wir uns solche Mühe gemacht.«
    »Du spinnst!«, wandte Tommy Wolff ein. »Um was geht es dir eigentlich. Um Sven oder um diesen blöden Kranz?«
    Luisa blickte betreten zu Boden.
    »Lass sie doch in Ruhe!«, knurrte Jochen Eickelmann.
    Sie schwiegen eine Weile und vermieden es, dass sich ihre Blicke trafen.
    Draußen zogen dunkle Wolken vom Wasser heran. Für diesen Dienstag waren schwere Unwetter angekündigt. Der Wetterdienst hatte Sturmwarnung für die Küstenregion ausgegeben.
    Schweigend saßen die drei in ihrem Clubhaus am Banter See. Nur Mike Landers fehlte. Er war auch nicht in der Schule gewesen. Er habe sich krank gemeldet, hatte ihnen der Lehrer erklärt, als sie nach ihm gefragt hatten.
    Seit ihrem letzten Treffen hatten sie ihn nicht mehr gesehen. Sie wussten, was Mike vorhatte und dass er böse auf sie war, weil sie ihm nicht dabei helfen wollten. Jeder von ihnen ahnte, dass sie Mike nicht von seiner fixen Idee abbringen konnten, dennoch herrschte Ungewissheit.
    Jochen Eickelmann war es, der das Schweigen brach. »Glaubt ihr, Mike hat es getan?«, fragte er kleinlaut.
    »Was getan?«, antwortete Tommy spitz.
    »Glaubst du, er hat dem alten Halbermann einen Erpresserbrief geschrieben?«
    »Und wenn schon«, entgegnete Tommy. »Du glaubst doch nicht, dass der Alte darauf hereinfällt. Er wird ihn einfach weggeworfen haben.«
    »Aber wenn es wirklich stimmt?«, sagte Luisa weinerlich. In ihren Augen glitzerten Tränen.
    »Du spinnst wirklich«, antwortete Tommy barsch. »Halbermann hat gemerkt, dass etwas zwischen Sven und Maria lief. Deshalb hat er sie kurzerhand zurückgeschickt. So einfach ist das.«
    »Aber was

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