Das Lächeln der toten Augen
Mädchen.
Till war sich sicher, dass sie der Tod ihres Freundes aus heiterem Himmel getroffen hatte. Sie waren ahnungslos gewesen.
Auf die Fragen der Polizisten hatten sie nicht reagiert. Erst nach einer Weile betretenen Schweigens kam ein Gespräch zustande.
Jochen Eickelmann und Luisa Schöneberg hatten dennoch keine Antworten parat, die die Ermittlungen weitergebracht hätten. Sie hatten Mike Landers seit letztem Montag nicht mehr gesehen. Sie wussten nicht, wo er sich in der letzten Zeit herumgetrieben hatte, mit wem er zusammen gewesen war und welche Reaktionen der Selbstmord seines Freundes Sven Halbermann in ihm ausgelöst hatte. Die Ermittler erfuhren, dass der junge Halbermann ebenfalls Mitglied ihrer Clique gewesen war, dass sie sich am Banter See eine Art Clubhaus eingerichtet und die meiste Zeit miteinander verbracht hatten. Auch von Tommy Wolff, der nicht hier zur Schule ging, aber dennoch ihrer Clique angehörte, erfuhren Till und Tina. Mehr jedoch erzählten die Jugendlichen nicht.
»Und wo genau befindet sich dieses Clubhaus?«, fragte Tina. Vielleicht erklärte das, warum sich Mike Landers so spät noch im Hafenviertel herumgetrieben hatte. Luisa beschrieb den Weg, ehe sie wieder gedankenverloren zu Boden blickte.
»Und wem gehört das Gebäude?«
»Es gehört zur Firma von Svens Vater, aber wir haben alle einen Schlüssel«, antwortete Jochen Eickelmann.
»Können wir uns dort einmal umschauen?«, setzte Till Schreier nach.
»Warum?«, fragte der Junge wie aus der Pistole geschossen.
»Wir müssen herausfinden, was Mike Landers so spät in den Hafen führte«, erklärte Till.
»Aber ich denke, es war ein Unfall?«, mischte sich Luisa ein.
»Das müssen wir erst noch genau abklären«, erwiderte Tina. »Habt ihr einen Schlüssel hier?«
Luisa nickte.
»Dann ist es wohl das Beste, wenn wir jetzt alle gemeinsam dort hinausfahren«, beschloss Till Schreier und erhob sich. Die beiden Jugendlichen blickten ihn mit großen Augen an.
»Jetzt!«, bestätigte Till trocken. »Wir geben dem Direktor Bescheid und fahren euch wieder hierher.«
Zögernd erhoben sich die beiden.
Zwanzig Minuten später bog Till Schreier mit dem Dienstwagen in die Jadestraße ein.
*
Als Trevisan gegen zehn Uhr sein Büro in der Peterstraße betrat, war er müde und abgespannt. Monika Sander hatte sich auf dem Flur von ihm verabschiedet und war mit den sichergestellten Zeitungen zur Spurensicherung gegangen. Monika und auch Trevisan waren überzeugt, dass die Buchstaben des Erpresserschreibens von genau diesen Zeitungen stammen mussten. Dennoch brauchten sie Gewissheit.
Trevisan ließ sich in seinen Bürostuhl fallen und atmete erst einmal tief durch. Er schaute auf seine Armbanduhr. Die Zeiger standen auf acht. Trevisan hob die Uhr an sein Ohr, doch kein Ticken war zu vernehmen. Bestimmt waren wieder einmal die Batterien leer. Er zog die Uhr vom Handgelenk und warf sie achtlos auf den Schreibtisch. Zu Hause in der Schublade seiner Kommode im Gang lag eine neue, teure Uhr. Ein Geburtstagsgeschenk von Angela. Er hatte sie geschont, weil er befürchtete, er könne sie bei seiner Arbeit beschädigen. Doch jetzt konnte er sie gut brauchen. Er hasste es, wenn er die genaue Uhrzeit nicht wusste, denn Zeit war ein wichtiger Faktor bei seinen Ermittlungstätigkeiten.
Er dachte gerade daran, Paula anzurufen und ihr mitzuteilen, dass es heute spät werden konnte, da klingelte das Telefon.
Kriminaloberrat Beck war in der Leitung. »Ich hörte, es gab einen toten Jugendlichen im Hafen. Habt ihr schon Details?«
Trevisan verzog sein Gesicht. Typisch Beck, dachte er, fällt immer gleich mit der Tür ins Haus. »Wir sind am Ball.«
»Wir sind am Ball, was heißt das?«, wiederholte Beck spitz.
»Das heißt, dass wir noch mitten in den Ermittlungen stecken. Der Tod des Jungen war wahrscheinlich ein Unfall, aber die Umstände liegen noch im Dunkeln.«
»Mord, Totschlag, Selbstmord oder Unfall, das sind die Alternativen«, erklärte Beck bürokratisch.
»Na, ja, dann würde ich sagen, zwischen Totschlag und Unfall liegt unser Problem«, erwiderte Trevisan.
»Wann kannst du mehr darüber sagen?«
»Wir treffen uns alle heute Mittag. Du kannst dazukommen.«
»Ich bin heute Mittag nicht im Haus«, entgegnete Beck knapp. »Ich brauche zumindest ein paar Details, falls mich die Chefin fragt.«
»Dann kannst du ihr sagen, dass wir an der Sache arbeiten, aber noch nichts Konkretes haben. Wir müssen aber vom Schlimmsten
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