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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sich mit den beiden im Raum und ließ ihre flinken Finger über die Computertastatur gleiten.
    »Also, Mädchen«, eröffnete Tina die Unterhaltung auf freundschaftliche Art. »Dir ist doch hoffentlich klar, in welcher Gefahr ihr alle schwebt?«
    Luisa schaute zu Boden und schlug ihre Hände vor das Gesicht.
    »Ich weiß, ihr habt beschlossen, niemandem etwas von der Erpressung zu erzählen, aber jetzt gilt diese Abmachung nicht mehr. Mike ist nicht einfach vom Mast des Feuerschiffs gestürzt. Er wurde verfolgt.«
    Tina Harloff beobachtete die Wirkung ihrer Worte, doch Luisa zeigte keine Regung. Schließlich griff Tina Harloff zu dem kleinen Diktiergerät und betätigte den Wiedergabeschalter.
    »Schnell, kommen Sie an den Banter See«, erklang eine jugendliche Stimme atemlos und in unüberhörbarer Panik aus dem Lautsprecher. »Dort ist geschossen worden. Schnell, bevor jemand stirbt.«
    Tina schaltete das Band ab. »Das war Mike, oder?«
    Fast unmerklich nickte Luisa.
    »Das war kurz vor seinem Tod. Keine zwanzig Minuten später lag er mit zerschmettertem Schädel auf dem Schiffsdeck.«
    »Wir haben ihn gewarnt«, schluchzte das Mädchen. »Er hat nicht auf uns gehört.«
    Tina warf einen Blick in den venezianischen Spiegel. »Womit hat er Halbermann erpresst?«
    Das Mädchen atmete tief ein und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Es war doch Svens letzter Wille. Es stand alles in dem Brief, den er Mike geschickt hat. Den Brief, das Amulett und das Foto!« Mit tränenerstickter Stimme schleuderte sie Tina die Worte entgegen.
    »Das musst du mir genau erklären.«
    »Fragt doch Tommy, der weiß alles«, erwiderte Luisa zornig. »Er hat Mike gesagt, dass er es einfach vergessen soll, dass es ein Verbrechen ist und sich Halbermann so etwas nie gefallen lassen wird. Aber Mike hat nicht auf ihn gehört. Nun ist er tot.«
    Erneut wurde das Mädchen von einem Weinkrampf geschüttelt.
    Trevisan trat in den Vernehmungsraum. »Lass gut sein, Tina. Es hat keinen Zweck. Wir werden uns jetzt diesen Tommy vornehmen.«

14
    »… und eine große Dunkelheit kam über die Erde und erstickte die Herzen der Menschen im dämonischen Eis. Der wahre Glaube erstarrte unter dem dunklen und kalten Schleier und die Finsternis bahnte sich ihren Weg mitten hinein in die Seelen der Menschen. Noch ist die Rettung fern, doch bald schon werden die Mächte des Bösen ihren Schrecken verlieren. Der Kreis erstrahlt in einem neuen, helleren und durchdringenden Licht und die Schwärze verwandelt sich in eine strahlende, Heil bringende Klarheit. Es ist an uns, die Welt von dem Joch des Irrglaubens zu befreien.«
    Der Grauhaarige schloss das Buch und legte es vor sich auf den Tisch.
    Abwesend blickten die leeren Augen des dunkel gekleideten Mannes hinaus zum blauen Horizont, wo die Grenze zwischen dem Himmel und dem Ozean verschwamm.
    »Nun sprich, sage mir, was du fühlst«, sagte der Grauhaarige nach einer Weile des gemeinsamen und andächtigen Schweigens.
    Die Augen seines Begleiters füllten sich mit Leben. Er erwachte aus seiner Trance.
    Draußen senkte sich der Abend über das Meer. Eine einsame flackernde Petroleumlampe verströmte ihre wohlige und safranfarbene Helligkeit. Im Raum war es angenehm warm. Es roch nach Holz. Der Grauhaarige erhob sich von seinem Stuhl, der mit den Schnitzereien wirkte wie der Thron eines altertümlichen Herrschers, und trat an das Fenster. Seine weißen Haare glänzten in der purpurnen Abendsonne wie seidene Fäden.
    »Die Zeit wird kommen«, sagte der Grauhaarige in die Stille. »Unsere Zeit wird kommen.«
    Der Mann im dunklen Anzug blickte auf. »Es ist alles vorbereitet. Diesmal wird es keine Komplikationen geben. Sie werden uns nicht finden.«
    Der Alte schlug die Hände vor die Brust und wandte sich um. »Unsere Gegner sind mächtig geworden. Aldhibah hat sich verdunkelt. Dem Stein folgt das Feuer der Verdammnis. Irgendetwas ist geschehen. Eine unheilvolle Macht hält sich hinter dem düsteren Schleier verborgen. Auch Garth konnte sie nicht erkennen. Der Stein hat unsere Opfergaben verweigert.«
    »Es gibt nichts, was deine Treuen fürchten«, erwiderte der Dunkle.
    »Die dritte Gefahr, es ist die dritte Gefahr«, erklärte der Grauhaarige barsch. »Und nun geh, es ist Zeit zu handeln.«
    Der Mann im schwarzen Anzug erhob sich und eilte zur Tür, während der Alte am Fenster zurückblieb und mit Argwohn die dunklen Boten der Nacht beobachtete, die sich langsam über das Wasser senkten. Sehnsüchtig

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