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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Kannst du mich vertreten?«
    Trevisan zuckte mit den Schultern. Eigentlich passte es ihm nicht ins Konzept. Schließlich war da ja noch die Sache mit Paula. »Ist Till oder Monika …?
    »Ich habe es schon versucht, aber ich habe niemanden erreicht. Du bist meine letzte Rettung.«
    Trevisan seufzte. »Also gut. Was ist passiert?«
    »Ein Selbstmord in Horumersiel«, erwiderte Alex Uhlenbruch. »Dietmar ist in zwanzig Minuten auf der Dienststelle. Ich danke dir, du hilfst mir dadurch sehr.«
    »Ist schon gut«, beendete Trevisan das Gespräch.

 
     
     
2
    Trevisan schaute auf seinen Notizzettel. Hier irgendwo musste es links abgehen. Dann die Straße entlang über die Brücke, und schließlich immer geradeaus. Eine Gruppe von sieben kleinen Häusern mit Klinkerfassade. Das letzte Haus auf der rechten Seite, dort hatte sich die Tragödie ereignet. Er hatte die Wegbeschreibung aufgeschrieben, denn er traute sich selbst nicht mehr. Zu oft hatte er in der letzten Zeit etwas Wichtiges vergessen. Vielleicht hatte Angela doch recht? War es das Alter, das sich langsam bemerkbar machte? Die Abzweigung kam in Sicht. Trevisan wollte Dietmar Petermann gerade auf den Weg hinweisen, da setzte sein Kollege bereits den Blinker.
    »Du kennst dich aus?«
    »Ruhwedder hat mir den Weg erklärt«, antwortete Dietmar und schaltete in den zweiten Gang herunter. Auf der Kreisstraße 331 war wenig Verkehr an diesem späten Samstagnachmittag. Sie fuhren eine schmale Straße entlang, bis sie an die Brücke beim Schöpfwerk Wangerland kamen. Als sie die nächste scharfe Rechtskurve hinter sich gelassen hatten, kamen die Dächer einiger Häuser in Sicht.
    »Ich hoffe, dass es heute nicht zu lange dauert. Wir begleiten mit unserem Chor morgen die Frühmesse«, sagte Dietmar Petermann, bevor er den Wagen vor dem letzten Haus in der Straße stoppte. Zweifellos waren sie hier richtig. In der Hofeinfahrt stand ein Streifenwagen.
    »Wir werden sehen«, antwortete Trevisan und löste die Gurtschnalle.
    Als er ausstieg, spürte er die bedrückende Stille, die in der Gegend herrschte. Keine Menschenseele war zu sehen. Vor die Sonne hatte sich eine dunkle Wolke geschoben. Trevisan wartete, bis auch Dietmar ausgestiegen war. Gemeinsam gingen sie auf das Haus zu, als ein uniformierter Polizist aus der Tür trat.
    »Hallo, Martin, schöne Scheiße, was?« Es war Helge Ruhwedder, der Leiter der Polizeistation Wangerland. Trevisan kannte ihn noch aus vergangenen Tagen, als er selbst noch eine Uniform trug und in Wilhelmshaven auf Streife ging.
    »Hallo, Helge, wie sieht es aus?«
    »Ein junger Kerl, sechzehn Jahre alt. Hat sich ein Elektrokabel um den Hals geschlungen und ist dann einfach über das Geländer des ersten Stocks geklettert. Er sieht nicht gut aus. Eine grausame Art, sich das Leben zu nehmen.«
    Trevisan schnürte es den Hals enger. Er dachte an Paula.
    »Wisst ihr schon, wer der Junge war?« fragte Dietmar Petermann, als sie zusammen das Haus betraten.
    »Er heißt Sven Halbermann und stammt aus Wilhelmshaven. Er hatte eine Geldbörse bei sich, darin befindet sich ein Führerschein für ein Moped. Seinen Eltern gehört das Haus. Sie leben in Neuengroden.«
    Im Treppenhaus war es ungewöhnlich düster. Trevisan suchte nach einem Lichtschalter.
    »Er liegt oben. Ich habe ihn mit den Sanitätern bereits abgehängt. Der Notarzt war schon da.«
    »Wer hat ihn gefunden?« fragte Trevisan.
    »Anna Telgte. Ihr gehört das Nachbarhaus.«
    »Ist sie noch hier?«
    »Sie ist drüben. Ich habe ihr gesagt, dass sie auf euch warten soll.«
    Trevisan nickte. Gemeinsam gingen sie die Treppe hinauf in den ersten Stock. Im Flur lag der Tote. Ruhwedder hatte den Leichnam mit einem Stofftuch abgedeckt. Trevisan schlug das Laken zurück.
    Die jugendlichen Gesichtszüge waren vom Todeskampf grausam entstellt. Seine Augen waren offen und sein Gesicht hatte die Farbe einer Wachspuppe angenommen. Er trug ein rotes T-Shirt und eine kurze Sporthose.
    »Wo hat er gehangen?«, fragte Dietmar Petermann.
    Helge Ruhwedder zeigte ihm die Stelle. An dem schwarz lackierten Geländer waren noch deutliche Kratzspuren zu erkennen. »Er ist einfach drüber weggeklettert. Der Arzt meinte, dass sein Adamsapfel durch das dünne Kabel zerquetscht wurde.«
    »Gibt es einen Abschiedsbrief?«, fragte Trevisan mit brüchiger Stimme.
    Ruhwedder nickte und deutete mit der Hand auf das gegenüberliegende Zimmer.
    »Ich mach dann schon mal ein paar Fotos.« Dietmar Petermann ging zum Wagen, um

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