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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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doch schon.«
    »Noch mal von vorne, zum Mitschreiben. Ich mache jetzt ein Protokoll«, erklärte der Beamte.
    Der Fischer kratzte sich erneut an der Stirn. »Es war gegen elf in der Nacht, draußen am Roten Sand. Ich hörte die Maschine kommen. Ich schätze, aus Nordost. Sie muss tief geflogen sein. Dann hat es auf einmal furchtbar gerummst und geplatscht. Der Vogel ist einfach in den Teich gefallen. Ich schätze, zwei, drei Meilen westlich vom Leuchtturm. Dann war alles wieder ruhig. Das ist alles.«
    Der Polizist hatte den Kopf gesenkt und suchte nach den richtigen Buchstaben. Als er geendet hatte, schaute er Thomson fragend an. »Warum hast du eigentlich nicht gleich gefunkt?«
    »Ach, du weißt doch, mein Kahn ist nicht mehr der jüngste. Ich warte nun schon zwei Wochen auf einen neuen Hörer. Aber die Firma hat mir gesagt, ich soll gleich ein neues Gerät kaufen. Jetzt ist das Ding gerade mal siebzehn Jahre alt und wird gar nicht mehr gebaut.«
    Der Polizist nickte verständnisvoll.
    »Was passiert jetzt?«, fragte der Fischer neugierig.
    »Ich werde jetzt die Küstenwache verständigen. Die sollen da draußen mal nachschauen. Außerdem rufe ich die Luftüberwachung in Bremerhaven an und frage nach, ob die ein Flugzeug vermissen. Den Bericht schicke ich nach Wilhelmshaven.«
    Der Fischer erhob sich von seinem Stuhl. »Dann kann ich jetzt gehen?«
    »Ja, Thomson«, bestätigte der Beamte. »Und wenn dir wieder einmal ein Flugzeug vor den Bug fällt, dann warte nicht bis zum nächsten Tag.«
    *
    Die Zeiger auf dem Wecker im Nebenraum wanderten unaufhaltsam auf Mittag zu. Horst Kleinschmidt stopfte sich eine Pfeife und beobachtete Trevisan, der am Tisch saß und ein paar sichergestellte Schriftstücke sichtete. Das laute Zischen und Brausen des Schweißbrenners machte jegliche Unterhaltung unmöglich. Mittlerweile hatte Trevisan über die Dienststelle einen Schlosser angefordert, nachdem der Mann vom Schlüsseldienst entnervt sein Werkzeug eingepackt und lauthals fluchend eingestanden hatte, dass die Stahltür zum Keller von Halbermanns Nebengebäude eine Nummer zu groß für ihn war.
    Trevisan überflog mit wachen Augen die Papiere, die allesamt von einem Kulturverein stammten, in dem Simon Halbermann offensichtlich ein führendes Mitglied war. Die Gesellschaft zur Förderung und zum Erhalt der nordischen Kultur und des Brauchtums – GEB e.V. hatte als Geschäftsadresse und Sitz die Kaiserstraße 24 auf Norderney eingetragen. Die übrigen Papiere bestanden aus nichtssagenden Werbesendungen und Versicherungsinformationen. Keine Hinweise auf Halbermanns Verbindungen, keine Hinweise auf Halbermanns Aktivitäten, keine Hinweise auf Maria Souza da Marques. Es fehlte selbst an den üblichen Telefonrechnungen und Versicherungsunterlagen. Fast so, als ob Simon Halbermann in diesem Haus überhaupt nicht wirklich lebte. Die meisten Schränke waren leer gewesen. Einen Tresor gab es im Haus nicht.
    Trevisan erhob sich und schloss die Tür zum Flur. Das Zischen des Schweißbrenners wurde gedämpft. »Ich weiß nicht, was wir dort unten finden werden, aber jeder Sozialhilfeempfänger hat mehr persönliche Unterlagen im Haus als Simon Halbermann.«
    Kleinschmidt nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Vielleicht läuft alles über die Firma.«
    Trevisan legte die Papiere zurück auf den Tisch. »Er ist wie ein Schatten. Wenn ich ihm nicht schon einmal begegnet wäre, dann würde ich glauben, dass er gar nicht existiert. Wer bezahlt seine Rechnungen, wohin gehen seine Telefonbelege? Hat er vielleicht schon alle Spuren beseitigt?«
    »Mal sehen, was für eine Überraschung der Keller für uns bereithält«, antwortete Horst Kleinschmidt. »Ich denke, hinter so einer Tür lagern keine Altreifen.«
    Trevisan nickte. Das Zischen im Flur war verstummt und wich einem rhythmischen Hämmern. Ein lautes, metallisches Poltern folgte.
    »Wir sind drinnen«, rief Dietmar Petermann. Trevisan hastete hinaus in der Flur. Dietmar, Monika und Tina standen neben Halbermanns Haushälterin. Vor ihnen kniete der Schlosser und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Trevisan hielt inne und schaute hinab in den dunklen Schlund. Eine frostige Kühle wehte aus dem Kellergang zu ihm herauf.
    »Das ist ja unheimlich, wie in einer Gruft«, sagte Tina Harloff und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
    »Wartet hier. Dietmar, du kommst mit«, sagte Trevisan und tastete im Dämmerlicht nach einem Schalter. Ein warmes, wohliges Licht erstrahlte und tauchte den

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