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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sagte Trevisan und schloss die Flügeltüren.

18
    Die Alfried Krupp kämpfte sich durch die heftig wogende See. Mittlerweile türmten sich gewaltige Wolkenberge am Himmel und ein kräftiger Wind aus Nordwest schob die dunkle Wolkenwand auf das Festland zu. Schwere See hatte der Wetterdienst gemeldet und die Sonnenstrahlen wurden längst von dem kräftigen Dunkelblau aufgesogen und hatten ihre wärmende Wirkung verloren. Der Seenotrettungskreuzer schaukelte. Bereits dreimal hatte der Steuermann in einer immer enger werdenden elliptischen Bahn den Roten Sand umrundet. Aufmerksame Augen suchten in der Gischt nach einer Spur.
    Ein Kleinflugzeug sei unmittelbar in der Nähe der Untiefe nordöstlich der Wangerooger Fahrrinne niedergegangen, hatte das Schifffahrtsamt in Cuxhaven gemeldet. Doch bislang hatten die Männer der Alfried Krupp vergeblich gegen Wind und Wetter gekämpft. Nicht der geringste Hinweis war entdeckt worden. Die aufgewühlte See machte es den Männern nicht leicht. Das Wasser war hier bis zu zwanzig Meter tief. Nachdem der Absturz bereits gestern in der Nacht gewesen sein sollte und weder die zivile Luftüberwachung in Bremerhaven noch die Radarstationen der Marinestützpunkte in Emden und Bremen den Absturz bestätigen konnten, war es fraglich, ob es überhaupt eine Spur von einer Notwasserung gab. Zwar war gegen elf Uhr die kurzzeitige Ortung eines Flugobjekts auf internationalem Hoheitsgebiet erfolgt, doch war weder ein Flug angemeldet noch hatte eine Maschine mit der Bodenkontrolle Kontakt aufgenommen. Das Flugobjekt war nicht viel höher als 800 Fuß gestiegen und hatte den Sichtschirm nach knapp drei Minuten wieder verlassen. Der zuständige Fluglotse in Bremerhaven hatte der Sache keine weitere Bedeutung beigemessen. Solche Sichtungen außerhalb der Dreißigmeilenzone waren keine Seltenheit. Heißluftballons, Wetterbeobachtungssonden und militärische Überwachungsdrohnen – es gab so manches, was sich unterhalb der Tausend-Fuß-Grenze herumtrieb.
    Lediglich ein Fischer, der mit seinem Boot am Roten Sand seine Netze ausgebracht hatte, war Zeuge des Absturzes geworden. Selbst wenn seine Beobachtungen richtig sein sollten, so hätte die wilde See mittlerweile alle Spuren beseitigt. Der Ölfleck wäre längst fortgespült und das Wrack gesunken. Es wäre schon ein verdammtes Glück, noch ein paar treibende Wrackteile nach all der verstrichenen Zeit aufzufinden.
    »Spätestens in einer halben Stunde haben wir Sturmböen«, sagte der Steuermann und drehte kräftig am Ruder.
    Der Kapitän der Alfried Krupp nickte und suchte mit seinem Fernglas die Horizontlinie ab. »Wir drehen noch eine Runde, dann brechen wir ab«, beschloss er, ohne das Fernglas auch nur einen Zentimeter zu senken.
    »Ist sowieso ’ne komische Sache«, erwiderte der Steuermann. »Kein Hilferuf, keine eindeutige Ortung. Ich meine, wenn man kurz vor einem Absturz steht, da ruft man doch um Hilfe, oder?«
    Der elektronische Kompass wanderte der Nordmarkierung zu und der Steuermann schob den Fahrregler auf volle Kraft. Der alte Leuchtturm lag direkt vor ihnen. Di e Alfried Krupp beschleunigte und das Summen der Schiffsdiesel schwoll zu einem heftigen Getöse an. Der Steuermann drehte den Kreuzer in die Wellen. Der Bug zerschnitt das tosende Wasser und das Schiff nahm wieder Fahrt auf.
    »Sowieso umsonst«, murmelte der Steuermann und beobachtete den Kompass.
    »Sichtung … Sichtung, drei Strich steuerbord voraus«, drang es durch den kleinen Lautsprecher.
    »Maschine halbe Kraft«, befahl der Kapitän und schaute durch das Fernglas in die angegebene Richtung. Er kniff die Augen zusammen. Wenige Meter entfernt entdeckte er ein undefinierbares Objekt, das auf einer Wellenkrone tanzte, um dann gleich darauf wieder vom Wasser verschluckt zu werden. »Langsam voraus. Drei Strich backbord.«
    »Aye«, erklang die Stimme des Steuermannes, der noch immer suchend aus dem Fenster blickte, bis auch er das Teil im Wasser erkannte. Zielsicher manövrierte er das Schiff auf das helle Ding zu. Zwei Männer mit langen Enterstangen standen mittschiffs im gelben Ölzeug an der Reling.
    »Das ist Metall, wenn du mich fragst«, erklärte der Kapitän. Mit dem Fernglas fixierte er das weiße Stück. »Könnte tatsächlich von einem Flieger stammen. Muss Luft drinnen sein, dass es schwimmt.«
    Der Steuermann kurbelte vorsichtig am Ruder. Dann stießen die Seeleute mit ihren Stangen zu. Zweimal mussten sie nachgreifen, bis sie es endlich am Haken hatten

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