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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Taschenträger, das wandelnde Lexikon für die Gegend hier, der stoische, wortkarge, unerschütterliche, pessimistische, zurückhaltende Salz-der-Erde-Typ –, wenn solche Männer anfingen, ihren Halt zu verlieren, war es wie bei Landminen: Man konnte nie wissen, wo die nächste explodieren würde.
    «Wir haben jetzt Beweise – jedenfalls hatten wir sie gestern, jetzt sind sie zerstört –, dass sich Robbie Walsh davor fürchtete, nach Hause zurückzukehren. Das wissen wir aus seinen E-Mails. Und aus seinen Briefen an … Außerdem wissen wir, dass er über Marion de la Bruyère phantasiert hat. Er hat sie als eine Art Vertraute betrachtet und ihr geschrieben.»
    Die Postkarte, die sie bei Robbies Zeichnungen entdeckt hatte, ergab jetzt Sinn. Es war herzzerreißend.
    Manchmal tue ich so, als ob du neben mir gehst und wir uns an den Händen halten, und das ist genial!!!! Alles ist wieder gut, und ich will nie wieder gehen, denn das ist
unser Ort.
    Mir ging es so schlecht, ich hab gedacht, ich halt’s nicht aus bis zum Ende des Schuljahrs. Es ist da schlimmer denn je. Ich hasse sie, die sind dumm und ignorant und versuchen, mir mein ganzes Leben zu verderben. Je näher das Ende der Ferien rückt, desto trauriger werde ich, und ich will nicht zurück.
    «Wenn irgendetwas einen äußerst unchristlichen Hass in mir auslöst, dann ist das Schikane …» Merrily atmete zu viel Rauch ein und unterdrückte ein Husten. «Bei einigen von den Jungs wissen wir sogar, wer sie sind. Sie haben es so gut wie zugegeben. Aber Schikane ist kein Verbrechen, und Selbstmord auch nicht mehr. Drei Menschen sind tot, und es waren alles keine Verbrechen. Davon werden sie aber auch nicht wieder lebendig.»
    «Diese Frau», sagte Sophie. «Mrs. Pepper …»
    «Ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll, Soph. Sie macht düstere Musik, die von Leuten, die ekelhafte Websites und Chatrooms betreiben, offenbar als Selbstmord-Soundtrack angepriesen wird. Es gibt im Internet anscheinend einen richtigen Selbstmordkult. Wenn sie damit zu tun hat und mit Robbie Walsh gesprochen hat – was sie ja hat, wie wir wissen –, und er selbstmordgefährdet war, ist es dann denkbar, dass sie ihn ermutigt hat, von dem Turm zu springen? Ich meine, ich hasse Schikane wirklich, aber ich verstehe, aus welchem spirituellen Vakuum sie resultiert. Aber das …»
    «Es gibt Websites, auf denen Leute gedrängt werden, sich das Leben zu nehmen?»
    «Das ist laut Jane der Grundtenor. Chatrooms gibt es auch. Ist ein bisschen wie bei den
Samaritans
, nur umgekehrt, nicht?»
    Sophies Gesichtsausdruck änderte sich nicht. Sie war bei der Telefonseelsorge der
Samaritans
.
    «Merrily, wenn Sie glauben, dass diese Frau mit einer dieser Organisationen etwas zu tun hat, dann ist es bestimmt unsere Pflicht, das öffentlich zu machen.»
    «In welcher Funktion? Es hat ja nichts mit spirituellen Grenzfragen zu tun.»
    «Ist die Frau nicht von Geistern fasziniert?»
    «Das ist ja an sich noch keine spirituelle Grenzfrage. Und wenn ich mich an das verabredete Vorgehen halte und den Beirat konsultiere – ob sie mich dann noch an Mrs. Pepper heranlassen? Mumford hat schon einen Rüffel von Annie Howe eingesteckt, mit der übrigens Siân Callaghan-Clarke nach eigener Auskunft sehr gut auskommt. Wahrscheinlich trainieren sie zusammen Kickboxen.»
    «So ein Durcheinander, Merrily.» Sophie nahm ihre Lesebrille ab und ließ das Etui zuschnappen. «Im Moment scheint alles ein einziges Durcheinander zu sein.»
     
    Der Bischof kam vor dem Mittagessen. Er wirkte nachdenklich, setzte sich auf die Kante von Sophies Schreibtisch, nahm einen Stift und tippte dann unablässig mit dessen Spitze auf seine linke Handfläche.
    «George Lackland, Merrily. Kennen Sie ihn?»
    «Bürgermeister von Ludlow.» Sie hatte ihre Sonnenbrille wieder aufgesetzt. «Vizevorsitzender des Polizeiausschusses.»
    «Genau der.» Der Bischof knöpfte seine Jacke auf. Sein violettes Hemd spannte über dem Bauch. «Und langjähriger Stadtrat. George ist … der Inbegriff des alten Ludlow.»
    «Und Ihr alter Freund.»
    «Ja. Ein ehrbarer Mann. Konservativ natürlich, in jedem nur denkbaren Sinne des Wortes. Handelt mit traditionellen Möbeln; die etwas anderes sind als diese sogenannten Antiquitäten.»
    «Er scheint … sehr einflussreich zu sein», sagte Merrily.
    Der Bischof wirkte gequält. «Macht und Einfluss erworben zu haben ist für Sie offenbar gleichbedeutend damit, sich so zu verbiegen wie …

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