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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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hinter ihm zwei Wachen -
dieselben beiden, die vor Caecilias Portal postiert gewesen waren.
Er sah aus, als wäre er bereits verurteilt - blaß, stumm
und regungslos wie ein Stein. Neben ihm wirkte sogar Cicero robust,
als er sich erhob und zur Begrüßung meinen Arm
faßte.
    »Gut, gut! Tiro
meinte, er hätte dich in der Menge entdeckt. Ich hatte schon
Angst, du würdest zu spät kommen oder ganz
wegbleiben.« Er beugte sich, noch immer meinen Arm haltend,
lächelnd zu mir und sprach so vertraulich, als wäre ich
sein bester Freund. Solche Vertrautheit nach den letzten Tagen
kühler Nichtbeachtung irritierte mich. »Guck dir die
Reihen der Richter an, Gordianus. Die eine Hälfte ist zu Tode
gelangweilt, die andere zu Tode geängstigt. An welcher von
beiden soll ich meine Argumentation ausrichten?« Er lachte -
nicht gezwungen, sondern ehrlich guter Stimmung. Der
übellaunige Cicero, der seit meiner Rückkehr aus Ameria
nervös gejammert und geschimpft hatte, schien mit den Iden
verschwunden zu sein.
    Tiro saß zur
Rechten Ciceros, neben Sextus Roscius, und hatte sorgfältig
seine Krücke so plaziert, daß sie nicht zu sehen war.
Rufus saß links von Cicero, zusammen mit den Adligen, die ihm
auf dem Forum behilflich gewesen waren. Ich erkannte Marcus
Metellus, einen weiteren von Caecilias jungen Verwandten, zusammen
mit der erlauchten Null, dem ehemaligen Magistraten Publius
Scipio.
    »Natürlich
kannst du nicht mit uns auf der Bank Platz nehmen«, sagte
Cicero, »aber ich will dich in der Nähe haben. Wer
weiß? Vielleicht entfällt mir im letzten Moment noch ein
Datum oder ein Name. Tiro hat einen Sklaven abgestellt, dir einen
Platz anzuwärmen.« Er wies auf die Tribüne, wo ich
zahlreiche Senatoren und Magistraten erblickte, unter ihnen den
Redner Hortensius und diverse Messalli und Metelli. Ich erkannte
auch den alten Capito. Neben dem Riesen Mallius Glaucia, der einen
Verband um den Kopf trug, wirkte er klein und verschrumpelt.
Chrysogonus war nirgends zu sehen. Und Sulla war nur in Form seiner
vergoldeten Statue anwesend.
    Auf Ciceros Wink hin
erhob sich ein Sklave von einer der Bänke. Während ich
zur Tribüne ging, um meinen Platz einzunehmen, stieß
Mallius Claucia Capito in die Seite und flüsterte ihm etwas
ins Ohr. Beide wandten den Kopf und starrten mich an, während
ich zwei Reihen oberhalb von ihnen Platz nahm. Glaucia runzelte die
Brauen und verzog knurrend die Oberlippe. Inmitten so vieler
gesetzter und gediegen gewandeter Römer sah er einem wilden
Tier bemerkenswert ähnlich.
    Die Morgensonne warf
lange Schatten auf das Forum. Als die Sonne gerade über dem
Dach der Basilika Fulvia aufstieg, betrat der Praetor Marcus
Fannius, der Vorsitzende des Gerichts, die Rostra und
räusperte sich. Mit angemessener Würde eröffnete er
die Sitzung, rief die Götter an und trug die Anklage
vor.
    Ich versank in jene
Prozeßapathie, die jeden vernünftigen Menschen
unweigerlich vor Gericht befällt, hilflos treibend in einem
Ozean salziger Rhetorik, der gegen verwitterte metaphorische
Klippen brandet. Während Fannius weiterleierte, studierte ich
ihre Gesichter - Magnus still vor sich hin glühend, Erucius
pompös und gelangweilt, Tiro bemüht, seinen Eifer zu
unterdrücken, Rufus, der zwischen all den ergrauten Juristen
wie ein Kind aussah. Derweil blieb Cicero abgeklärt und
merkwürdig ruhig, während Sextus Roscius selbst
nervös die Menge musterte wie ein in die Enge getriebenes,
verwundetes Tier, das zuviel Blut verloren hat, um sich noch zu
wehren.
    Endlich war Fannius
fertig und nahm einen Platz unter den Richtern ein. Gaius Erucius
erhob sich von der Bank des Anklägers und machte ein
langwieriges Theater daraus, seinen korpulenten Körper die
Stufen zur Rostra hinaufzuschleppen. Er blähte seine Wangen.
Die Richter legten ihre Unterlagen beiseite und stellten ihre
Gespräche ein. Die Menge wurde ruhig.
    »Werte Richter,
ausgewählte Mitglieder des Senats, ich stehe hier heute vor
euch mit einer höchst unangenehmen Aufgabe. Denn wie
könnte es angenehm sein, einen Mann des Mordes anzuklagen?
Doch dies ist eine der unabwendbaren Pflichten, die von Zeit zu
Zeit auf die Schultern derjenigen geladen werden, die sich der
Erfüllung der Gesetze verschrieben haben.«
    Erucius schlug die
Augen nieder, um abgrundtiefe Trauer zu demonstrieren. »Aber,
werte Richter, meine Aufgabe ist es nicht nur, einen Mörder
der Gerechtigkeit zuzuführen, heute geht es vielmehr darum,
ein weit älteres und grundlegenderes

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