Das Lächeln des Cicero
tat
er zweimal, einmal rechts und einmal links von mir; zwei
Täter, die zwei Sklaven aus dem Weg schafften. Das zweite Mal
schubste Tiro zurück.
Ich wollte mich
umdrehen, aber Eco gab mir einen Stoß gegen die Schulter,
damit ich meine Position nicht veränderte. Von hinten hakte er
sich bei mir unter, als wolle er mich festhalten. Mit einem Klaps
auf meinen Arm machte er sich los, um eine neue Rolle einzunehmen.
Er kreiste jetzt vor mir, das Messer gezückt, das Gesicht von
einer Kapuze verborgen und humpelnd. Er griff mit der anderen Hand
nach oben, um mein Kinn zu packen, und sah mir direkt ins Gesicht.
Er hob den Dolch und stieß zu.
»Wo?«
sagte ich. »Wo wurde er zuerst getroffen?«
Er tippte auf einen
Punkt zwischen Schlüsselbein und Brust, direkt über
meinem Herzen. Unwillkürlich fuhr ich mit der Hand an die
Stelle. Eco nickte, das Gesicht noch immer im Schatten der Kapuze
verborgen. Dann wies er auf den Handabdruck an der
Ladentür.
»Dann muß
Sextus sich losgerissen haben -«
Er schüttelte
heftig den Kopf und deutete eine Wurfbewegung an.
»Man hat ihn zu
Boden geschleudert?« Nicken. »Und irgendwie fand er die
Kraft, zu der Tür zu kriechen -«
Eco schüttelte
erneut den Kopf und wies auf die Stelle, wo der alte Mann zu Boden
gefallen war. Er begann, heftig auf den imaginären Körper
einzutreten, wobei er eigenartig kehlige Geräusche von sich
gab. Höhnisch grinsend und knurrend imitierte er - wie mir
plötzlich mit einem Gefühl der Übelkeit klar wurde -
ein Lachen.
»Dann war er
also hier«, sagte ich und nahm meinen Platz zu
Füßen des Jungen ein. »Entsetzt, verwirrt,
blutend. Sie trieben ihn weiter voran, mit Tritten, Flüchen,
Spott und Gelächter. Er griff nach oben und erreichte die
Tür...«
Zum zweiten Mal an
diesem Vormittag schlug mir die Tür vor die Nase, als sie
quietschend aufschwang.
»Was denkst du,
was du hier machst?« Es war die Frau. »Du hast kein
Recht -«
Eco sah sie und
erstarrte. »Weiter«, sagte ich, »beachte sie gar
nicht. Weiter. Sextus war zu Boden gestürzt und stützte
sich jetzt gegen die Tür. Was dann?«
Der Junge kam, erneut
humpelnd, auf mich zu und machte eine Bewegung, als würde er
mit beiden Händen meine Toga packen und mich direkt auf die
Straße schleudern. Er hinkte rasch zu dem am Boden liegenden
Phantom und fuhr fort, auf es einzutreten, wobei er mit jedem Tritt
ein Stück nach vorn ging, bis er direkt auf dem riesigen
Blutfleck stand. Dabei wies er auf seine beiden imaginären
Begleiter.
»Drei«,
sagte ich, »alle drei Täter haben ihn umringt. Aber wo
waren die beiden Sklaven? Tot?« Nein.
»Verwundet?« Nein. Der Junge tat die Frage mit einer
angeekelten Geste der Verachtung ab. Die Sklaven waren geflohen.
Ich warf einen Seitenblick auf Tiro, der darüber sehr
enttäuscht schien.
Eco hockte sich auf
den Blutfleck, zog das Messer hervor und hielt es hoch über
seinen Kopf, bevor er es wieder und wieder bis fast auf das
Pflaster niedersausen ließ. Er begann am ganzen Körper
zu zittern und fiel auf die Knie. Er machte ein Geräusch wie
ein leise wiehernder Esel. Er weinte.
Ich kniete mich neben
ihn und legte meine Hand auf seine Schulter. »Ist ja schon
gut«, sagte ich. »Ist ja gut. Ich möchte,
daß du dich nur noch ein wenig weiter erinnerst.« Er
entzog sich meiner Hand und wischte sich das Gesicht ab,
wütend über seine eigenen Tränen. »Nur noch
ein wenig mehr. Hat sonst noch jemand den Vorfall beobachtet?
Jemand aus dem Mietshaus oder von der anderen
Straßenseite?«
Er starrte die Frau
des Ladenbesitzers an, die uns vom Eingang des Ladens wütend
beobachtete. Er hob die Hand und zeigte auf sie.
»Ha!« Die
Frau verschränkte die Arme und senkte wie ein angriffsbereiter
Stier den Kopf. »Der Junge lügt. Entweder das, oder er
ist genauso blind wie stumm.«
Der Kleine zeigte
erneut auf sie, als könne er sie mit seinem ausgestreckten
Finger zu einem Geständnis bewegen. Dann wies er auf ein
kleines Fenster über dem Laden, wo für den Bruchteil
einer Sekunde das Gesicht des Alten auftauchte, bevor es abrupt
hinter einem Paar Fensterläden verschwand, die von innen
zugezogen wurden.
»Ein
Lügner«, knurrte die Frau. »Er hat eine Tracht
Prügel verdient.«
»Du hast doch
gesagt, daß die Zimmer nach hinten heraus liegen und es keine
Fenster zur Straße gibt«, sagte ich.
»Hab ich das?
Dann ist es auch die reine Wahrheit.« Sie konnte nicht
wissen, daß ich eben erst ihren Mann gesehen hatte, der
direkt über
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