Das Lächeln des Killers
erhöht. Der zweite Typ konnte nicht zulassen, dass sein Kumpel auf diese Art in Führung geht. Er ist gewaltbereiter als sein Freund und hat keine Angst vor diesem Teil seiner Persönlichkeit. Er genießt ihn regelrecht. Dann ist wieder der erste Spieler dran und vermasselt die Sache abermals, indem er die Frau am Leben lässt. Er steht im Begriff, das Spiel der beiden zu verlieren.«
»Eine multiple Persönlichkeit schließt du also aus?«
»Selbst dann hätten wir es in gewisser Hinsicht mit zwei Tätern zu tun. Aber ich neige dazu, den einfacheren Weg zu wählen und von zwei verschiedenen Mördern auszugehen. Ich frage mich, ob irgendjemand, der an dem Projekt beteiligt war, zwei Söhne hat. Vielleicht sind die beiden Brüder. Oder lebenslange Freunde.« Sie sah ihren Gatten fragend an. »Typen, die miteinander aufgewachsen sind. Dann wären sie doch wohl wie Brüder, oder was meinst du?«
Er dachte an Mick. »Ja. Und zwar wird die Beziehung umso inniger, je weniger die Familiendynamik mitsamt den dort herrschenden Antagonismen dazwischenfunken kann. Mick, Brian und wir anderen sind aus unseren ursprünglichen Familien geflüchtet und haben uns gegenseitig freiwillig als neue Familie gewählt. Das ist ein sehr starkes Band, das nicht so leicht zerschnitten werden kann.«
»Okay, jetzt hätte ich noch eine Frage an dich als Vertreter der Spezies, die statt mit ihrem Kopf meistens mit dem Penis denkt...«
»Also bitte. Ich denke höchstens ein Viertel der Zeit mit meinem Schwanz.«
»Das kannst du jemandem weismachen, über den du nicht erst vor wenigen Minuten hergefallen bist.«
»Ich kann dir versichern, dass dazu nicht viel Nachdenken erforderlich gewesen ist. Aber zurück zu deiner Frage.«
»Ihr Kerle legt, sobald sich die Gelegenheit dazu ergibt, wahllos so ziemlich alles flach.«
»Und wir sind auch noch stolz darauf...«
»Ich will dir nicht zu nahe treten, aber so scheint es bei den meisten von euch zu laufen. Wenn ihr aber eine Wahl habt oder einen Traum, entscheidet ihr euch für gewöhnlich für einen ganz bestimmten Typ. Meistens für einen, der einer Frauenfigur, die wichtig für euch war oder vielleicht auch noch ist, entweder möglichst entspricht oder der das genaue Gegenteil repräsentiert.«
»Da ich davon ausgehe, dass du in diesem Fall solche Dinge wie gegenseitige Anziehungskraft, Gefühle und die Entwicklung einer richtigen Beziehung außer Acht lässt, gebe ich dir Recht. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es bei den Frauen genauso funktioniert.«
»Ja, und genau deshalb kommt er an sie heran. Er verwandelt sich in ihren Traummann. Obwohl ich wette, dass die Frauen, die er auswählt, auf der Suche nach dem Typen sind, der er, zumindest dem äußeren Anschein nach, sowieso schon ist. Er braucht sich also nicht besonders zu verändern. Und weshalb sollte er das auch? Schließlich ist es sein Spiel, schließlich legt er die Regeln fest. Ich werde noch ein paar Wahrscheinlichkeitsberechnungen durchführen, um zu sehen, ob ich ihm auf diese Weise nicht noch etwas näher kommen kann.«
Roarke hörte ein Klingeln aus seinem Büro. »Das sind bestimmt die Infos von Stiles. Ich schicke sie gleich rüber an dein Gerät.«
»Danke.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Neun Uhr fünfzehn. Wenn wir Pech haben, hat er in einer viertel Stunde sein nächstes Rendezvous.«
Sie hieß Melissa Kotter, stammte aus Nebraska und war von den Feldern ihrer Eltern in die große Stadt geflüchtet, in der es niemals dunkel war. Wie Tausende von anderen jungen Frauen, die nach New York gepilgert kamen, hatte sie die Hoffnung, Schauspielerin zu werden. Eine ernsthafte Mimin, die der Kunst die Treue halten und den klassischen Rollen, die von all den Größen, die schon vor ihr auf den Brettern, die die Welt bedeuteten, gewandelt waren, neues Leben einhauchen würde, sobald sie erst die Chance dazu bekam.
Bis ihre Chance käme, den Broadway zu erhellen, schlug sie sich, wenn sie nicht gerade vorsprach, als Bedienung und mit unzähligen anderen kleinen Tätigkeiten durch. Der typische Beginn einer großen Karriere, dachte sie hoffnungsvoll.
Mit ihren einundzwanzig Jahren hatte sie sich ihren Optimismus, ihre jugendliche Unschuld und ihre Träume noch bewahrt. Gut gelaunt bediente sie die Gäste des Cafés, in dem sie jobbte, und ihr frisches Aussehen trug ihr wie ihr flottes Tempo beim Servieren jede Menge Trinkgeld ein.
Sie war blond, blauäugig und zart gebaut.
Melissa war gesellig und hatte
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