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Das Lächeln meiner Mutter

Das Lächeln meiner Mutter

Titel: Das Lächeln meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delphine de Vigan
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Zimmergenossin war eine Ungarin mit durchscheinender Haut, deren Gesicht aus der Zeit gefallen zu sein schien.
    Ich war siebzehn Jahre alt, ich wusste überhaupt nichts über Geisteskrankheiten. Die Blicke, denen ich in diesem Pavillon der Verzweiflung begegnete, verfolgten mich manchmal tagelang.
     
    Nach einigen Wochen durfte Lucile die Klinik vorübergehend verlassen. Eines Samstagnachmittags holte ich sie in der Klinik Saint-Anne ab, wo sie mich, die Hände fest über ihrer kleinen Handtasche verknotet, auf einem Stuhl erwartete. Wir fuhren mit dem Bus in das Viertel, wo wir gewohnt hatten, und verbrachten dort ein paar Stunden. Im Kaufhaus Monoprix versprach uns eine einschmeichelnde, melodische Stimme
verrückte
Preise, 50 % Rabatt auf die gesamte Haushaltswäsche, Betttücher, Handtücher, Bettbezüge zu
verrückten
Preisen, wir müssten aber binnen weniger Minuten zugreifen. Apropos Verrücktheit, ich hatte panische Angst, Lucile könne mir weglaufen, meiner Wachsamkeit entrinnen oder sich vielleicht weigern, ins Krankenhaus zurückzukehren. Doch als es Abend wurde, begann Lucile auf die Armbanduhr zu sehen, sie hatte Angst, zu spät zu kommen, sie durfte das Abendessen und die Ausgabe der Medikamente nicht verpassen. Lucile ließ sich nicht lange bitten zurückzukehren. Dort in der Klinik fühlte sie sich wohl, vor sich selbst geschützt, sie war so müde.
    Es würde noch weitere Freigänge geben, weitere Nachmittage außerhalb der stickigen Pavillons, weitere Augenblicke der Freiheit, weit weg von den leeren Stunden in diesem Gemeinschaftsraum, durch den nie ein Luftzug ging.
     
    In dem Zug, mit dem wir über das Wochenende nach Pierremont fuhren, sprach Lucile, die ihre manische Phase noch nicht ganz überwunden hatte, mit allen Leuten, und zwar in einem Küchenenglisch, über das sich der ganze Waggon freute. Ich wusste nicht mehr, wie ich sie aufhalten sollte, und entschuldigte mich hinter ihrem Rücken mit vagen Gesten. Lucile wollte hier sitzen und nicht da, dann da und nicht hier, sie bat einen der Fahrgäste, sich umzusetzen, einen anderen, seine Tasche beiseitezuschieben,
would you mind please virer your bag somewhere else because you know it is difficult for me to stay here, I mean in a train. I’m sorry I’m disease you know, but let me introduce my daughter she is very gentle but a bit susceptible.
     
    Als Weihnachten kam, war von Djerba oder anderen Stränden nicht mehr die Rede, Manon kam zu mir nach Paris, und gemeinsam brachten wir Lucile nach Pierremont, wo schon seit Wochen grandiose Festlichkeiten vorbereitet wurden. In jenem Jahr beruhte das Feiertagsthema auf drei Farben: Rot, Weiß und Silber. Wir hielten uns an die Kleiderordnung und tauschten allerlei symbolische Geschenke oder wunderschöne, mit Liebe geschriebene
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aus, wir waren alle knapp bei Kasse. Lucile hatte wieder ihre Statistenrolle übernommen und sagte kein Wort.
     
    Als Lucile einige Wochen später aus der Klinik entlassen wurde, verließ ich ihre Wohnung. Ich wollte nicht mehr mit ihr zusammenleben. Ich begann mit einer Reihe mehr oder weniger fröhlicher und sich irgendwie ergebender Wohngemeinschaften, die sich über insgesamt fast zwei Jahre zogen.
    Lucile nahm ihre Arbeit wieder auf, man hatte Gnade walten lassen und sie behalten.
    Manon begann wieder mit ihren Wochenendbesuchen.
    Ich wünschte ihr so sehr eine friedlichere Zeit, wenigstens eine oberflächliche Heilung, doch ich hatte Manon nichts zu bieten als meine Anwesenheit bei Lucile, wenn sie sie zu einem Mittagessen, einem Spaziergang oder einem Abendessen besuchen kam, und meine wilde und wahrscheinlich blinde Entschlossenheit, uns da rauszuholen.
     
    Zur selben Zeit lernte Lucile Edgar kennen, einen vom Alkohol zerstörten Aquarellmaler, dessen Talent nichts hatte retten können. Edgar wurde ihr Geliebter, und sie tranken zusammen literweise Bier, Lucile schwoll sichtlich an und entfernte sich noch weiter.

[home]
    I ch erwachte mitten in der Nacht und setzte mich im Bett auf, ich suchte nach einem Bild in der Dunkelheit, nach einer Stimme in der Stille, und langsam kam die Erinnerung zurück, die meinen Schlaf zerrissen hatte: Es war ein Super- 8 -Film, den Gabriel gedreht hatte, bevor wir bei ihm lebten, einer dieser Filme, die er in den Schulferien drehte und deren Geschichte und überraschende Wendungen wir mit Begeisterung ausarbeiteten. Genauer, es handelte sich um mich in einem dieser Filme und um meine schrille,

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