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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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an den Armen des Jungen wahrnahm. Durch dessen kurzes braunes Haar drang auch ein wenig Blut. »Sieht so aus, als hättest du mächtig mit dem großen Felsen zu kämpfen gehabt, Kumpel«, sagte er. »Hast du was dagegen, wenn ich mir den Schaden mal ansehe?«
    »Es geht schon«, sagte er mit mehr als nur einer Andeutung von Tapferkeit.
    »Dessen bin ich mir sicher«, sagte er und schaute sich die Schnittwunde des Jungen an. Offensichtlich war er vom Felssims gestürzt und hatte sich dabei den Kopf angestoßen, aber es war nur eine Schürfwunde, und sie war nicht tief. »Schätze, dein Hirn ist noch drin«, stellte er lächelnd fest, »aber du kannst morgen vor deinen Kumpels mit einer prächtigen Beule angeben.«
    »Sie sind John Miller, nicht wahr? Ich bin Danny Jackson. Mein Vater war wie Sie.«
    »Ach ja, war er das?«, fragte er, bemühte sich um eine gleichgültige Miene und untersuchte Dannys Gliedmaßen und Rippen auf Brüche.
    »Ja, und der Vater von meinem Kumpel George war auch Soldat. Er hieß John Blake.«
    Sein Herz klopfte wie wild, und seine Hand war nicht unbedingt ruhig, als er die Kopfwunde mit der saubersten Ecke seines Taschentuchs abtupfte. »Tatsächlich?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete Danny schnaufend. »Aber John Blake und Dad sind nicht zurückgekehrt.« Er schaute zu ihm hoch, die Augen weit aufgerissen und hell vor unvergossenen Tränen. »Ich dachte, du wärst mein Daddy, weißt du«, fügte er sehnsüchtig hinzu.
    »Wie kommst du denn darauf, Danny?«
    »Ich habe Franks Geschichte über dich gehört«, erklärte er stockend, »und als ich dich aus dem Rauch auftauchen sah, dachte ich, du wärst vielleicht Daddy, der gekommen ist, um mir zu helfen.«
    Seine kleine Stimme war so traurig, dass es ihm ans Herz ging. Am liebsten hätte er den Jungen in die Arme genommen und gewiegt, um all den Kummer zu verscheuchen, der ihn offensichtlich umtrieb. »Ich heiße John Miller«, sagte er stattdessen mit rauer Stimme, »aber ich bin sicher, dass dein Daddy in diesem Augenblick über dich wacht. Vielleicht hat er mich sogar geschickt, um dich zu finden.« Er schenkte dem Jungen ein aufmunterndes Lächeln. »Ich glaube nicht an Gespenster und Geister, wie es die Schwarzen tun, aber ich hatte letzthin ein paar komische Träume.«
    »Ich auch«, schnaufte Danny.
    »Und jetzt müssen wir dich hier rausbringen, Danny. Das Feuer ist inzwischen unter Kontrolle, aber dieser Rauch tut uns beiden nicht gut.« Er betrachtete den Jungen ernst. Er war sehr blass. »Sieht so aus, als wärst du ein bisschen mitgenommen, Kumpel. Kannst du laufen?«
    »Ich bin schließlich den Felsen runtergeklettert, oder?«, entgegnete er und reckte trotzig das Kinn. Dennoch zeigte sich Müdigkeit in seinen Augen, als er in Richtung des Feuers schaute. »Bin ja kein Baby mehr. Natürlich kann ich laufen.«
    Er streckte die Hand aus, half Danny auf die Beine und bemerkte, dass diesem die letzte Farbe aus dem Gesicht wich und dessen Augenlider flatterten. Er fing den Jungen auf, als der ohnmächtig wurde, drückte ihn an die Brust und schaute auf das sommersprossige bleiche Gesicht hinab; seine Gedanken und Gefühle waren in Aufruhr. Dann nahm er seinen Seesack und ging mit langen Schritten in den Rauch auf die dunklen Felsnadeln von Morgan’s Reach zu.
    Django hatte Danny den ganzen Nachmittag verfolgt. Das war nicht schwer, nachdem Billy Blue ihm erzählt hatte, dass Danny fasziniert gewesen sei von Franks Geschichten und sogar erwähnt hatte, nach Goff’s Siding zu gehen, um nachzusehen, wo der mysteriöse Soldat gewesen war.
    Er folgte den Spuren von Fahrradreifen in der weichen Erde sowie den Sandwich-Krümeln und entdeckte, wo Danny sich im Graben versteckt hatte; schließlich fand er auch das Fahrrad im Unterholz.
    Der überhängende Felsen beunruhigte ihn, denn es war klar, dass jemand – oder etwas – eine Baumwurzel ausgerissen und die Erde daran entfernt hatte. Eine Zeit lang hatte er nach weiteren Spuren gesucht, aber keine gefunden, und er musste annehmen, dass Danny das Fahrrad absichtlich versteckt und versucht hatte, an dem Felsen hinunterzuklettern. Django fragte sich, was den Jungen veranlasst haben könnte, so eine Dummheit zu begehen, denn der war sich für gewöhnlich der Gefahren hier draußen durchaus bewusst und kannte seine Grenzen.
    Django war ein alter Mann, aber er war noch immer leicht und wendig. Vorsichtig kletterte er den Felsen hinab, als er ein unmissverständliches Zischen und das

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