Das Land am Feuerfluss - Roman
eigentlich«, sagte sie mürrisch. »Ich habe genug zu tun, da brauche ich ihn nicht auch noch zwischen den Füßen. Kommt spät nach Hause und –«
Da er nicht wollte, dass sie zu einer Schmährede über ihren Mann ansetzte, unterbrach Terry sie. »Wir sind hier, um ein Glas Ihrer berühmten Limonade zu trinken, Annie. Ich hoffe, Sie haben noch welche.«
»Aber klar. Für meine speziellen Kunden hab ich immer einen Vorrat.« Sie strahlte, offenbar wieder bei bester Laune. Sie griff in den Petroleumkühlschrank und schenkte ihnen beiden ein großzügiges Glas ein. »Wenn dieser Nichtsnutz von Mann sich nur an meine Limonade und die gute Küche zu Hause halten würde, würde er nur halb so viel Mühe machen.«
Terence gab keinen Kommentar dazu ab, bezahlte die Getränke und führte Sandra wieder auf den Plankenweg, bevor sie die Kisten voller Schnaps und die Bierkästen entdeckte, die sich hinter der Ladentheke stapelten.
Frank fesselte sein Publikum noch immer. »Tja«, erzählte er in schleppendem Tonfall, »die Fahrt war ereignisreich, das kann man so sagen. Und ich schätze mal, wir werden hier eine Weile festsitzen. Das Wetter zieht sich von allen Seiten zu – so wie gestern Abend, als wir sozusagen eine seltsame Begegnung hatten.« Er betrachtete sein Publikum wie ein routinierter Darsteller. »Jim und ich hatten den Laster für die Nacht abgestellt. Nicht gut, auf Gedeih und Verderb weiterzufahren, wenn der Staub so aufwirbelt.« Er legte eine Pause ein, um die Spannung zu halten. »Der Wind blies so stark, dass wir aus dem Fenster nichts mehr sehen konnten. Dann war plötzlich eine Lücke in der Staubwand, und ein Kerl stand mitten auf der verdammten Straße. Ruhig und gelassen, wie man sich’s nur vorstellen kann, zündete er sich eine Zigarette an.«
Die Versammelten beugten sich vor, und Franks Augen leuchteten. Er war berühmt für seine Geschichten und mochte nichts lieber als ein hingerissenes Publikum. »Jim kriegte es mit der Angst zu tun, der dachte nämlich, es wäre ein Geist.« Er schenkte seinen Zuhörern ein ziemlich überhebliches Lächeln. »Aber ich wusste natürlich, dass es keiner war.«
»Ach, du meine Güte, Frank, du spinnst dir da was zusammen!«, stöhnte Annie, die sich neben ihn gesetzt hatte. »Wirst du uns denn auch erzählen, wer es war?«
Frank grinste, denn offensichtlich machte ihm die Sache Spaß. »Na ja, Annie, das ist ja das Rätsel«, antwortete er. »Er hat gesagt, sein Name ist John Miller, aber ich vermute, das stimmt nicht.«
Ein Raunen lief durch die Reihen, bevor Annie fragte: »Wieso nicht?«
Franks Blick schweifte in die Ferne und wurde nachdenklich. »Keine Ahnung. Aber der hatte was Unechtes an sich.« Er schaute wieder auf seine Zuhörer. »Ich kann mich irren – aber mein Gefühl täuscht mich selten.«
Terence spürte, wie Sandra sich von ihm losriss, und noch bevor er sie aufhalten konnte, schob sie sich durch die Menge. »Wie hat dieser Mann ausgesehen?«, fragte sie.
Frank betrachtete sie eine Weile. »Er war groß, hager und eher jung. Seine Augen haben anscheinend zu viel gesehen, was ein Mann nicht sehen sollte – und er hatte einen unglaublichen Hunger. Der muss tagelang nichts gegessen haben.« Er schüttelte den Kopf. »Er sah aus wie ein Mann, der noch immer seinen ganz persönlichen Krieg führt – und kurz davor steht, ihn zu verlieren.«
Sandra zögerte, als ihr plötzlich klar wurde, dass alle Augenpaare auf sie gerichtet waren. »Ich glaube, dass wir ihn auch gesehen haben«, sagte sie und schaute hilfesuchend zu Terence.
Terence nickte nur, denn ihm war es unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen.
Frank drehte sich eine Zigarette und fragte beiläufig: »Ach ja? Und wann war das?«
»Vor drei oder vier Tagen«, antwortete sie. »Wir sind von Sydney gekommen und hatten gerade Bourke durchfahren.«
Frank schüttelte den Kopf. »Nö, Missus, das kann nicht derselbe Typ sein, weil wir ihn irgendwo in der Nähe der Wilga-Farm gesehen haben und er unterwegs nach Süden war.« Er runzelte die Stirn. »Zumindest hat er das behauptet.« Er wandte sich an den schweigenden Jim. »Was meinst du, Kumpel?«
Jim holte tief Luft und dachte über die Frage nach. »Weiß nicht«, sagte er nach einer Weile gedehnt. »Schien ein netter junger Kerl zu sein, ein bisschen vom Glück verlassen nach seinem Austritt aus der Armee. Aber das geht uns sowieso nichts an.«
»Woher wisst ihr, dass er in der Armee war?«, ließ Annie sich
Weitere Kostenlose Bücher