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Das Land des letzten Orakels

Titel: Das Land des letzten Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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überrascht. So schnell hatten sie sich in ihrem ganzen Leben noch nicht fortbewegt. Mark war davon überzeugt, dass sie bereits fast bis unter Giseth gelangt waren.
    Die Schienen hatten zwar aufgehört, der Felsschacht hingegen ging weiter, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als den Weg zu Fuß fortzusetzen.
    Sie kamen nur langsam voran. Dies lag zum Teil daran, dass sie Vorsicht walten ließen, zum Teil hatte es aber auch damit zu tun, dass Verso das Gehen schwerfiel. Tatsächlich wurden seine Schritte immer unsicherer. Es mochte an dem seltsamen Kristalllicht liegen, doch die Furchen in seinem Gesicht wirkten tiefer denn je. Nichtsdestotrotz drängte Laud sie weiter voran, indem er wild entschlossen vorausmarschierte und dabei oft kaum darauf wartete, dass die anderen zu ihm aufschlossen. Und es war still, so still, dass Mark sein eigenes Herz schlagen hörte.
    Ohne Vorwarnung blieb Benedicta plötzlich stehen.
    »Was ist?«, wollte Laud wissen.
    Ben sah die anderen an. In dem matten Licht wirkte sie verwirrt, jedoch nicht verängstigt. »Es ist wahrscheinlich nichts, aber … unsere Schritte verursachen überhaupt kein Geräusch«, sagte sie.
    Mark starrte sie an. Natürlich, jetzt, da sie es sagte, fiel es ihm auch auf. Er betrachtete den Fels des Stollens. Er war schwarz und dicht und von einer Art, wie Mark es noch nie gesehen hatte.
    »Dieser Fels fühlt sich normal an«, sagte Ben, nachdem sie die Wände berührt hatte, »aber hört nur.« Sie stieß den Rand ihrer Laterne gegen den schwarzen Fels. Genauer gesagt sahen sie, dass sie es tat, doch der Zusammenstoß verursachte keinerlei Geräusch.
    »Seltsam«, murmelte Laud. »Leuchtende Kristalle, schallschluckende Felsen. Glaubt ihr, es ist jetzt an der Zeit, dass die Monster auftauchen?«
    Wie auf ein Stichwort war plötzlich ein Krächzen zu vernehmen. Laud wirbelte herum und schwang seine Laterne wie eine Waffe, doch Ben war schneller und fiel ihm in den Arm.
    »Das ist bloß Verso«, flüsterte sie, während den alten Mann erneut ein Hustenanfall schüttelte. Ben eilte zu Verso hinüber und klopfte ihm sanft auf den Rücken.
    Mark beäugte Lauds Laterne. »Glauben Sie, die wäre bei einem Kampf von Nutzen?«, fragte er.
    Laud zuckte mit den Schultern. »Nicht wirklich«, räumte er ein. »Brennendes Lampenöl dürfte zwar nicht gerade angenehm sein, aber ich würde mir wünschen, ich hätte etwas dabei, was ein wenig bedrohlicher wäre.« Er schaute tiefer in den Stollen hinein. »Ich dachte, ich hätte da vorhin etwas gehört. Sollen wir es auskundschaften?«
    Mark blickte zu Benedicta zurück, die Verso geholfen hatte, sich mit dem Rücken gegen die Wand hinzusetzen.
    »Ich finde, Ben sollte nicht bei Verso bleiben«, murmelte Mark.
    Laud zog die Brauen hoch. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der alte Mann eine besondere Gefahr darstellen könnte. Ben hat es schon mit wesentlich schlimmeren Bedrohungen zu tun gehabt als mit einem Achtzigjährigen, der kaum stehen kann.«
    Mark schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Ich möchte ihm ein paar Fragen stellen. Ich glaube, er wollte mir während des Abstiegs etwas erzählen.« Mark hob bewusst die Stimme, damit Ben ihn hören konnte. »Dann wäre das also entschieden, du und Ben, ihr geht vor. Ich bleibe bei Verso, bis er wieder zu Kräften gekommen ist.«
    Laud musterte den alten Mann neugierig, hatte jedoch nichts einzuwenden. »Komm, Ben«, sagte er. »Weit kann es nicht mehr sein.«
    »Dir ist aber schon klar, dass wir nun, wo du es gesagt hast, bestimmt stundenlang gehen werden«, witzelte Ben, ohne eine Miene zu verziehen, während sie sich zu ihrem Bruder gesellte.
    »Sarkasmus steht dir nicht, liebe Schwester …«
    »Tja, ich vermute, er liegt in der Familie …«
    Ihre Stimmen verklangen in dem Stollen rascher als gewöhnlich, was wahrscheinlich an dem schwarzen Felsgestein lag.
    Mark setzte sich neben den alten Diener. Verso keuchte immer noch heftig, und er rieb sich fortwährend mit den behandschuhten Händen die Handgelenke. Der alte Mann wandte sich Mark zu, mied jedoch seinen Blick.
    »Wünschen Sie etwas, Sir?«, fragte er.
    »Antworten wären schön«, gab Mark zu. »Hören Sie, ich weiß es zu schätzen, dass Sie uns hier heruntergeführt haben, wirklich, aber trauen kann ich Ihnen nicht. Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass Sie unser Misstrauen redlich verdient haben.«
    Verso runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann, Sir …«
    »Sie

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