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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Land der Toten schicken, und mein Sohn würde ebenso vaterlos aufwachsen wie ich. Aber zumindest würde dieses Kind Maggie haben, die sich besser um ihn kümmern würde, als sich Tante Jo um mich gekümmert hatte.
    Maggie, folge mir nicht weiter. Ich bin es nicht wert.
    Zu meinen Füßen schnarchte Tom auf seinem dicken Teppich. Ich rollte noch einen aus, einen dichten, weichen Wollteppich mit Blumenmuster, und streckte mich neben ihm aus. Ich fühlte mich vollständig erschöpft und nahm an, dass ich nicht würde schlafen können. Ich hatte unrecht. In zwei Minuten war ich eingeschlafen, und in drei Minuten kam der Traum. Aber diesmal war er anders.
    Nicht von Anfang an. Er begann wie immer. Ein flaches Hochlandmoor mit einem runden Steinhaus. In meinem Mund der Geschmack nach gebratenem Fleisch, saftig und fettig. In den Schatten jenseits meiner Fackel spüre ich Dinge, die man nicht sehen kann. Nicht menschliche Dinge, Dinge, denen ich in diesem Land und in jenem anderen jenseits des Grabes niemals begegnet bin. Unter ihnen ist die Gestalt einer Frau, und die Stimme, die aus dem Dunkel zu mir dringt, ist eine Frauenstimme, und ich kann das Glitzern einer juwelenbesetzten Krone sehen: »Roger. Hisaf .«
    »Aber du bist tot.«
    »Tot seit elf Jahren«, sagt sie und lässt das Lachen erklingen, bei dem mir die Knochen schaudern.
    Bisher hatte der Traum dort immer geendet. Aber nun tritt meine Schwester aus dem Nebel, und ich sehe sie zum ersten Mal. Sie ist keine Frau, sondern ein Mädchen, wenn auch groß. Sie trägt ein einfaches lavendelblaues Kleid wie meine Mutter, aber ohne das Blut auf dem Rock. Ihre Augen sind die meiner Mutter, dunkelbraun, auch wenn die Augen meiner Schwester offen sind, wie es die meiner Mutter nie wieder sein werden. Jene Augen blicken wild; sie blicken wahnsinnig. Und sie spricht mich unmittelbar an, als würde ich den Traum neben ihr bewohnen.
    »Du wirst keinen Erfolg haben, Roger. Auch sie nicht. Ich bin die Königin dieses Reiches, und welche Königin gibt willentlich ihren Thron auf? Eleanor hat es nicht getan, Caroline hat es nicht getan, Stephanie tut es nicht. Aber jetzt sind alle drei mein. So wie auch du es sein wirst.« Und wieder das Lachen, bei dem mir die Knochen schaudern.
    Ich wachte schreiend auf. Tom schnarchte erstaunlicherweise weiter, und wenn jeder im Palast vor drei Jahren so fest geschlafen hätte, sodass niemand mich im Schlaf hätte sprechen hören, wäre ich jetzt nicht hier. Hier in diesem Treck, der sich in ein unbekanntes Land aufmachte, wo ich auf eine Rettung wartete, an die ich nicht glaubte, und von einem Phantom in einem Reich bedroht wurde, von dem mein Vater behauptete, dass ich den Pfad dorthin betreten durfte, und Mutter Chilton behauptete, ich dürfte es nicht.
    Und ich war nicht dorthin gegangen. Meine Schwester war zu mir gekommen. Sie hatte den Schlaf benutzt, diesen kleinen Tod, um den Pfad in meinen Verstand zu betreten, da sie es körperlich nicht zuwege brachte. Sie hatte unmittelbar zu mir gesprochen. »Alle drei sind mein.«
    Königin Eleanor, Königin Caroline– sie waren beide tot, ich hatte sie beide dort gesehen, im Land der Toten, ruhig und unwissend. Aber die kleine Prinzessin lebte, wurde von ihrem Bräutigam in einem der Wohnwagen entführt, die neben meinem herfuhren. Stephanie war nicht tot. Auf welche Weise gehörte sie also meiner verrückten Halbschwester?
    »So wie auch du es sein wirst.«
    Es dauerte lange, bis ich wieder einschlafen konnte. Als es so weit war, musste ich die ganze Nacht durchgeschlafen haben.
    Blasses Licht fiel durch einen Spalt zwischen den gelben Vorhängen, und als ich sie zur Seite schob, ging gerade die Sonne auf. Wir hatten angehalten. Neben den Wohnwagen brannten Kochfeuer, über die sich emsig Leute aus dem Königinnenreich beugten. Waren sie Gefangene, Sklaven, Deserteure, Verräter, die den Wilden Gefolgschaft geschworen hatten? Ich hatte keine Ahnung.
    Tom regte sich und wachte auf. »Verdammt, bin ich hungrig! Aber zunächst: Wo ist der Pisspott?«
    Ich hatte ihn letzten Abend gefunden, hinter einem der zusammengerollten Teppiche. Ehe er benutzt werden konnte, öffnete sich die Tür des Wagens. Ein junger Wilder stand dort. Er sagte etwas Unverständliches und bedeutete mir, nach draußen zu kommen.
    »Lass mich vorgehen«, sagte Tom, »falls du dich verteidigen musst.«
    Ohne auf ihn zu hören, stieg ich die eine Stufe hinab. Tom fluchte und folgte mir. Man führte uns zu einer einwandfrei

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