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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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hinausgehen… Ja, wir müssen ein Stück gehen! Wir müssen gehen!«
    Langsam drehte der Wilde den Kopf, um mich anzublicken, und sowohl Farbe als auch düstere Miene waren wieder da. Er zeigte auf mich: »Ven.« Auf Tom: »Nel, ven.« Jee beachtete er nicht. Dann sprang er die Stufe hinab und bedeutete Tom und mir, ihm zu folgen.
    Offenbar war Bitten alles, was ich tun musste.
    Noch verblüffter als sonst stieg ich die Stufen hinab, gefolgt von einem eifrigen Tom. Wir gingen hinter dem Wagen her, dessen Tür weit aufstand, und der Wächter lief hinter uns. Drinnen untersuchte Jee das Essen in dem Korb.
    »Nun, das ist doch viel besser«, sagte Tom. »Da drin ist es eng geworden. Jee muss sowieso schlafen– die kleine Kröte ist bestimmt die ganze Nacht wach gewesen. Wo hast du ihre Sprache gelernt, Peter?«
    Am Hof, als Königin Carolines Narr. Aber Tom wusste nichts über diesen Teil meines Lebens, also antwortete ich nicht und gab stattdessen vor, wegen des Staubs würgen zu müssen, der von dem Treck aufgewirbelt wurde.
    »Ich werde dir etwas Bier holen!«, sagte Tom und sprang zurück in den Wagen. Er hüpfte mit zwei geöffneten Weinflaschen zurück nach draußen. »Kein Bier, kein Glück, aber das geht auch– hier.«
    Wir nippten am Wein, während wir hinter dem Wagen hertrotteten. Bald hatte ich genug Bewegung gehabt und stieg zurück nach drinnen. Jee schlief in einer Ecke. Tom und der Wächter, die gleichermaßen unermüdlich waren, trabten noch stundenlang weiter. Ich saß drinnen, allein mit meinen Gedanken, die ganz und gar aus Fragen, Fragen und Fragen bestanden.
    Die nächsten drei Tage verliefen in gleicher Weise. Tom und ich schliefen; wir gingen unter akribischer Bewachung hinter dem Wagen her; wir bekamen zu essen. Stets fühlte ich, wie sich der Hass der Armee der Wilden auf uns richtete. Jee blieb anfangs drinnen, bis er erkannte, dass ihn niemand aufhalten würde, wenn er den Wagen verließ, und auch nicht, wenn er wieder hineinwollte. Keiner der Soldaten schaute Jee unmittelbar an. Sie schienen vorzugeben, dass er nicht existierte, was weder Tom noch ich verstanden. »Der schmutzige kleine Bettler kann sich frei bewegen«, murrte Tom. »Man möchte glauben, er ist eine Laus oder ein Kauz oder eine Maus.« Er lachte, von seiner eigenen Reimfähigkeit erfreut.
    Am vierten Tag griffen Dorfleute den Treck an.
    Wir hatten in der vorigen Nacht am Nordufer eines Flusses angehalten, zweifellos ein Zufluss des Thymar. Den ganzen Tag lang war das Land angestiegen, während die weite Ebene im Mittelpunkt des Königinnenreichs langsam dem Vorgebirge gewichen war, das beizeiten auf die gleiche Weise den steilen Westlichen Bergen weichen würde. Die breite Straße wurde schmaler, weniger befahren, felsiger. Die Kälte der Nächte wurde stechender; es war bereits der Monat Styln. Nachts schob Tom, der immer ruhelos war, wenn man ihn einsperrte, den Vorhang zur Seite, und ein riesiger Herbstmond schien gelb durch das vergitterte Fenster. Unser Wächter, der den Blick von Jee abwandte, brachte uns zwei dicke Fellumhänge, wärmer als alles, was wir bei uns hatten.
    Aber die Nachmittage waren noch warm. Tom und ich gingen hinter dem Wagen her, der langsamer geworden war, da die Pferde ein steiles, felsiges Stück der Straße zu bewältigen hatten. Jee schlief drinnen. Hinter Feldern mit goldenem Heu lag ein Dorf, Rauch stieg aus den Kaminen der Hütten auf. Ein dichter Hain aus Eiche, Birke und Lorbeer warf lange Schatten über die Straße. Tom fing an, kleine Kreise zu laufen, was den Wächter dazu brachte, die Stirn zu runzeln und sein Gewehr zu heben.
    »Ich gehe nirgendwo hin, du felliger Bastard«, sagte Tom. »Verdammt, dieser Pisspott ist heute nervös, Peter. Ich wünschte, ich könnte einfach laufen und laufen und laufen, aber dann würde er… Was war das?«
    Ein Ruf, ein Schrei. Männer brachen aus dem Wald hervor.
    »Es sind die Rebellen!«, schrie Tom.
    Es ist die Rettung, dachte ich. Mein Vater …
    Es war weder das eine noch das andere. Die Männer stürmten vor, Bauern, die mit Mistgabeln und Knüppeln und alten, von ihren Vorfahren geerbten Schwertern bewaffnet waren. »Unsere Prinzessin!«, schrie ein alter Mann. »Gebt uns unsere Prinzessin!«
    »Nein«, rief ich. »Nicht! Sie werden schießen!«
    »Haflug! Haflug!«, sagte der Wächter, der mich auf den Wagen zuschob. »Hinein!«
    »Kommt nicht näher«, rief ich den Bauern zu. Der Blick des alten Mannes wandte sich zu mir. Ich sah ihm in

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