Das Leben dahinter (German Edition)
Martin ist das egal, glaub ich. Weißt du, zuhause wartet zwar eigentlich noch eine ganze Menge Arbeit auf mich, aber ich finde, nach dieser ganzen Hetzerei, haben wir uns auch mal die Auszeit verdient.“
„Stimmt.“
„Schade eigentlich, dass wir hier keinen Netzzugang haben“, setzte Cheung nach. „Ich würd gern mal wissen, ob die noch nach uns suchen. Deine Tochter würde es bestimmt herauskriegen, oder?“
„Mit Sicherheit. Sie ist wirklich clever.“
„Also nicht wie ihr Vater, hm?“, flachste Cheung.
„Hey! Ich bin vielleicht planlos, aber nicht dämlich!“ Miles fand das gar nicht witzig. „Sie ist eben nur besser im Netz unterwegs.“
„‘tschuldige“, sagte Cheung. „War nicht so gemeint. Ich weiß, dass du eine ganze Menge auf dem Kasten hast. Du bist schließlich noch Dozent geworden. Großes Lob übrigens dafür! Aber verwirrt warst du wirklich schon immer.“
E r blickte Miles schwelgend an und grinste leicht.
„Ich weiß noch damals, deine legendäre Aktion mit den Sublitoren.“
Miles wusste zuerst nicht, wovon Cheung sprach, und sah ihn fragend an.
„Na, als du dermaßen verplant warst, dass du in die Container mit der Beschriftung `Sublitoren´ nicht den üblichen Schnaps für die Arbeiter eingepackt hattest, sondern wirklich nur Sublitoren und wir dann zum ersten Mal geprüft worden sind. Du warst dermaßen in Panik, weil du dachtest, wir hätten wirklich Schmuggelschnaps dabei.“
Miles fiel es wieder ein und musste lachen.
„Ich erinnere mich noch“, sagte er. „an den Gesichtsausdruck des Kontrolleurs, als er festgestellt hat: `Da sind ja wirklich nur Sublitoren drin´.“
Er hatte den Kontrolleur mit einer verwunderten, tiefen, dummen Stimme nachgeahmt. Er lachte jetzt schallend auf und musste sich sogar eine Träne wegwischen.
„ Du warst aber ungefähr genauso überrascht wie er“, gab Cheung ebenfalls lachend zurück. „Wir hätten das Zeug übrigens weiter schmuggeln sollen, danach haben die uns ja auch nie wieder kontrolliert.“
„`Da sind ja wirklich nur Sublitoren drin´“, wiederholte Miles noch übertriebener und hielt sich den Bauch.
„Was ist denn hier los?“ Onkel Martin – dieser alte Mann mit langem, schneeweißem Haar und dicker Brille – war unbemerkt hereingekommen, vermutlich angelockt durch das laute Gelächter.
„Alte Geschichten, Onkel Martin“, gluckste Miles. „Nur alte Geschichten.“
Martin hatte bei ihrer Anreise , während des Händeschüttelns, verlangt ihn Onkel Martin zu nennen. Er sagte, er mochte diesen Klang so gern. Außerdem hatte Miles leicht erkennen können, dass Martin seine Nichte unglaublich gern hatte und dass es ihm das Herz brach, sie so selten sprechen zu können. Der Name Onkel Martin hatte sich daher ganz schnell und natürlich eingebürgert.
„Ihr könnt sie mir ja mal irgendwann erzählen“, antwortete Onkel Martin. „Aber nicht jetzt.“
Er trat einen ganz langsamen Schritt auf sie zu und blickte sie mit gespielter Strenge durch seine Brillengläser an. „Jetzt könnt ihr Beide erst einmal für mich die Lebensmittel entgegennehmen, die gleich am Port ankommen müssten.“
Der alte Mann war nicht mehr allzu gut zu Fuß, darum sprangen Miles und Cheung sofort auf. Es tat gut, sich für Onkel Martin nützlich machen zu können, wenn sie ihn schon mit ihrem Besuch überfallen hatten.
„Und lasst euch nicht von der Organisation erwischen!“ , witzelte Onkel Martin.
„Keine Sorge“, kicherte Miles. „Wir haben unsere Tarnkappen dabei.“
Natürlich war es nur der Standardscherz von Martin, dieser winzige Felsbrocken war kaum irgendwo verzeichnet und der PRO gänzlich unbekannt. Die würden hier nie auftauchen!
Miles ging mit Cheung nach draußen. Die Kuppel ließ einen Blick auf die Sterne und mehrere benachbarte Asteroiden zu, die Kanaan durch ein starkes Magnetfeld vom Leib gehalten wurden. Das Domizil, aus dem sie kamen, hatte eine dunkle Holzverkleidung und war im Stil eines amerikanischen Landhauses aus der irdischen Geschichte gestaltet. Es wirkte irgendwie unpassend, dass dieses Ding auf einem Himmelskörper mit knapp dreihundert Kilometern Durchmesser stand, aber irgendwie fand Miles es trotzdem charmant.
Die Gravitationsfeldgeneratoren waren unter der gesamten Kuppel verteilt, sodass sie sich auch draußen normal bewegen konnten. Um auf Dauer nicht völlig rammdösig zu werden, konnte Onkel Martin in die Innenseite der Kuppel sogar einen planetaren Himmel
Weitere Kostenlose Bücher