Das Leben dahinter (German Edition)
einen der alten Filme schauen. Martin hatte eine beachtliche Sammlung von allerlei kinematographischen Meisterleistungen und Fehltritten aus diesem Ort namens Hollywood im Repertoire.
Besonders die Science Fiction-Filme hatten es Miles angetan. Es war recht interessant, wie sich die Menschen den Fortschritt vorgestellt hatten. Meist kamen sie aber dabei besser weg, als es die Zeit tatsächlich bewiesen hatte, waren ein idealistischer Haufen, der die Ziele niemals hinterfragte. Alles zum Wohle der Menschheit. Und wenn dabei ein paar schleimige Außerirdische über die Klinge springen mussten, umso besser! Die hatten es ja nicht anders verdient. Im Augenblick schienen ihm die Menschen jedoch viel eher die Bösen zu sein, es gab ja keine extraterrestrischen Unterdrücker. Menschen unterdrückten sich nur gegenseitig und hatten nur wieder einmal das Ziel der unkontrollierten Vermehrung auf Kosten von Ressourcen, die eigentlich nicht für sie bestimmt schienen.
Ein Untergenre der Science Fiction, das Miles irgendwie … niedlich fand, waren Filme über Zeitreisen! Eine naiv romantische Vorstellung der damaligen Schreiberlinge, doch leider hatten Temporalphysiker dieser Idee heutzutage durchaus schlüssig einen Riegel vorschieben müssen.
Reisen in die Zukunft waren ja grundsätzlich kein Problem. Jeder tat es ständig , das ganze Universum befand sich auf einer dauerhaften Reise in die Zukunft. Und diesen Vorgang zu beschleunigen war lediglich eine Frage der Technik. Was eine Zeitreise für die Menschen früherer Generationen jedoch offenbar tatsächlich meinte, war der Wunsch, einen Abstecher machen zu können und danach wieder heimzukehren – gelegentlich mit einigen netten, kleinen, hilfreichen Veränderungen in der Zeitlinie. Das verlangte aber immer eine wie auch immer geartete Reise in die Vergangenheit. Nur war diese so nicht möglich.
Physik folgt schon immer der Mathematik und das ganze Universum folgt der Physik , schoss es ihm durch den Kopf.
Und die Mathematik der früher sogenannten vierten Dimension – der Zeit – sagte inzwischen aus, dass ein Kurzurlaub in der Vergangenheit die Verlagerung in ein eigenes Kausalmultiversum bedeuten musste. Man würde niemals in das eigene zurückkehren können, denn bereits die Anwesenheit eines einzelnen umstandsfremden Partikels würde die Gesamtkonstruktion, nämlich das Gewebe der Raumzeit, des Subraums und der gesamten heimischen Brane, verändern und ein anderes Multiversum erwarten, das den Zeitreisenden bereits beinhaltete. Die Vielschichtigkeit der Realitäten konnte sich damit locker gegen die in den Filmen gefürchteten temporalen Paradoxien behaupten. Das Problem „Wenn ich meinen Vater umbringe, kann ich niemals geboren werden, um meinen Vater umzubringen“ konnte somit gar nicht erst entstehen.
Noch witziger fand Miles die Überlegung, solche Zeitreisen direkt auf einem Planeten wie der Erde vorzunehmen. Auch dies hatten sie in einigen der früheren Filme bereits aufgegriffen; jemand reist von der Erde des Heute auf die Erde der Vergangenheit. Aber woher wusste eine wie auch immer geartete Maschine, wo genau sich der Planet Erde nach auch nur einer Millisekunde befand? Fließende Relativkoordinaten im Raum waren Gift für die Idee, an der gleichen Stelle nur in einer anderen Zeit wieder zu erscheinen.
Aber wenn es eben dem Drehbuch half…
Miles stellte erneut fest, dass seine Gedanken in alle Richtungen zu streuen begannen und ermahnte sich zur Konzentration, während er sein Zimmer verließ. Er musste bald eine Entscheidung treffen, was nun mit ihnen geschehen sollte. Martins Gastfreundschaft weiterhin auszunutzen, war ihm zuwider. Aber er hatte auch keine Alternative.
Als er in den Gemeinschaftsraum trat, saß Cheung bereits auf der breiten Couch vor dem flachen Orthogon, das Fernsehgerät genannt wurde. Aufzeichnungen einer Quizshow liefen auf dem Bildschirm. Die Lautstärke hielt sich sehr in Grenzen, sodass Cheung sich zu ihm umsah, als eine Diele unter seinen Füßen knarrte.
„Ausgeschlafen?“, fragte er knapp und wendete sich dann wieder dem Quizmaster zu.
„Hat nicht geklappt… Ich konnte nicht einschlafen.“ Miles ließ sich neben Cheung auf die Couch fallen. „Ich weiß einfach nicht, wie es später weitergehen soll. Wir können doch nicht für immer hier bleiben.“
„Es sind doch erst zwei Tage“, antwortete Cheung ohne die Augen vom flackernden Bild abzu wenden. „Nach zwei Monaten würd ich mir Sorgen machen. Onkel
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