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Das Leben dahinter (German Edition)

Das Leben dahinter (German Edition)

Titel: Das Leben dahinter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Bergner
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und doch wieder vergessen hatte. Ebenso sagte ihm ein untrügliches Gefühl, dass er auch genau wissen musste, warum das alles geschah. Manchmal dachte er, er könnte die Informationen anfassen und hervorzerren, doch sie entglitten ihm immer und immer wieder. Wie ein Lied, dessen Titel ihm auf der Zunge lag. Es quälte ihn, machte ihn verrückt!
    Er konnte nicht mehr darüber nachdenken , war des Denkens müde geworden. Überdrüssig.
    Er stand auf und ging an einem hohl in den Raum blickenden Frank Pauli vorbei. Johannson nickte ihm lediglich unbemerkt zu und verließ ihr Quartier, um sich wenig später im Gang mit mehreren Dutzend Personen wiederzufinden. Einige von ihnen trugen behelfsmäßige Uniformen – recht unansehnliche Kombinationen in blau mit einfachen Rangabzeichen. Der Käpt’n hatte sich nun doch zu einer optischen Unterscheidung zwischen Zivilisten und Mannschaftsmitgliedern entschlossen, um dem Tohuwabohu der Charaktere und dem Gewimmel auf dem Schiff zumindest ein wenig Herr zu werden.
    Die Grundeinstellung auf dem Schiff war aber eigentlich insgesamt liberaler geworden. Jedermann wusste darüber Bescheid, was mit seinem Zuhause und mit seiner Familie und mit seinen Freunden geschehen war. Eine taube Stimmung lastete auf den Leuten, es war ihnen im Gesicht anzusehen, dass jeder auf der Stelle hätte losweinen können. Und auf jedem Gesicht war auch die Frage nach dem Warum zu lesen. Nur diese wollte oder konnte niemand beantworten, außer vielleicht dem letzten übriggebliebenen Führungsstab der Menschheit. Oder aber auch Johannson selbst, der sich einfach nicht mehr daran erinnerte.
    Er ging an Kindern und Erwachsenen vorbei, die ihn nicht wahrnahmen und nicht wirklich etwas mit sich anzufangen wussten. Allein die Kinder lächelten gelegentlich.
    Jetzt wird sich Lisa hier vermutlich pudelwohl fühlen, bei den vielen Menschen an Bord , dachte Johannson bitter und folgte dem Gang zum nächsten Tunnel. Inzwischen kannte er sich auf dem Schiff ziemlich gut aus, die Hilfe des Bordnetzes beanspruchte er nur noch selten.
    Er war auf dem Weg zu dieser kleinen , grünen Oase im Herzen des Schiffes. Er hoffte, dass dieser Ort noch nicht überfüllt war, doch wenn er sich umsah, schwand diese Hoffnung. Das kleine Stück Idylle war sicher nicht vor den Überlebenden gefeit geblieben. Ihm grauste bei dem Gedanken daran, dass sie sich dort gegenseitig auf die Füße traten und dass jedes Fleckchen Grün von einem organischen Brei aus Menschen überlagert wurde.
    Darum entschied sich Johannson kurzfristig um, als er den Tunnel betrat, und sagte:
    „Brücke!“
    Kurz darauf setzte er sich schwebend in Bewegung.
    Inzwischen hatte er die Berechtigung erhalten, die Brücke zu betreten. Inzwischen hatte er Domenic Jason auch etwas besser kennengelernt und ein paarmal mit ihm zu Mittag gegessen. Inzwischen war er ein Teil der kleinen Stabsfamilie auf der Argo, wenn auch nur als ferner Cousin dritten Grades. Wenn man auf der Brücke ankam, war es meist in Blickrichtung des Käpt’n und der Wachoffiziere, sodass man automatisch deren Aufmerksamkeit auf sich zog. Johannson war dies anfangs mehr als unangenehm wie ein Tier im Zoo begafft zu werden, mittlerweile sah allerdings kaum noch jemand auf, wenn er die Brücke betrat. Die einzige Person, die ihn wirklich bemerkte war Lisa Stein.
    Sie grinste und entfernte sich von ihrem Platz, als sie ihn sah.
    „Mikael“, strahlte Sie in an. „Was machen Sie denn hier?“
    Ihre ehrliche Herzlichkeit ließ ihn für eine Sekunde tatsächlich die Umstände vergessen, unter denen er hier war. Er war versucht zu sagen, dass es ihretwegen wäre, doch er besann sich.
    „Ich wollte mal schauen wie es bei euch so läuft. Mir ist im Quartier die Decke auf den Kopf gefallen.“
    Sie positionierte sich wenige Zentimeter vor ihm und schaute wieder einmal erwartungsvoll zu ihm hinauf. Sie war nur geringfügig kleiner als er.
    „Kein Problem“, sagte sie und strich über seinen Arm. „du bist hier immer willkommen.“
    Sie lächelte ihn vieldeutig an.
    Was willst du von mir , dachte er.
    Bei jeder Gelegenheit, in der sie sich getroffen hatten, war immer ein kurzer, erotisch aufgeladener Moment wie dieser entstanden. Aber sie und Jason waren doch schließlich ein Paar… Oder nicht? Oder bildete er sich ihre Zuneigung nur ein?
    Verunsichert sah er zu Käpt’n Jason herüber. Der saß in seinem Sessel und blickte bitterernst erst auf diese Anzeige, dann auf jene, doch was Stein tat,

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