Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
Vom Netzwerk:
hin: „I walk alone , I walk alone !“ - eines meiner Lieblingslieder von Greenday — und ein grüner Tag war es wirklich heute!
    Plötzlich
sah ich vor mir zwei bekannte Silhouetten laufen. Die eine etwas größer und
schlanker mit dunklem, breitkrempigem Hut, die andere etwas gedrungen mit
breiten Hüften, immer einen Schritt dahinter. Das sah doch aus wie das
Kemptener Ehepaar! Auf mein fröhliches „Guten Morgen!“ schauten sich die beiden
freudig überrascht um. „Na, das ist ja eine Überraschung!“, sagte die Frau im
schönsten Allgäuer Dialekt. „Mir ham Sie scho geschtern allei an uns vorbeilaufe sehn, als mir auf einer Wies gsesse ham . Wo isch Ihre kanadische Freundin gblieba und wie geht’s Ihne denn so?“ Die ehrliche Freude war
gegenseitig, wir hatten uns viel zu erzählen und schließlich sagte die
kräftige, herzliche Frau: „Mir ham erseht jetze mitbekomma , dass sisch alle auf dem Jakobsweg duze. Isch bin die Chrischta und des is dr Hermann!“, und dabei reichten mir die beiden
freudestrahlend ihre Hände. Ich hatte mich schon mehrmals gefragt, warum diese
netten Leute mich immer siezten, und freute mich sehr, dass wir nun als drei der
wenigen, die zusammen in St.-Jean-Pied-de-Port den Weg begonnen hatten, echte
Pilgerbrüder waren. Da die beiden die Gemeindeherbergen mieden und fast immer
in Privatherbergen oder Hotels übernachteten, hatten sie doch etwas weniger
Kontakt zu anderen Pilgern. Nachdem wir ein Stück zusammen gelaufen waren,
verabredeten wir uns in Santiago, um zusammen unser großes Erlebnis zu feiern,
und dann ging erst einmal jeder wieder seinen eigenen Weg. Buen camino...
    Sarrià war ein hübsches kleines
Städtchen, das auf einem Berg lag, und ich fand eine Apotheke, eine Bank und
einen Supermarkt. Nun hatte ich alles, was ich vermeinte zu brauchen, und
konnte mir in aller Ruhe die alte Kirche ansehen. In der Innenstadt mit den
vielen kleinen Gässchen und sehr viel Leben darin sprachen mich plötzlich
einige Leute wegen Übernachtung an. Das hatte ich bisher kaum erlebt. Ich
denke, dass es im Sommer bestimmt schwieriger ist, Übernachtungen entlang des
Pilgerweges zu finden, besonders da hier die berühmten letzten hundert Kilometer
beginnen. Ich war schon gespannt, ob sich der Pilgerstrom ab jetzt deutlich
verdichten würde, aber vor allem spürte ich eine tiefe innere Freude in mir,
dass ich bald mein selbst gestecktes Ziel erreichen würde. Sarrià selbst erschien mir sehr einladend, aber ich wollte noch etwas weiter laufen
und so ließ ich nach einer kurzen Rast den Ort hinter mir. Bald darauf befand
ich mich wieder in der grünenden und blühenden Frühlingslandschaft, die immer
schöner wurde. Der Weg wurde zu einem angenehmen Pfad, der an einer alten
Bahnlinie entlang führte, später ging es durch einen dichten Märchenwald mit
alten, knorrigen Eichen, durch den sich ein Bach schlängelte. Plötzlich lehnte
an einem solchen alten Baum mitten im Wald ein Fahrrad, und als ich mich suchend
umblickte, lachte mich ein junges Mädchen von oben an. Sie hatte es sich in dem
breiten Baumgeäst bequem gemacht. „Oh, hello , how are you ?“,
fragte ich überrascht und sie antwortete: „ Thank you , I’m fine , and how are you ?“
    Sie
hatte sich ohne Zweifel einen wunderschönen Rastplatz ausgesucht, denn hier
hörte man neben dem vielstimmigen Vogelzwitschern nur noch das Rauschen des
Baches und konnte außerdem ungestört den sich sanft hinauf windenden Pfad
überblicken. Nun ging es ständig bergab und bergauf, aber es war nicht zu
anstrengend, da der Boden schön weich war. Nach dem Wald folgten Felder, die
schon mannshohes Getreide trugen. Es schien, als ob jeder Tag der sprießenden
Natur nun einen Wachstumsschub bringen würde. Die Sonne schien, alles duftete,
summte und zwitscherte und dann ließ ich mich erst einmal mitten in eine Wiese
fallen, weil es einfach so schön war...
    Als
ich am Nachmittag in meinem Zielort Barbadelo/Rente ankam, empfingen mich
Elisabeth und Maria schon freudig. Gerold war noch unterwegs, aber die beiden
hatten ihm schon ein Zimmer reserviert. Dieses alte herrschaftliche Bauernhaus
aus grauen Granitsteinen, mit grünen Fensterläden inmitten eines großen Gartens
und mehrerer Nebengebäude machte seinem Ruf alle Ehre. Die Familie war
ausgesprochen freundlich, die Zweibettzimmer sehr sauber und gemütlich mit
alten großen Bauernmöbeln, dunklen Holzdielen und bunten Teppichläufern
ausgestattet. Selbst auf den Fluren standen

Weitere Kostenlose Bücher