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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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ich unser Zuhause
wiedersehen würde...
    Mir
war bewusst, dass es ein großes Glück ist, einen solchen Mann zu haben, der
volles Vertrauen zu mir hatte und der immer da war, wenn ich ihn brauchte. Bei
diesem Gedanken fiel mir ein, dass er auch jedes Mal bei mir war, als ich das
Bewusstsein verloren hatte. Alle drei Mal! War das nun Zufall, Glück oder ein
Zeichen?
    Wir
beide hatten schon so viele Schicksalsschläge und schwere Zeiten zusammen
überstanden, aber wir hatten auch noch viel mehr Freude und Glück erleben
dürfen. Ich hatte allen Grund zur Dankbarkeit. Wenn Vertrauen und Achtung
zwischen zwei Menschen stehen, halbiert sich das Leid und verdoppelt sich das
Glück. Ist es nicht so? Warum war ich dann überhaupt so unzufrieden, in der
letzten Zeit manchmal sogar unglücklich? Machte ich mir vielleicht nur alles
selbst kompliziert? Würde ich überhaupt noch Antworten auf meine vielen Fragen
in diesen letzten Tagen auf dem Weg bekommen? Oder war der ganze Weg etwa nur
eine Flucht, eine Flucht vor mir selbst? Nach dem schönen Gespräch mit meinem
Mann durfte ich nun nicht mehr an mir selbst zweifeln, sonst machte ich wohl
etwas falsch. Mein Mann hatte Vertrauen zu mir, also musste ich auch selbst
Vertrauen zu mir haben. Vertrauen und Mut; das waren doch die Zauberworte des
Weges für mich. Damit ließ ich das gute Gefühl in mir gegen die Selbstzweifel
siegen und schon öffnete sich mir eine neue Tür! Ein Computerplatz war gerade
frei geworden! Heute war doch Sonntag, der 13. Mai (und Muttertag!), und nun
würde ich noch einmal das Internet nutzen und sehen, wer an mich gedacht hatte!
    Meine
Söhne hatten doch tatsächlich jeder eine schöne Mail geschickt. Benjamin hatte
sogar seine Vorstellung von mir als Pilger auf dem Jakobsweg in kleine Reime
verfasst, was mich sehr rührte. Auch mein Mann hatte mir schon vor ein paar
Tagen geschrieben, wie sehr er mich vermissen würde und wie stolz er auf mich
war. Nun durfte ich wirklich nicht mehr traurig sein. Ich schrieb noch ein paar
Mails und dann ging ich in den großen Schlafsaal, der schon dunkel war, kroch
in meinen Schlafsack und dachte mit Dankbarkeit an meine Lieben zu Hause. War
es nicht schon wieder wie ein kleines Wunder, dass ich gerade am Muttertag in
dieser Herberge gelandet war, wo man telefonieren und
mailen konnte? Schließlich war das auf dem Camino wirklich nicht
selbstverständlich!
    Am
frühen Morgen weckte mich starker Regen, der an die riesigen Milchglasfenster
trommelte. Erstaunt stellte ich fest, dass ich mich wohl langsam an die
Schnarcher gewöhnt haben musste, denn ich hatte gut geschlafen. Trotz des
Regens machten sich die ersten Pilger bereits wieder reisefertig, während ich
mich noch einmal gemütlich auf die andere Seite drehte. Es war noch stockdunkel
draußen und ich hätte bestimmt keine Lust gehabt, bei dem Regen so früh
loszugehen. Aber so hatte eben jeder seine eigenen Vorstellungen vom Pilgern
und das war auch gut so.
    Als
es hell wurde, packte auch ich meine Sachen, aber bevor es losging, wollte ich
mir noch ein kleines Frühstück mit „herrlichem“ Automatenkaffee im Speiseraum
gönnen. Aghi saß schon am Tisch und winkte mich zu
sich. Wie echte Pilgerbrüder teilten wir Weintrauben, Brot, Käse und Joghurt.
War das nicht ein schöner Tagesbeginn? Plötzlich rief jemand aus nächster Nähe:
„ Hello , Conny, nice to see you !“
Erstaunt blickte ich in ein strahlendes Gesicht mit blauen Augen und blonden,
halblangen Haaren, das mir irgendwie bekannt vorkam. „Sorry, I don’t know ...?“, überlegte ich.
„Roncesvalles, I’m Debbie, don’t you remember me ?“, lächelte die Blonde und nun fiel es mir wie Schuppen
von den Augen. Debbie war die Kanadierin, mit der ich als einer der Ersten in
der Klosterherberge von Roncesvalles Bekanntschaft gemacht hatte. Sie hatte mir
damals ein Haargummi geschenkt, weil ich meins nicht gefunden hatte. Danach
waren wir zusammen zum Abendessen an dem schönen runden Tisch mit
internationaler Besetzung gewesen! Auf einmal fiel mir alles wieder ein; der
alte, ständig lächelnde Belgier mit dem Riesenrucksack, die kräftige Mary aus
San Francisco, die in eine deutsche Bäckerei einheiraten wollte, der junge,
zurückhaltende Italiener neben mir, die zwei hoch gewachsenen Norweger, die
immer schwatzenden Franzosen und Martin! Mein Sohn war damals auch noch dabei!
    Wie
lange das schon her war; eine halbe Ewigkeit, und trotzdem hatte ich nun die
Bilder wieder klar vor Augen. Mit

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