Das Leben ist ein Kitschroman
habe heute Nacht ewig mit Susanne geskypt und bin alles andere als aufnahmefähig.«
»Pass auf, es geht um unseren ersten Rich & Famousvertrag«, sagte ich. »Ich habe eine Menge Ideen für einen Fortsetzungsroman, in dem die Heldin sich in einen unbekannten Schönling verliebt hat. Außerdem kocht sie leidenschaftlich gerne, und zu jeder Folge wird das Rezept zu dem Gericht, das sie zubereitet hat, mitgeliefert. Was meinst du?«
Andrea gähnte herzhaft. »Das steht und fällt mit der Story«, sagte er. »Wenn die Redaktion die Geschichte überzeugend findet, könnte ich mir vorstellen, dass sie den Rest auch akzeptieren.«
»Dann müssen wir eben ein Wahnsinnsexposé zusammenbasteln!« Ich steckte mir den letzten Bissen Toast in den Mund. »Aber dazu brauche ich deine Hilfe!«
»Hast du schon erste Ideen?«
Ich klopfte mit dem Kugelschreiber auf die vollgeschriebenen Seiten vor mir. »Die Ich-Erzählerin hat gerade die Zutaten für ein tolles Essen eingekauft.« Ich grinste Andrea an. »Ich hatte da an eine Lende in Blätterteig gedacht. Und an der Kasse steht ein ganz toller Typ hinter ihr. Um mit ihm ins Gespräch zu kommen, lässt sie etwas fallen, und siehe da, es funktioniert. Sie unterhalten sich ein paar Takte, die Protagonistin ist mittlerweile Feuer und Flamme und findet den Kerl zum Anbeißen. Es ist ihr klar, dass sie ihn vielleicht nie wiedersieht und beschließt daher, ihm unauffällig zu folgen.«
»Und dann?«
»Das klappt anfangs prima, doch dann verschwindet der Schönling durch den Hintereingang in ein Eroscenter.«
Andrea begann zu lachen. »Das kommt mir irgendwie bekannt vor! Und wie geht es dann weiter?«
»Wenn ich das wüsste«, sagte ich. »Aber mit deiner und Inekes Hilfe wird da bestimmt eine tolle Geschichte draus.«
»Schon möglich«, murmelte Andrea. »Aber jetzt lass mir erst Zeit, unter der Dusche richtig wach zu werden.«
Während Andrea sich im Bad vergnügte, deckte ich den Frühstückstisch und plapperte zur Abwechslung Dr. Oetker die Ohren voll. Er reagierte nicht sehr begeistert, sondern stellte sich laut maunzend vor seinen Napf und forderte ebenfalls Frühstück.
»Weißt du, ich habe vor Kurzem einen ganz irren Fantasyroman über Engel gelesen«, sagte ich, während ich ihm frisches Trockenfutter gab. »Da kam ein Kater namens Popcorn drin vor, der einem Rede und Antwort stand. Schade, dass das bei dir nicht der Fall ist. Dann könntest du dich unten mal im Puff umhören und mir ein paar Infos über diesen hübschen Knaben zukommen lassen.«
Während ich ihm das alles erzählte, hatte ich auch schon die Lösung: Ich würde ganz einfach selber ins Eroscenter gehen, mich als Romanautorin outen und fragen, ob ich im Rahmen meiner Recherche über Callboys ein paar Fragen stellen könnte.
»So mach ich's!« Voller Begeisterung klatschte ich in die Hände, was mir einen weiteren ungnädigen Blick von Oetker einbrachte.
»Was machst du so?« Obwohl er mittlerweile geduscht hatte, machte Andrea immer noch einen recht übernächtigten Eindruck.
»Ich werde ins Eroscenter gehen und mich nach Callboys erkundigen«, sagte ich selbstsicher. »Das ist bestimmt gut für die Story. Und vielleicht kriege ich auf diese Weise sogar ein paar Infos über Mr. Unbekannt.«
Andrea setzte sich. »Und das traust du dich, einfach so?«
Ich zuckte die Schultern. »Beim letzten Mal waren die alle sehr nett«, sagte ich. »Und mehr als rausschmeißen können sie mich auch nicht.«
»Auch wieder wahr. Und was ist mit der anderen Story? Hast du die schon weggeschickt?«
»Mist! Das habe ich vor lauter Aufregung total vergessen! Bin schon unterwegs.«
Ich schrieb noch schnell eine E-Mail und bereits eine Stunde später war die Antwort von der Redakteurin da.
Liebe Luise,
die Überarbeitung ist ganz so, wie wir uns das vorgestellt haben. Vielen Dank!
In Bezug auf eine andere Sache fall ich nun gleich mit der Tür ins Haus. Vor einiger Zeit ließen Sie mich wissen, dass Sie gerne bereit wären, mehr für uns zu schreiben. Ist das immer noch der Fall?
Es ist nämlich folgendermaßen: Eine Autorin, die uns jede Woche mit längeren Geschichten versorgt hat, fällt für unbekannte Zeit aus, und nun suchen wir händeringend jemanden, der mit dem Genre vertraut ist und diese Lücke füllen könnte. Es handelt sich um einen abgeschlossenen Roman von drei bis vier Seiten, Hätten Sie Lust und Ideen?
Ich freue mich, bald von Ihnen zu hören!
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Dagmar Melzer
PS.: Beim
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