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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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Männern habe, mache ich mir da keine Gedanken drüber.«
    Wir waren an der Kasse angekommen und stellten uns in eine der langen Schlangen.
    »Oje, heute ist Rentnertag«, seufzte Ineke. »Das haben wir auch manchmal im Laden. Das kann dauern.«
    »Dann verschwinde ich schnell noch mal aufs Klo«, sagte ich und machte mich auf den Weg zu den Kundentoiletten.
    In der Kabine neben mir ging es hoch her.
    »Tschinah-Marrie! Lass die Tür zu!«, hörte ich eine Frau rufen. »Und du, Schang-Pjähr, hörst auf, das Klopapier abzurollen!«
    Aha, das war also das dumpf-rhythmische Rumms-rumms-Geräusch an der Kabinenwand.
    »Nein, Tschinah-Marrie. Du musst jetzt noch kurz hierbleiben. Nein, Mami muss jetzt erst Pipi machen, dann gehen wir nach Hause!«
    Gina-Marie maulte vor sich hin.
    »Hör auf, Schang-Pjähr! Hör sofort auf! Mami braucht das Klopapier gleich. Nein, du sollst das nicht abrollen! Nein, wir basteln jetzt nichts!«
    Doch Jean-Pierre dachte nicht daran, seine Rumms-rumms-Beschäftigung aufzugeben, sondern machte schön gleichmäßig weiter.
    »Will aber weg!«, schrie Gina-Marie bockig, und ich hörte, wie sie am Türknauf herumrüttelte. »Will raus!«
    »Warte noch kurz, mein Schatz. Mami ist gleich fertig. Dann – hörst du jetzt endlich auf, Schang-Pjähr. Sonst wird Mami richtig böse!« Die Stimme überschlug sich leicht.
    Gina-Marie schien in der Zwischenzeit das Türverriegelungssystem geknackt zu haben.
    »Du machst jetzt auf der Stelle die Tür wieder zu, Tshinah-Marrie!«, kreischte die Frau. »Siehst du nicht, dass Mami Pipi macht?«
    Im Augenblick sah das bestimmt nicht nur Gina-Marie.
    Ich hörte lautes Rumpeln und stellte mir vor, wie Mami, mit heruntergelassener Unterhose, die Klotür wieder zu schließen versuchte.
    »Jetzt reicht's!«, schrie sie. Dann klatschte es zwei Mal kurz und beide Kinder heulten los wie Feuermelder.
    Ich verließ schleunigst die Kabine und wusste in diesem Moment ganz sicher: biologische Uhr hin oder her, in nächster Zeit würden mir keine Kinder ins Haus kommen. Und schon gar keine mit Doppelnamen!

30
    Ich beschloss, mir diesen Mann aus dem Kopf zu schlagen und mich ernsthaft um meine berufliche Zukunft zu kümmern. Ineke war auf einem Geburtstag eingeladen, Andrea traf sich mit alten Studienfreunden in der Stadt – es gab also niemand, der mich heute Abend von diesem Ziel ablenken konnte.
    Da ich wusste, dass ich mit leerem Magen nichts Vernünftiges zustande bringen würde, las ich Andreas Anweisungen durch, wie ich aus dem Rest Spaghetti von seinem Mittagessen eine wunderbare Frittata zaubern konnte.
    Es klang alles kinderleicht und ich machte mich gleich an die Arbeit: Ich mischte die kalten Nudeln in einer Schüssel mit etwas Olivenöl und öffnete eine Dose Tomaten. In einem kleinen Topf erhitzte ich etwas Olivenöl, kippte die grob zerschnittenen Tomaten hinein und gab eine Prise Zucker und etwas Salz hinzu. Während die Soße vor sich hin köchelte, legte ich schon mal Papier und Stift bereit und durchstöberte Luises Bücherschrank, auf der Suche nach einem schönen Schmöker.
    Ganz unten fand ich ein Buch von Elisabeth George mit dem Titel Wort für Wort. Genial, den Krimi kannte ich noch nicht! Begeistert nahm ich das Buch mit in die Küche und sah nach, was die Soße machte. Dort blubberte alles im grünen Bereich vor sich hin und ich setzte mich an den Esstisch.
    Erst jetzt sah ich, dass es sich bei dem Buch gar nicht um einen Krimi handelte und im ersten Moment war ich enttäuscht.
    Als ich dann aber die Inhaltsangabe überflog, wurde mir klar, dass dieses Buch für mich spannender sein dürfte als alle Thriller dieser Welt. Denn es handelte vom Schreiben. Vom Romanschreiben. Und wie man die Sache am besten anging. Schon war ich in einer anderen Welt abgetaucht und kehrte erst in die Wirklichkeit zurück, als ich roch, dass etwas angebrannte.
    Ich riss den Topf vom Herd, aber es war bereits zu spät. Die Tomatenpampe hatte sich bereits fest mit dem Topfboden vereint und ich stellte ihn in die Spüle und ließ Wasser hineinlaufen. Mist.
    Andererseits: Wozu gab es den Pizzaservice? Eben. Und zwanzig Minuten später saß ich wieder am Tisch. Eine dampfende Margherita in der Schachtel vor mir, das Buch in der linken, einen Stift in der rechten Hand.
    Gegen acht hatte ich bereits mehrere Blätter vollgekritzelt und mich selber zur Hauptfigur der Geschichte erkoren. Schließlich, so schrieb die George, sollte man seine Figuren gut kennen und ich hatte

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