Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
also müssen wir uns beschränken.«
»Das stimmt doch!«
»Die Erfahrung ist: Selbst in katholischen Gemeinden wollen nicht mehr als fünf Prozent der Leute dauernd ein schlechtes Gewissen haben.«
Sollten sie aber?
»Ich sehe das nicht moralisch, sondern pragmatisch: Aus schlechtem Gewissen entsteht kein Handeln. Da entsteht nichts.«
»Es ist doch etwas daraus entstanden: die Ökobewegung.«
»Ja, das war auch wichtig. Aber wir brauchen jetzt eine Massenbewegung. Das nutzt nichts, wenn drei Prozent Ökoutopisten ihr CO 2 auf null bringen und der Rest der Welt lacht sich kaputt darüber. Eine Massenbewegung kann man nicht erzeugen, indem man sagt: Wir diätisieren uns hier weg, damit das Klima und die nachfolgenden Generationen was davon haben.«
»Sondern?«
»Es braucht eine Politik, die motiviert und sagt: Es gibt Möglichkeiten, es kann Spaß machen, es spart auch noch, am liebsten Geld und nebenbei auch CO 2 .«
»Kann man überhaupt eine Massenbewegung hinbekommen?«
»Es ist schon eine, wenn man die gesellschaftliche Aufmerksamkeit vor fünfzehn Jahren vergleicht mit der heutigen Debattenlage. Damals musste man sich als Ökospinner bezeichnen lassen, wenn man auch nur geglaubt hat, dass man mit erneuerbarer Energie ein Industrieland versorgen kann. Das bestreitet heute niemand mehr. Heute ist es eher so, dass die Leute glauben, sie müssten sich rechtfertigen, wenn sie sich nicht ökologisch verhalten. Die handeln zwar noch nicht, aber sie rechtfertigen sich, das ist neu.«
»Das Rechtfertigen bremst aber den Klimawandel nicht.«
»Ja, es ist alles zu langsam und zu wenig, aber es gibt eine Massenbewegung. Und wenn man vom Erfolg her denkt, kann man nur den Effizienzweg beschreiten.«
»Obwohl die Lage todernst ist?«
»Suffizienz ist für mich: Man fliegt nicht mehr in den Urlaub. Da hilft es nichts, wenn man sagt: Dann radel halt auf der Schwäbischen Alb. Fakt ist: Du siehst die Seychellen nicht mehr. Du müsstest den ökologischen Imperativ gegen die massiven Wünsche der Leute durchsetzen. Das funktioniert nicht als Kampagnenbaustein. Noch nicht.«
Ich frage: »Wie soll sich das ändern?«
Er antwortet blitzschnell: »Wenn in zehn Jahren tatsächlich Knappheit beim Öl herrscht, echte Knappheit, nicht Spekulantenknappheit, dann ist die Frage: Was ist noch verantwortbar, wofür verfeuert man das Öl? Für Medikamente oder für Flugreisen – dann hat man eine andere moralische Diskussion. Dann wird man über Verzicht anders und intensiv reden.«
»Ist es dann nicht schon zu spät?«
»Die entscheidende Frage ist, wie viel unangenehmer wir es für uns als Spezies machen, wie teuer es wird und wie viel Leben das kostet. Es gibt keinen Punkt, ab dem alles furchtbar wird. Es wird halt immer schlimmer. Es gibt halt mehr Hungertote und mehr Katastrophen. Wenn wir nicht die Kraft haben, aus Selbst beschränkung auf das Verbrennen von Öl und Kohle zu verzich ten, kann man nur versuchen, den Ausstieg möglichst schnell hinzukriegen. Jedes weitere Jahr ist eine Verschlechterung.«
Ich habe gelesen, dass Palmer sich als Jugendlicher entschied, Politiker zu werden, weil er die Bekämpfung des Klimawandels als Aufgabe seiner Generation betrachtet. Was treibt ihn heute an?
»Ich will wenigstens nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sein, das ist für mein ethisches Grundverständnis und die eigene Zufriedenheit schöner.«
»Ist die Generation, von der Sie sprechen, eine neue Ökogeneration von in den 70ern Geborenen, die anders denkt und anders leben will und daher so etwas wie Klimakultur hat?«
»Ich glaube, dass es die eigentliche Ökogeneration aus den 70er-Jahren nicht noch mal gibt. Die hat sich explizit durch Ab grenzung definiert und war dadurch identifizierbar. Das fing mit dem Dresscode an. Jeder wusste: Das ist der Öko. In den 90ern folgte die Gegenbewegung, weil die immer das gleiche Schlabberzeug getragen haben.«
»Und heute?«
»Heute haben wir keine klar abgrenzbare und gegen das System gerichtete Ökobewegung. Sondern: Der Ökogedanke infiltriert alles.«
»Das ist jetzt grüne Parteipropaganda?«
»Nein, wir erleben eine allmähliche Hegemonie des ökologischen Gedankens. Aber es gibt keine Generation. Und viele wür den sich auch nicht so beschreiben, die jetzt auf einem Posten oder in einem Amt sind, obwohl sie meilenweit ökologischer sind als ihre Vorgänger.«
»Die neuen Ökos sind keine Ökos?«
»Die sind nicht nur Öko und sonst nichts. Der
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