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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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war. Und je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass kleine Männer unglaublich sexy sein konnten. Ich wählte Nathans Nummer. Als er ans Telefon ging (»Nathan Stein am Apparat«), hörte ich im Hintergrund die vertrauten Klänge des Abspanns - auch er hatte Krankenhausserie gesehen.
     

33 - Die Klebstoffausstellung
    Nathan holte mich um zehn am nächsten Morgen ab. Ich hatte versucht mir vorzustellen, in was für einem Auto er auftauchen würde, aber das Letzte, was ich erwartet hätte, war ein offener Sportwagen - ein blassblauer Morgan. Zur Begrüßung umarmte er mich. Ich ging ein wenig in die Knie, damit unsere Wangen auf der gleichen Höhe waren.
    »Mein Vater kann leider nicht mitkommen.«
    »Wir sind nur zu zweit?« Mein Herz machte einen Hüpfer.
    »Ich fürchte ja. Kannst du mich einen ganzen Tag ertragen?« (Und ob!) »Du brauchst eine wärmere Jacke.« (Ich trug bereits mein schickes graues Jackett über dem offenherzigen Oberteil.) »Und einen Schal oder so etwas. Sonst weht es dir die ganze Frisur weg.«
    Also zog ich meinen braunen Dufflecoat über, knöpfte ihn bis zum Kinn zu und band mir ein Kopftuch um.
    »Gut festhalten!«, sagte er.
    Wir schössen die Holloway Road hinauf und dann auf die Landstraße, wo mir der Wind ins Gesicht peitschte, meine Augen brannten, die Ohren klingelten. Läden. Häuser. Bäume. Zzzisch! Wir konnten uns nicht unterhalten; ich versuchte ein Gespräch anzufangen, doch meine Worte wurden einfach weggeblasen. Das Einzige, was ich tun konnte, war Nathans Hände am Lenkrad und am Schaltknüppel zu beobachten - er trug fingerlose schweinslederne Autofahrerhandschuhe -, und sein männlich-attraktives Profil, während er sich auf die Straße konzentrierte. Mit den silbermelierten Designerbartstoppeln und dem angespannten Unterkiefer wirkte er tollkühn und herausfordernd. Mit meinem angespannten Magen wirkte ich wie das Wrack, das ich war. Ich grübelte über der Frage, ob es besser wäre, sofort tot zu sein, oder den Rest meines Lebens im Rollstuhl zu verbringen.
    Peterborough tauchte ganz plötzlich aus dem Nebel über der Fenlandschaft auf, die eleganten Türme und Bögen der Kathedrale schwebten majestätisch über den Dächern der Stadt. Ich war noch nie hier gewesen. Das Messezentrum befand sich am Stadtrand in einer Art niedrigem, gesichtslosem Hangar. Der Parkplatz war so gut wie leer. Nathan parkte in der Nähe des Eingangs, stellte den Motor ab und lächelte ein Grübchenlächeln.
    »Hat es dir gefallen, Georgia?«
    Ich lächelte matt zurück. Ich schaffte es nicht, ja zu sagen, nicht einmal ihm zuliebe.
    Die Messe selbst war bei weitem nicht so aufregend wie die Fahrt. Im Grunde war das Ganze eine Ansammlung von Röhrchen und Phiolen mit Tafeln, auf denen lange technische Erklärungen standen, und Muster von geklebten Dingen aus verschiedenen Materialien - Laminat an Beton, Glas an Holz, Stahl an Stahl. Außer einem Mann in einem schwarzweißen Trainingsanzug, der sich alles ansah und Notizen machte, schienen wir die einzigen Besucher zu sein. Unsere Schritte klapperten in den hallenden Ausstellungsräumen. Naja, was hatte ich erwartet?
    Das Spannendste war ein Auto, ein alter Jaguar, der mit dem Dach an eine Metallplatte geklebt war, die an einer Kette von der Decke baumelte - er hing in der Luft und drehte sich langsam, wenn man ihn anschubste, gehalten allein durch die Kraft des Klebstoffs.
    »Wow! Das ist unglaublich!«
    »Ja, daran muss ich denken, wenn ich das nächste Mal meinen Wagen aufhängen will«, sagte Nathan.
    Plötzlich kam mir ein Gedanke. »Nathan, meinst du, man könnte Klebstoff benutzen, um, sagen wir, einen Zahnbürstenhalter an die Badezimmerkacheln zu kleben?«
    »Natürlich. Es gibt eine ganze Reihe von Spezialklebern. Man erkennt sie daran, dass im Namen des Klebers das Wort >Nails< vorkommt - weil sie Nägel überflüssig machen. No-Nails. Goodbye-Nails.«
    »Aber im Bad würde man doch ohnehin keine Nägel benutzen, oder? Man müsste Dübel und den Akutbohrer verwenden, oder?« Er grinste mich von der Seite an. »Du meinst, statt eines chronischen Bohrers?« »Wieso?«
    »Du meinst einen Akkubohrer, Georgie.« »Ach ja, Akkubohrer.«
    »Aber du hast recht - Dübel wird es nicht mehr lange geben. Heutzutage können Klebstoffe mindestens genauso viel.« Mein Herz tat einen Sprung. Der Akutbohrer war Geschichte!
     
    Nathan spazierte mit einem Notizbuch herum und legte die Stirn in intelligente Falten. Ich blieb dicht

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