Das Leben macht Geschenke, die es als Problem verpackt
ich bei der Meditation und zog mich auch regelmäßig in buddhistische Meditationszentren zurück, um die Praxis zu vertiefen. Nach einigen Monaten wurde ich frühpensioniert, da ich im Schuldienst wieder rückfällig wurde. Nach einer zweiten Entgiftung war ich endgültig bereit, mein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Ich ließ mich zur Meditationslehrerin ausbilden und betreue heute ehrenamtlich ehemalige Suchtkranke. Außerdem gebe ich Migrantenkindern unentgeltlich Deutschunterricht. Das bereitet mir große Freude. Jeden Morgen und jeden Abend gehe ich in die Stille und freue mich über dieses Geschenk der Klarheit. Ich bin heute ein erlöster Mensch.
Wieder auf die richtige Stimme hören
Vieles, was man sich rational nicht erklären kann, schiebt man gern in eine nicht ernst zu nehmende, esoterische oder sogar unseriöse Ecke. Dabei gibt es viele Beispiele für dieses tiefe Gespür im eigenen Inneren. Es gibt Mütter, die spüren, dass es ihrem Kind – das sich gerade viele Kilometer entfernt aufhält – gerade nicht gut geht oder es einen Unfall hatte. Oder nehmen wir das Beispiel, wie ich meine ehemalige Lebensgefährtin Lucie kennenlernte. Im Frühjahr 2003 überfiel mich immer öfter das Gefühl, dass ich unbedingt zu einem ganz bestimmten Segelflug-Wettbewerb fahren müsste. Seltsamerweise handelte es sich aber um die Damen-Segelflugweltmeisterschaft im 700 Kilometer entfernten tschechischen Jihlava, an der eben nur Damen teilnehmen durften. Und trotzdem zog es mich magisch dorthin. Ich fragte mich ernsthaft, was denn der Grund dafür sein könnte, scannte im Geist alle Teilnehmerinnen durch und ... fand nichts. Ich erkannte keinen Grund für dieses ganz intensive Gefühl. Und auch an den Wettbewerbstagen entdeckte ich kein Indiz dafür, warum ich mich, meiner inneren Stimme folgend, auf diese lange Reise gemacht hatte. Bis zum Abschlussessen, als ich plötzlich einen Blick von der Seite spürte und kurz danach in ihre Augen schaute …
Balance zwischen Bauch und Kopf finden
Es würde uns westlichen Menschen guttun, wieder mehr auf unseren Bauch zu hören. Das bedeutet nicht, dass man von einem Extrem ins andere kippen und seinen Kopf zum Schweigen bringen muss. Ganz im Gegenteil: Es geht darum, in jeder Situation eine Balance von Kopf und Bauch zu finden. Aber wann verlässt man sich lieber auf seine Intuition, wann auf die Fakten? Wann folgt man seinem Gefühl, wann seinem Wissen?
Man kann sich diesen Entscheidungsprozess so vorstellen, als säße man an einem Regler, an dessen einem Ende »Kopf« und am anderen »Bauch« steht. Damit lässt sich dann einstellen, welcher Anteil an einer Entscheidung dem Kopf zukommt und welcher dem Bauch. Man schiebt den Regler je nach Situation in die eine oder andere Richtung. Es gibt keine Reglereinstellung, die für alle Menschen gleichermaßen gilt, und es gibt keine Einstellung, die pauschal Gültigkeit für alle Lebenssituationen hat, die einem einzelnen Menschen im Leben begegnen. Der Regler ist vielmehr immer in Bewegung. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 4, wenn es um konkrete Problemlösungen geht.
Sich auf sein Gefühl einlassen
Wahrscheinlich tendiert der Regler trotz allem in den meisten Fällen eher in Richtung Bauch, also zur Stimme des Herzens. Denn der Kopf hat ständig Ausflüchte und Einwände; er ist geprägt von der Erziehung und der Gesellschaft und häufig seiner Freiheit beraubt.
Aber wie finde ich letztendlich die richtige Balance in einer schwierigen Situation? Die Antwort liegt darin, es wie ein Kind zu machen: nämlich herumzuspielen und auszuprobieren. Den Schalter von Kopf Richtung Bauch schieben und wieder zurück, und dann wieder ein bisschen hin und ein bisschen her. Irgendwann fühlt es sich dann richtig an. Ich selbst glaube fest daran, dass eine gewisse Bauchlastigkeit angesichts einer Problem- oder Entscheidungssituation erfolgversprechender ist, weil fast jeder Mensch hier über mehr Ressourcen in Form von Erfahrungen, Neigungen und unbewussten Stärken verfügt als im Kopf. Wie Sie diese Art der Wahrnehmung verstärken können, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
Die Problem-(auf)lösung
W ie teilt sich Intuition mit? Sie wissen bereits, wie Ihr Bauch zu Ihnen spricht. Sie kennen das mulmige Gefühl, wenn etwas Unangenehmes bevorsteht. Und Sie kennen sicher auch das Kribbeln von Vorfreude oder die Schmetterlinge im Bauch. Das sind »allgemeingültige« Empfindungen, die jeder Mensch kennt, und sie dienen uns als Kompass
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