Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
Vom Netzwerk:
scheel durch die Fenster, als der Franzl die Kuh in den neuen Stall des Bäckerhauses führte. In der Nacht, nachdem der Lorenz heimgekommen war, fuhren sie zweimal Heu herüber und verstauten es in der Holzhütte. Dann schleppten Maxl, Franzl und Lorenz die Habersäcke daher, und in der anderen Frühe saß neben der Stasl der Franzl auf dem Brotwägelchen.
    »Er macht’s sehr gut. Ich hab’ ihn den Herrschaften schon vorgestellt. Recht nett und freundlich haben sie’s aufgenommen«, sagte die Stasl nach etlichen Tagen zu ihrem Bruder. Der Maxl war zufrieden. Wer ihn nicht kannte, hätte glauben können, er sei traurig wegen der baldigen Abreise der Stasl. Fast zärtlich benahm er sich zu ihr. Kein böses, zänkisches Wort fiel zwischen ihnen. Seltsam schweigsam und nachdenklich war der Maxl. In der zweiten Woche, kurz nach dem Mittagessen an einem trüben Septembertag, zog er sein gutes Gewand an, gab vor, nach Leoni zu gehen, und wanderte zum Heimrath nach Aufhausen hinauf. Verblüfft schaute die Bäuerin, die allein in der Kuchl war und dem schreienden Kind ihrer Genovev gerade die Milchflasche gab, auf ihn, als er zur Türe hereinkam.
    »Ja! Ja, was treibt denn jetzt dich am hellichten Werktag daher?« fragte sie etwas argwöhnisch und musterte ihn ungut, denn das Sonntagsgewand Maxls fiel ihr auf.
    »Nichts Arges, aber doch was, über das man reden muß, Bäuerin«, erwiderte der mit freundlicher Festigkeit. Er schloß die Tür, ging an den viereckigen, eschernen Tisch am Herd und setzte sich, ohne danach zu fragen, ob es erwünscht sei. Diese geradezu sachliche Keckheit verschlug der Heimrathin buchstäblich das Wort. Sie vergaß ganz darauf, dem Kind die Flasche wieder in den Mund zu stecken, ließ es schreien und schaute nur den Maxl an. Der nützte diesen günstigen Augenblick weidlich aus.
    »Ich hab’ mit deiner Resl geredet, Bäuerin«, log er frech und fuhr fort: »Sie wird’s dir ja gesagt haben, denk’ ich … Sie hat nichts dagegen, Bäckerin von Berg zu werden, aber – gemeint hat sie – ich soll dich erst fragen, was du dazu meinst.« – Pausenlos, dennoch weder zu schnell noch zu langsam, mit einem gewissen ernsthaften Nachdruck, hatte er alles herausgesagt, daß keine Zwischenfrage möglich war. Jetzt erst faßte sich die Heimrathin, gab dem Kind geschwind den Diezel, drehte sich schwerfällig um und rief noch baffer: »Was? … Die Resl? Die hat mir kein Sterbenswort gesagt! Ich weiß nichts davon.« Blaß und erschrocken sah sie aus. Ihr verrunzeltes, krankhaft eingefallenes Gesicht, die eisgrauen, wenigen Haare, ihre ganze, hagere Gestalt – alles schien jäh erstarrt. Der Maxl wich ihren kalten, vorwurfsvollen Blicken nicht aus. Seine Miene war ruhig, nichts an ihr verriet irgendeine Unsicherheit. Wie aus weiter Ferne drang das anheimelnde Klopfen der Dreschflegel durch die Wände.
    »Bäuerin, laß reden mit dir«, begann der Maxl nach einer Weile wieder, und es klang vertraulich und einschmeichelnd: »Die Resl hat mir immer gefallen. Die paßt für mich, und bei mir hat sie’s nicht schlecht …«
    Das löste die Erstarrung der Heimrathin. Vernehmbar schnaubte sie auf, hob ihre bleischweren, kranken Beine und trat kopfschüttelnd an den Tisch.
    »Hm, so was hab’ ich noch nicht erlebt!« sagte sie schon bedeutend ruhiger und setzte sich auf die Bank. Wieder schaute sie dem kühnen Maxl forschend in die Augen und fragte: »Ja, wie denkst du dir denn das? Du hast doch dein Haus voller Leut’! Hast du denn wirklich mit der Resl schon was ausgemacht?«
    Das wiederum machte den Maxl freier. Das Erste, dachte er vielleicht, ist schon gewonnen. Jetzt nur standhalten und nicht mehr nachgeben.
    »Mein Haus wird auch langsam leer, Bäuerin … die Stasl geht nach Amerika, der Lorenz und die Kathl werden auch nicht mehr lang ledig bleiben, mein Geschäft geht gut und – verlass’ dich drauf – die Resl wird nichts zu klagen haben. Wenn ich nicht gut dastehen tät’, glaub’s mir, ich wär’ nie zu dir gekommen, Heimrathin«, sagte er fast herzlich und setzte dazu: »Jetzt kommt’s bloß noch auf die Resl an.«
    »Du sagst doch, du hast mit ihr geredet?« warf die Heimrathin wieder ein bißchen mißtrauisch ein; dann aber sagte sie viel ruhiger: »Sie ist nicht da heut … Sie ist auf dem Bachhauser Feld beim Mistbreiten … Ich will mit ihr reden … Wenn sie sich’s wirklich überlegt hat, kann ich auch nichts machen … Heiraten muß ja jede einmal.«
    Das hörte

Weitere Kostenlose Bücher