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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Irrtum, die deutsche Republik, an die nach all dem Vorhergegangenen selbst der Gutwilligste nicht mehr glauben konnte, begann. –
    Ich saß nach meiner Entlassung aus der Haft einmal dösig in meinem öden Atelier. Es klopfte.
    »Oskar, mach auf, wir sind’s!« rief Maurus, der längst vom Felde zurückgekehrt war und eben anfing, im Kramerhäusl eine Konditorei einzurichten. Er hatte die Mutter mitgebracht. Ich riß die Türe weit auf und rief ergriffen: »Mutter, Herrgott, Mutter!!«
    Sie lächelte ein wenig und sagte, während sie eintrat: »Jaja, jetzt bin ich da! Auf die Straß’ bringt mich keiner mehr!«
    »Sie will mit dir reden … Ich muß allerhand Geschäftliches erledigen … Ich hol’ sie nachher wieder ab«, meinte der Maurus und ging fort. Bedächtig setzte sich Mutter auf das eingedrückte Sofa und schaute im hohen Atelier herum.
    »Hmhm«, fing sie an, »soso, da wohnst du? … Wird denn das im Winter warm mit dem kleinen Ofen? … Hmhm?« Sie blickte wieder schräg auf mich und fuhr fort: »Und eingesperrt bist du gewesen? … Jaja, bei uns sind auch Soldaten durch. Sie haben mir gar nicht gefallen. In jedes Haus sind sie, und grad geschnauzt und regiert haben sie … Ob kein Roter da ist, haben sie wissen wollen, und da bist du mir auf einmal eingefallen. Aber der Maurus hat gemeint, du wirst schon so gescheit gewesen sein und dich zur rechten Zeit versteckt haben. Laß dir sagen, mir ist wirklich angst worden um dich, hmhm. In Starnberg, laß dir sagen, da haben die Soldaten vier Arbeiter erschossen und einen Bahnwärter, der sieben Kinder gehabt hat … Hmhm, wenn das recht sein soll, ich weiß nicht … Das macht kein gutes Blut. Jetzt, sagt der Maurus, ist ja wieder alles ’rum, Gott sei Dank!«
    »Jaja, hm, vorbei, alles vorbei«, murmelte ich mehr für mich.
    »Der Maurus hat ja gewußt, daß s’ dich eingesperrt haben, aber er hat mir nichts sagen wollen«, redete sie darüber weg und lugte wieder nach mir. »Wie geht’s dir denn jetzt?«
    »Es geht eben so … Wie geht’s denn dir, Mutter?« fragte ich.
    »Tja, es muß schon gehn, was will man denn machen. Wenn bloß der Maurus und die Resl gut miteinander auskommen«, fuhr sie fort und erzählte geruhig weiter: »Bei der Leni bin ich gewesen. Sie geht jetzt bald nach Afrika mit einer Mission. Du, die sieht recht gut aus, und ganz zufrieden ist sie.«
    »Bei der Leni? … Hm«, machte ich und starrte vor mich hin. Alles fiel mir wieder ein.
    »Sie hat extra Ausgang ’kriegt … Nach dir hat sie auch gefragt«, erzählte Mutter. Eine warme Welle durchzog mich. Ich wollte nachdenken, aber Mutter redete weiter: »Die Lina hat geschrieben, sie kann nicht arbeiten, wenn sie das Kind versorgen muß, und du gibst ihr auch nichts. Hm, du hast doch selber nichts. Ich will jetzt das Kind zu mir nehmen. Was sollst du denn anfangen damit! Du bist doch ein Mannsbild … Ich hab’ meine Kinder richtig auf’zogen und dem Eugen seine Peppi, da geht’s auf das deine auch nicht mehr z’sammen.«
    Ich war verblüfft und beschämt und brachte nicht gleich ein Wort heraus.
    »Der Maurus bringt mich nachher hin zu der Lina. Du brauchst nicht mitgehen«, meinte Mutter, »sie fängt sonst gleich wieder ’s Streiten an.«
    Ich schwieg und, um auf etwas anderes zu kommen, brümmelte ich nachdenklich heraus: »Hm, die Leni? … Die geht nach Afrika, hm , hm …«
    »Ja, ich glaub’, die ist die Vernünftigste gewesen. Sie ist doch versorgt und gut aufgehoben in ihrem Orden. Und was hat man denn auf der Welt gar Schönes!« sagte Mutter und setzte mit leichter Bewegung dazu: »Ich hab’ sie so gern gehabt, die Leni …«
    »Ja … ich auch«, kam es zögernd aus mir. Wenn ich’s recht bedachte, kam es mir fast auch so vor wie der Mutter: Die Leni hatte vielleicht den besten Weg eingeschlagen.
    Der Maurus kam zurück, und wir redeten noch eine Weile. Es war sehr hart für ihn, sich eine Existenz in dieser Zeit aufzubauen.
    »Und jetzt will die Mutter auch noch mein Kind mitnehmen«, sagte ich zwischenhinein wie entschuldigend, aber gleich wehrte sie ab: »Da brauchst du dich nicht kümmern, Oskar … Man kann doch die Kinder nicht verkommen lassen. Und ich hab’ ja jetzt Zeit! … Zeit genug!« Und als ich wieder irgend etwas erwidern wollte, meinte sie fast leichthin: »Es war mir sowieso oft langweilig … Ich hab’ mir schon Hennen angeschafft, daß sich wieder was rührt.« Und wieder blickte sie auf mich und schloß: »Du

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