Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
ernannte zwei Statthalter, welche das glückliche Arabien in seinem Namen regieren sollten; aber da ein Theil dieses reichen und wichtigen Landes sich widerspenstig gezeigt hatte, so wurde Ali beauftragt, an der Spitze von drei hundert Reitern sich dorthin zu begeben und die Bewohner zur Vernunft zu bringen.
Der jugendliche Jünger drückte eine auftauchende Schüchternheit aus, eine Sendung zu übernehmen, bei welcher er mit weit älteren und weiseren Männern als er zu unterhandeln haben würde; doch Mohammed legte ihm die eine Hand auf die Lippen und die andere auf die Brust und rief, die Augen zum Himmel erhebend, aus: »O Allah! löse seine Zunge und regiere sein Herz!« Er gab ihm eine Regel für sein Verhalten, wenn er Richter wäre. »Wenn zwei Parteien vor dich kommen, so erkläre dich niemals eher zu Gunsten der einen, als bis du die andere gehört hast.« Hierauf gab er ihm die Fahne des Glaubens in die Hände, setzte ihm den Turban auf das Haupt und wünschte ihm Lebewohl.
Als der kriegerische Glaubensbote in der ungläubigen Gegend von Jemen ankam, so begannen seine Mannschaften, den alten arabischen Neigungen sich überlassend, zu verheeren, zu plündern und zu zerstören. Ali setzte ihren Ausschweifungen Gränzen und begann, indem er die flüchtigen Bewohner zurückhielt, die Lehren des Islams auseinander zu setzen. Seine Zunge, obgleich von dem Propheten erst frisch geweiht, vermochte keine Ueberzeugung zu wirken. Hierauf wendete er sich zu der alten Beweisart des Schwertes, welche er mit solchem Erfolge handhabte, daß, nachdem zwanzig Ungläubige getödtet worden waren, die übrigen bekannten, daß sie vollkommen überzeugt wären. Dieser glaubenseifrigen Großthat folgten andere ähnlicher Art, und nach jeder fertigte er Boten an den Propheten ab, um einen neuen Triumph des Glaubens zu melden.
Während Mohammed über die Nachrichten von dem glücklichen Fortgange aus jeder Gegend jubelte, wurde sein Herz durch einen der herbsten häuslichen Verluste verwundet. Ibrahim, der von der bevorzugten Beischläferin Mariyah geborne Sohn, ein Kind von nur fünfzehn Monaten, auf welchem die Hoffnung ruhte, daß er seinen Namen auf die Nachwelt fortpflanzen würde, wurde von einer tödtlichen Krankheit ergriffen und verschied vor seinen Augen. Mohammed konnte die Vatergefühle nicht beherrschen, als er sich beim Todeskampfe über die verwelkte Blüthe seiner Hoffnungen beugte. Doch sogar in dieser Prüfungsstunde zeigte er jene Unterwerfung unter Gottes Willen, welche die Grundlage seines Glaubens bildete. »Mein Herz ist betrübt«, sprach er leise, »und meine Augen fließen über von Thränen, weil ich dich, o mein Sohn, aufgeben muß! Und noch größer würde mein Kummer sein, wenn mir nicht bekannt wäre, daß ich dir bald folgen müßte; denn wir sind von Gott; von ihm kamen wir und zu ihm müssen wir zurückkehren.«
Abda’lrahman, welcher ihn in Thränen sah, fragte: »Hast du uns nicht verboten, die Todten zu beweinen?« »Nein«, antwortete der Prophet. »Ich habe euch verboten, Angstrufe und Klagegeschrei auszustoßen, euch die Gesichter zu schlagen und die Gewänder zu zerreißen. Das sind Eingebungen des Teufels; aber Thränen, welche über ein Unglück vergossen werden, sind Balsam für das Herz und werden in Gnaden verliehen.«
Er begleitete das Kind zum Grabe, wo er mitten in dem Trennungskampfe einen andern Beweis gab, daß die Grundlehren seiner Religion seinem Geiste immer gegenwärtig waren. »Mein Sohn! mein Sohn!« rief er aus, als der Leib dem Grabe übergeben wurde, »sage: Gott ist mein Herr! der Prophet Gottes war mein Vater und der Islam ist mein Glaube!« Dies geschah, um das Kind auf das Verhör durch die examinirenden Engel in Rücksicht des religiösen Glaubens vorzubereiten, welchem, nach dem moslemischen Bekenntnisse, die Abgeschiedenen sich zu unterziehen haben, während sie im Grabe sind. [Fußnote: Eine von den Begräbnißfeierlichkeiten der Moslemen besteht für den Mulakken oder Priester darin, daß er den Verstorbenen, wenn er im Grabe ist, mit den folgenden Worten anredet: »O Diener Gottes! o Sohn einer Magd Gottes! wisse, daß zu dieser Zeit zu dir zwei Engel niedersteigen werden, welche in Rücksicht auf dich und deines Gleichen beauftragt sind. Wenn sie zu dir sagen, wer ist dein Herr? so antworte ihnen: Gott ist mein Herr, wahrhaftig; und wenn sie dich in Betreff des Propheten oder des Mannes fragen, welcher zu euch gesendet worden ist, so sage zu ihnen:
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