Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
bedeckt war, küßte das blasse Angesicht Mohammeds und rief aus: »O du, der du mir wie Vater und Mutter warst, lieblich bist du sogar im Tode und hauchest kräftige Wohlgerüche aus! Jetzt lebst du in ewiger Seligkeit, denn nie wird dich Allah einem zweiten Tode unterwerfen.« Den Leichnam bedeckend ging er hinaus und versuchte Omar zum Schweigen zu bringen; aber da er dies unmöglich fand, so redete er die Volksmenge an: »Fürwahr, wenn Mohammed der alleinige Gegenstand eurer Verehrung ist, so ist er todt; aber wenn es Gott ist, welchen ihr anbetet, so kann er nicht sterben. Mohammed war nur der Prophet Gottes und hat das Schicksal der Apostel und heiligen Männer getheilt, welche vor ihm hingegangen sind. Allah selbst hat in dem Koran gesagt, daß Mohammed nur sein Gesandter und dem Tode unterworfen wäre. Wie denn! wollt ihr ihm den Rücken zuwenden und seine Lehre verlassen, weil er todt ist? Bedenket, daß euer Abfall Gotte nicht schadet, aber eure eigne Verdammniß feststellt, während Gottes Segnungen über die ausgegossen werden, welche ihm treu bleiben.« Das Volk hörte Abu Beker mit Thränen und Schluchzen zu, und da es auf ihn hörte, legte sich die Verzweiflung. Sogar Omar wurde überzeugt, aber nicht getröstet; er warf sich auf die Erde und beweinte den Tod Mohammeds, welchen er als seinen Befehlshaber und Freund verehrte.
Der Tod des Propheten erfolgte nach den moslemischen Geschichtsschreibern Abulfeda und Al Jannabi an seinem Geburtstage, nachdem er das dreiundsechzigste Jahr vollendet hatte. Es war im elften Jahre der Hegira und im 632. der christlichen Zeitrechnung.
Der Körper wurde von einigen der liebsten Verwandten und Schüler zum Begräbnisse vorbereitet. Sie behaupteten, daß ein wundersamer Wohlgeruch, welcher nach dem Zeugnisse seiner Frauen und Töchter von seiner Person, als er lebte, ausströmte, noch fortdauerte, so daß »es schien«, um Ali’s Worte zu gebrauchen, »als wenn er zu derselben Zeit todt und lebend wäre.« Als der Körper gewaschen und parfümirt war, wurde er in drei Decken gewickelt, von denen zwei weiß waren und die dritte von gestreiftem Zeug aus Yemen. Das Ganze wurde alsdann mit Ambra, Moschus, Aloe und wohlriechenden Kräutern parfümirt. Hierauf wurde er öffentlich ausgestellt, und zweiundsiebenzig Gebete wurden für ihn verrichtet.
Drei Tage blieb der Leichnam unbegraben, um theils der morgenländischen Sitte zu genügen, theils diejenigen zu befriedigen, welche noch an die Möglichkeit einer Entzückung glaubten. Als die Merkmale des Todes nicht weiter verkannt werden konnten, so wurden die Vorbereitungen zur Beerdigung getroffen. Jetzt erhob sich ein Streit in Rücksicht des Begräbnißplatzes. Die Mohadjeren oder mekkanischen Schüler stritten für diese Stadt, da sie der Geburtsort des Propheten wäre; die Ansaren sprachen für Medina, weil er daselbst eine Freistatt gefunden und den Aufenthalt während der letzten zehn Lebensjahre da gehabt hätte. Eine dritte Partei war der Ansicht, daß seine Ueberreste nach Jerusalem geschafft werden sollten, weil dies der Begräbnißplatz der Propheten wäre. Abu Beker, dessen Wort stets das größeste Gewicht hatte, erklärte, es wäre Mohammeds ausdrückliche Meinung gewesen, daß ein Prophet an dem Orte, wo er stürbe, begraben werden sollte. Dies wurde in dem gegenwärtigen Falle buchstäblich erfüllt, denn in Ayeschas Hause wurde gerade unter dem Bette, auf welchem Mohammed verschieden war, ein Grab gemacht.
Anmerkung. Ayeschas Haus stand unmittelbar neben der Moschee, welche in jener Zeit ein sehr bescheidenes Gebäude war; sie hatte Lehmwände und ein Dach aus Palmblättern, welches auf Baumstämmen ruhte. Seitdem ist sie in einen geräumigen Tempel eingeschlossen auf dem Grundrisse eines Säulenganges, welcher ein längliches Viereck von 160 Schritt Länge und 130 Schritt Breite begränzt, gegen den Himmel offen ist und vier Eingangsthore hat. Der Säulengang, welcher aus einigen Reihen Säulen von verschiedener Gestalt besteht, die mit Stukkaturarbeit bedeckt und glänzend abgetüncht sind, trägt eine Anzahl kleine weiße Kuppeln auf den vier Seiten des Vierecks. An den vier Ecken befinden sich hohe, in eine Spitze auslaufende Minarets (Thürme).
Nahe bei der südöstlichen Ecke ist ein eingefriedigter Platz, welcher von einem eisernen, grün angestrichenen, aus seinem Draht gefertigten und mit Messing-und Golddraht durchzogenen Gitter umgeben wird. Dasselbe gestattet keine Einsicht in das
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