Das Leben nach dem Happy End
Nahm nur noch die braunen Augen, die Nasenflügel, den gewölbten Bauch wahr.
»Er hat ja Miete bezahlt, und jetzt weiß ich nicht so richtig, was ich machen soll, also, die Sachen dürfen natürlich gern dort stehen, aber wegen der Miete.«
Die Miete.
»Und außerdem … also, das mag jetzt ein wenig komisch klingen. Also. Er hatte mir versprochen, bei der Geburt dabeizusein.« Sie schielte zu mir herüber, ihr Mund war leicht geöffnet, ihre Zähne leuchteten.
Ich sah einen Moment lang zur Decke. Ich konnte jetzt in Gelächter ausbrechen. Möglicherweise höhnisch. Halland und Krankenhäuser … Wusste sie überhaupt, was sie da vorhatte. Wollte ich wissen, ob sie es wusste.
»Ich stehe das nicht mehr durch«, sagte ich. Es verblüffte mich, denn ich war so neugierig, dass ich es kaum aushielt, aber ich war fest entschlossen, nicht mehr erfahren zu wollen, noch nicht, vielleicht morgen. Sie präsentierte mir ein Problem, das ich lösen sollte, dass es mir selbst zum Problem werden könnte, kam ihr nicht in den Sinn.
»Über die Sache mit der Miete müssen wir morgen früh sprechen«, sagte ich. »Ich kann jetzt doch nicht mehr, ich muss zusehen, ein wenig zu schlafen.«
Als ich sie oben in der Kammer untergebracht hatte, ging ich langsam die Treppe hinab und beschloss, in meinem eigenen Bett zu schlafen. Mehrmals hintereinander ließ ich meine zur Schale geformten Hände mit kaltem Wasser volllaufen und tauchte mein Gesicht hinein. Dann zog ich all meine Kleider aus, legte sie in den Wäschekorb und ging ins Schlafzimmer. Ich schaltete die Leselampe auf meiner Seite ein und kroch unter die Decke. Ich sah zu Hallands Hälfte hinüber, streckte prüfend meine Hand in seine Richtung, schloss meine Augen, sie brannten. Ich war so müde. Ich machte das Licht aus, rückte langsam, Zentimeter für Zentimeter, auf seine Seite des Bettes hinüber, unter seine Bettdecke, schnupperte an seinem Kopfkissen, ja, dort war er, ich sank schwer in das Bett hinein, so schwer ich konnte, schlang die Arme ums Kopfkissen, bohrte den Kopf hinein, tiefer und tiefer. »Halland«, flüsterte ich und wiederholte es ein wenig lauter, doch es funktionierte nicht.
10
»Die Landschaft spielt keinerlei Rolle für uns.
Wir sind keine Poeten;
es ist die regelmäßige Aktivität,
die uns Wonne bereitet.«
Der Spion , Peter Seeberg
Ich erwachte und hörte den Regen, sah das Licht im Fenster, war ganz leicht, hatte keine Träume zu verdauen, lauschte einfach nur und spürte diese Leichtigkeit. Weil ich am Leben war?
Ich lag im Bett und war wieder siebzehn Jahre alt. Ich betrat das Gleis vom Bahnhof in Skanderborg, es war ein grauer Tag mit Nieselregen, etwas neblig, ich sah nichts Besonderes, aber ich wurde plötzlich von einem großen Glücksgefühl überwältigt, das lange genug währte, um es zu erfassen und sich wieder daran zu erinnern, in diesem Augenblick, ich schätze, dass ich mich davor nie glücklich gefühlt hatte; wahrscheinlich war ich es einfach gewesen. Und war es auch jetzt beim Geräusch des Regens, den gurrenden Tauben in den Bäumen, dem Anblick des Lichts. Im nächsten Moment wurde die Leichtigkeit von einem beunruhigenden Zweifel zerschlagen, ich wusste, dass etwas nicht stimmte, aber nicht, was. Auch das erinnerte mich an etwas, an die erste, lange Zeit nach meiner Scheidung, als ich von schwerer Trauer erfüllt aufwachte und jeden Morgen dachte: Wer ist noch mal gestorben? Damals erblickte ich dann Halland, was mich glücklich machte, denn niemand war tot und er war da, allerdings war Abby weg. Jetzt drehte ich mich um und sah meine eigene, leere Betthälfte, da ich auf Hallands Seite lag. Er war häufig weg gewesen, doch ich hatte es nicht wieder vergessen, jetzt erfasste ich den Zusammenhang, er war tot. Und als wäre das nicht schon genug: In der Kammer lag eine Schwangere.
In der letzten Nacht, in der wir gemeinsam hier schliefen, hatte ich tief geschlafen, aber plötzlich hellwach die Augen aufgerissen, und es war vollkommen dunkel und still gewesen. Ich hatte gehorcht, das Licht angeknipst und auf die Uhr gesehen und es dann wieder gelöscht.
»Wie viel Uhr ist es?«, hatte er gefragt.
»Halb vier«, antwortete ich. »Warum sind wir wach?«
Doch er war bereits wieder eingeschlafen. Es war die Nacht davor. Eine ruhige, normale Nacht mit einem wachen Moment.
»Draußen regnet es!«, teilte sie mit, als sie auftauchte. Ich stand in der Küche, und sie kam behände zu mir, das Frühstück witternd.
»Wo zum
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