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Das Leben nach dem Happy End

Das Leben nach dem Happy End

Titel: Das Leben nach dem Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Juul
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Kopf würden zwei Spuren verlaufen. Ist das nicht bei allen so? Sehen nicht alle verwundert auf ihr Sein und Tun zurück? Die ungeheuerlichsten Dinge geschehen, und danach schüttelt man den Kopf und würde so gern wissen, warum man etwas so gemacht hat und nicht anders. Warum weinte ich nicht – Weinen ist nämlich ein eindeutiges Zeichen, an dem die anderen ablesen können: Trauer! Mehr braucht es nicht, so leicht kann es gehen. Aber ich weinte nun mal nicht, wenn sie mich ansahen. Ich würde gern berichten, wie es war, doch offenbar bin ich dazu nicht in der Lage. Damals meinte ich, dass ich nicht geweint hätte, ich machte mir Gedanken darüber, dass ich wahrscheinlich kalt wirkte, so sah ich mich selbst. Aber jetzt erinnere ich mich daran, dass ich mehrmals geweint hatte, als Funder es sah.
    Während Abby in der Küche war, ging ich unter die Dusche und versuchte, richtig wach zu werden. Ich stand einfach nur reglos unter dem Wasser, ohne etwas zu tun, bis es zu warm wurde. Ich trocknete mein Haar mit einem Handtuch ab, bis es verfilzte, zog Hallands Bademantel an, denn der gehörte mir ja bereits, und tappte ins Wohnzimmer. Mein Telefon und Abbys Handy klingelten gleichzeitig. Ich ging ins Büro, Abby flitzte durchs Wohnzimmer und suchte ihre Tasche. Sie zog sich in die Küche zurück, und ich versuchte zu hören, was sie sagte, und ging gleichzeitig ans Telefon. Es war Funder. Er wollte sich erkundigen, ob ich Hallands Handy gefunden hatte. Ich hatte überhaupt nicht danach gesucht. Ich konnte Abbys Stimme hören, sie klang etwas schrill, wurde sie laut? »Sind Sie noch da?«, fragte Funder. Ja. »Haben Sie von der Sache mit Brandt gehört?«, fragte ich, »ja, jetzt weiß ich natürlich nicht, ob er schon wieder zurückgekehrt ist, aber gestern klang es so, als sei er verschwunden. Es ist schon ein paar Tage her, seit wir ihn das letzte Mal gesehen haben …« »Machen Sie sich Sorgen?«, fragte er. »Ich weiß nicht, er hätte bei der Beerdigung den Sarg tragen sollen, also ist es schon etwas merkwürdig?« »Doch, das weiß ich schon«, sagte er. »Es ist nur, weil – letztens sagte er irgendwas über den Kirchenausschuss … haben Sie mit denen schon gesprochen?« »Kirchenausschuss? Meinen Sie den Gemeinderat?« »Nein, es war irgendwas anderes … ich weiß nicht, was er eigentlich wollte, aber es hatte was mit Halland zu tun … und mit dem Friedhof … er sagte aber nicht, was.«
    Es läutete. »Nein, jetzt ist aber … was für ein Andrang,« sagte ich munter, »ich muss schnell die Tür öffnen«, und legte auf.
    »Ich geh schon!«, rief ich Abby zu, sie stand am Herd und nickte. Es schien, als sei das Haus voller Leben, weil sie dort stand, die Telefone klingelten, und jetzt kam auch noch ein Gast.

25
    »Sag, warum gehst du so gramgebeugt
Auf diesem verwilderten Pfad?
Geh und denk: In hundert Jahren
Ist all das vorbei!«
    Der Waldweg , B. S. Ingemann
    Seit ich sie das letzte Mal gesehen habe, sind viele Jahre vergangen. Das erste Mal hatte ich an der Tür meines eigenen Hauses geklingelt, und sie öffnete. Ich war gekommen, um Abby zu holen, doch Abby wollte nicht zu mir nach draußen kommen, und die Frau machte keine Anstalten, mich hereinzulassen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, wer sie war. Ich hatte kein besonderes Verhältnis zu diesem Haus gehabt, ich war nicht darüber in Tränen ausgebrochen, es verlassen zu müssen. Aber die Art und Weise, wie sie im Türrahmen stand, und ich sah mich selbst dort stehen, nie zuvor hatte ich über diesen Türrahmen nachgedacht, dass eigentlich ich darin stehen sollte, doch nun sah ich ihre Hand auf dem Türgriff, ihre langen, braunen Beine unter dem Saum des Kleides in meinem Flur. Sie bedauerte nicht, dass Abby nicht mit mir kommen wollte, sie war unverstellt und desinteressiert und ziemlich hübsch.
    Jetzt stand sie auf dem Platz vor meiner Tür. Nicht sonderlich verändert, aber erregt, womöglich wütend? »Ist Troels hier?«, fragte sie und ging einen Schritt vor, als ob sie hineinwolle. Ich versperrte ihr den Weg, ohne darüber nachzudenken. »Nein, ist er nicht, warum um alles in der Welt sollte er?«, fragte ich neugierig. »Im Übrigen dachte ich, ihr seid geschieden?«
    »Das sind wir verdammt noch mal auch!«, rief sie. »Aber es sähe ihm ähnlich, hierherzufahren. Ich habe ja von dieser Sache mit deinem Mann gelesen.«
    »Du hast etwas über meinen Mann gelesen?«, fragte ich. »Interessant. Was willst du? Troels ist nicht da, willst du

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