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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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Sie schenkte ihm Wein ein (seinen ersten Wein seit Wochen). »Meine Kinder sind Nervensägen. Ich liebe sie, ich könnte sie an die Wand klatschen. Ich habe nur diese Cashewnüsse da, weiß der Teufel, wie alt.«
    »Setz dich hin, Rhoda. Er soll froh sein, dass er Cashews bekommt.« Murray hatte sich in einem großen Sessel niedergelassen, den Stock griffbereit neben sich auf dem Boden. Er prostete Bob zu.
    Rhoda ließ sich aufs Sofa fallen. »Haben Sie schon das Ehepaar am Ende des Flurs kennengelernt? Einer von ihren kleinen Jungen hat dieses, Gott, wie heißt das gleich wieder?« Sie schnippte mit den Fingern. »Das, wo die Wirbelsäule nicht richtig wächst. Die Mutter ist eine Heilige, der Mann auch ganz reizend. Burgess? Doch nicht mit Jim Burgess verwandt? Im Ernst? Ach, was für ein Prozess! Schuldig, der Mistkerl, natürlich, aber was für ein Prozess, mein Gott, wir haben keinen einzigen Tag versäumt.«
    Als er wieder bei sich drüben war, rief er Jim an.
    »Klar weiß ich, dass du umgezogen bist«, sagte Jim.
    »Das wusstest du?«
    »Was denkst du denn? Ich bin an deinem Haus vorbeigekommen, und da hingen Gardinen in den Fenstern, es sah bewohnt aus, also wusste ich, dass du dich vom Acker gemacht hast. Ein Ermittler bei uns in der Kanzlei hat deine Adresse für mich festgestellt. Was soll eigentlich immer diese unterdrückte Nummer? Wenn bei uns auf dem Display UNBEKANNT erschien, war doch eh klar, dass du’s bist. Was ist da der tiefere Sinn?«
    Der tiefere Sinn war, kein Burgess sein zu müssen. Damals in der Wally-Packer-Zeit hatte Pam es sattgehabt, ständig Leute abzuwimmeln, die wissen wollten, ob sie mit Jim Burgess verwandt waren. »Es ist mir lieber so«, sagte Bob jetzt.
    »Du hast Helens Gefühle verletzt. Du rufst nie mehr an. Und du bist umgezogen, ohne ein Wort zu sagen. Ich habe dich mit furchtbarem Liebeskummer entschuldigt, nur dass du Bescheid weißt.«
    »Warum hast du ihr nicht den wahren Grund gesagt?«
    Schweigen. Dann: »Und der wäre? Ich bin nicht informiert über den wahren Grund , warum du umgezogen bist, Goofy.«
    »Weil du mich völlig aus dem Lot gebracht hast, verdammt, Jim. Hast du ihr davon erzählt?«
    »Noch nicht.« Jim seufzte ins Telefon. »Himmel. Sag mal, hast du in letzter Zeit Susan gesprochen? Sie klingt ziemlich einsam.«
    »Ist sie ja auch. Ich hab vor, sie einzuladen.«
    »Hierher? Susan hat in ihrem ganzen Leben noch keine New Yorker Luft geschnuppert. Na, wohl bekomm’s. Wir besuchen Larry in Arizona.«
    »Dann warte ich, bis ihr zurück seid.« Bob legte auf. Dass sein Bruder ihn hatte aufspüren lassen – im ersten Moment ein so schmerzlich beglückendes Gefühl – , war sofort wieder verdorben worden durch Jims Ton. Bob setzte sich auf seine Couch und starrte zum Fenster hinaus auf den Fluss, auf dem er kleine Segelboote schaukeln sah und dahinter ein größeres Boot. Er konnte sich an kein Leben erinnern, in dessen Mittelpunkt nicht als Fixstern Jim gestanden hatte.

4
    Mrs. Drinkwater zögerte an Susans Schlafzimmertür, durch die sie Susan stehen sah, die Hände an den Hüften. »Kommen Sie rein«, sagte Susan. »Ich kann gerade keinen klaren Gedanken fassen.«
    Mrs. Drinkwater nahm auf Susans Bett Platz. »Früher hat man in New York viel Schwarz getragen. Ich weiß nicht, ob das immer noch so ist.«
    »Schwarz?«
    »Früher, ja. Es ist schon hundert Jahre her, dass ich bei Peck’s gearbeitet habe, aber damals kam immer mal wieder eine Frau, die ein schwarzes Kleid suchte, und ich dachte natürlich, es wäre für eine Beerdigung, und versuchte taktvoll zu sein, aber dann stellte sich heraus, dass sie nach New York fuhr. Ein paarmal ist mir das passiert.«
    Susan hob ein ungerahmtes Foto von ihrem Nachttisch auf. »Er hat zugenommen«, sagte sie und hielt es der alten Dame hin, »in grade mal zwei Monaten«, und Mrs. Drinkwater sagte: »So was.«
    Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Mensch auf dem Foto Zachary war. Er stand an einem Küchenbüfett, und er lächelte richtiggehend in die Kamera. Sein Haar war länger und fiel ihm in die Stirn. »Er sieht … « Mrs. Drinkwater biss sich auf die Zunge.
    »Normal aus?«, fragte Susan. Sie setzte sich auf die andere Seite des Betts, nahm das Bild wieder an sich und betrachtete es. »Das war mein erster Gedanke, als ich es gesehen habe: Heiliger Strohsack, mein Sohn sieht wie ein normaler Mensch aus.« Sie fügte hinzu: »Es kam heute mit der Post.«
    »Er sieht fabelhaft aus«,

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