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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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mehr dort.« Seit ihr Mann sie verlassen hatte, sollte das heißen. Mrs. Drinkwater nickte.
    »In der bin ich auch getraut worden«, sagte sie. »Eine hübsche kleine Kirche.«
    Susan zögerte. »Und warum wollen Sie dann nach St. Peter’s in die Messe? Wenn ich das fragen darf.«
    Mrs. Drinkwater schaute auf den Baum, schob sich die Brille mit dem Handrücken die Nase hinauf. »Weil es die Kirche meiner Kindheit war, meine Liebe. Da bin ich jede Woche mit allen meinen Brüdern und Schwestern hingegangen. Und gefirmt worden bin ich dort auch.« Jetzt schaute sie Susan an, die ihre Augen hinter den dicken Brillengläsern nicht finden konnte. »Ich bin als Jeanette Paradis zur Welt gekommen. Und weil ich mich in Carl verliebt habe, wurde aus mir Jean Drinkwater. Seine Mutter wollte von einer Heirat nichts wissen, solange ich nicht aus der katholischen Kirche austrat. Also bin ich ausgetreten. Mir war’s egal. Ich liebte Carl. Meine Eltern sind nicht zur Trauung erschienen. Ich musste allein zum Altar gehen. Was damals nicht üblich war. Wer hat Sie zum Altar geführt, Kindchen?«
    »Mein Bruder Jim.«
    Mrs. Drinkwater nickte. »In all den Jahren hab ich St. Peter’s überhaupt nicht vermisst. Aber jetzt denke ich wieder daran. So ist es ja wohl, wenn man älter wird. Die Dinge der Jugend fallen einem wieder ein.«
    Susan nahm einen roten Baumschmuck von einem der unteren Zweige und hängte ihn ein Stück höher. Sie sagte: »Wenn Sie möchten, begleite ich Sie in die Mitternachtsmesse.«
    Aber am Weihnachtsabend war Mrs. Drinkwater schon um zehn Uhr fest eingeschlafen. Weihnachten verging langsam, die Tage bis Neujahr wollten kein Ende nehmen. Dann war es geschafft. Der Zeit der kurzen kalten Tage folgte eine Tauwetterperiode im Januar. Das Sonnenlicht glitzerte auf dem schmelzenden Schnee, die Äste der Bäume leuchteten in der tropfenden Nässe. Und auch nachdem die Welt zu ihrer frostigen Erscheinung zurückgefunden hatte, merkte man, dass die Tage länger wurden. Charlie Tibbetts rief an und meldete, alles verlaufe nach Plan, Aufschübe seitens der Staatsanwaltschaft bedeuteten nur, dass die Sache, wenn sie vor Gericht kam, alle Brisanz verloren hätte. Es würde ihn nicht überraschen, wenn man sich außergerichtlich einigte, mit der Auflage für Zach, sich in Zukunft ordentlich zu benehmen, irgendetwas völlig Harmloses. Die Generalstaatsanwaltschaft hülle sich seit Wochen in Schweigen, vom FBI auch kein Wort. Die Zeit arbeitet für uns, sagte Charlie. Wir müssen sie einfach nur verstreichen lassen.
    »Machst du dir Sorgen wegen deinem Fall?«, fragte Susan ihren Sohn, als sie am Abend vor dem Fernseher saßen.
    Er nickte.
    »Musst du nicht.«
    Aber zwei Wochen später klagte die Generalstaatsanwaltschaft von Maine Zachary Olson wegen Verletzung der Bürgerrechte an.

2
    Im Wohnzimmer von Jims und Helens Stadthaus wurde es früher dunkel als in den anderen Räumen, weil es im Erdgeschoss lag und die Fensterbänke sich auf Höhe des Gehsteigs befanden. Zwischen Fenstern und Gehsteig verlief der schmale Vorgarten mit seinen Buchsbäumen und dem zarten japanischen Ahorn, dessen knotige Zweige sich an den Fensterscheiben rieben. Im Winter achtete Helen immer darauf, die Rollläden hier früh zu schließen. Die Läden waren aus Mahagoni und sehr alt und wurden aus Kästen in der Hauswand heruntergelassen. Es war ein Ritual, das ihr seit vielen Jahren Freude bereitete: als würde sie das Haus zur Nachtruhe betten. Aber an diesem Nachmittag wollte sich das alte Behagen nicht einstellen. Ihr war etwas bang vor heute Abend. Sie gingen mit Dorothy und Alan in die Oper, und sie hatten die beiden über die Feiertagssaison nicht ein einziges Mal gesehen. Bisher hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet; an Thanksgiving und über Weihnachten hatte sie das Haus mit ihren Kindern voll gehabt (Emily war schließlich doch nicht zur Familie ihres Freunds gefahren), die Wochen waren ausgefüllt gewesen, zuerst mit Vorbereitungen, dann mit Menschen. In die Ecke gepfefferte Stiefel und Schals, Kuchenkrümel, Freunde von der Highschool, Wäsche zum Zusammenlegen, Maniküre mit den Mädchen, abends Filme, sie alle hier auf dem Wohnzimmersofa zusammengekuschelt. Glückseligkeit . Unter der eine leise Furcht anschlug: Nie mehr würden sie alle miteinander unter diesem Dach wohnen. Dann waren sie wieder fort. Das Haus still, beängstigend still. Ein kalter Hauch der Veränderung in allen Räumen.
    Als sie den letzten Laden

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