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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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waren die Fäuste erhoben. Als er sofort mit ganzer Kraft
zuschlug, glaubte er schon, gewonnen zu haben — hatte aber nicht mit Tarzan
gerechnet.

    Gewandt wich der aus. Einen
angetrunknen Gegner, der nicht mehr reaktionstüchtig war, hart zu kontern — das
widerstrebte ihm. Er hätte es als unfair empfunden. Also wandte er sein
mildestes Mittel an: Er stellte dem Vierschrötigen ein Bein.
    Der hatte soviel Schwung drauf,
daß er nicht bremsen konnte, als er an Tarzan vorbeisauste. Die Fußangel
wirkte, als würden ihm die Beine weggerissen. Verstärkend kam hinzu, daß er
gleichzeitig einen harten Tritt in den Hintern erhielt — von Tarzan natürlich.
    Kopfüber sauste der Junge in
die Büsche. Wie eine Rakete verschwand er zwischen Zweigen und Blättern. Als er
zappelnd hängen blieb, ragten nur noch die Beine heraus.
    Klößchen lachte, klappte aber
sofort den Mund zu, als wäre seine Heiterkeit ungebührlich.
    Gaby mußte Oskar zurückhalten,
der knurrend nach den Beinen des Vierschrötigen schnappen wollte. Karl nahm
seine Nickelbrille ab und begann die Gläser zu polieren.
    „Charly“, lallte Ottfried,
„was... suchst du... denn? Hier ist... die Flasche. Tag, Freu... Freunde! Wollt
ihr auch... einen…“
    „Nein!“ sagte Tarzan. „Wir
wollen keinen kümmeln. Habt ihr den Korn von Funke, Ottfried?“
    „Kla... Klar“, meinte Ottfried.
„Klar... wie Korn. Kriegen... wir doch immer... von Fun... Funke. Müß... te nur
kühler sein. Willst du nicht... doch einen... kümmeln?“
    Tarzan trat zu Charly, der noch
zappelnd im Busch steckte. „He, Charly! Alles in Ordnung?“
    „Du kannst mich mal!“ kam die
grimmige Antwort aus den Zweigen.
    „Nein, danke! Dann würde ich
schon lieber einen... kümmeln.“
    Tarzan packte ihn mit beiden
Händen am Gürtel, zerrte den schweren Brocken heraus und ließ ihn fallen. Dann
hob er die Flasche auf, die im Gras lag.
    Mit beseligtem Grinsen sah
Ottfried zu. „Jetzt... kümmelst... du doch einen, ja?“
    Tarzan öffnete den
Schraubverschluß und schüttete den Schnaps auf den Boden.
    „Geht... ja alles... daneben“,
nuschelte Ottfried bestürzt.
    Tarzan ließ die leere Flasche
fallen.
    „Damit du’s richtig siehst,
Charly: Ich habe das nicht aus Gemeinheit gemacht. Sondern damit euch nicht
noch mehr passiert. Dein Freund ist ja schon völlig hinüber. Und denk mal
drüber nach, Charly, ob du für dich und Ottfried nichts Besseres findest.
Schnaps ist doch das Letzte für Jungs in unserem Alter!“
    Charlys Gesicht war von Zweigen
verschrammt. Man sah ihm an: Er kochte vor Wut.
    Verstockt starrte er zu Boden.
Mit gespreizten Beinen saß er im Gras. Die Fäuste hatte er auf die Schenkel
gestemmt.
    Tarzan wartete. Aber es kam
keine Antwort. Achselzuckend wandte er sich ab. Seine drei Freunde folgten ihm,
als er sich durch die Büsche zwängte.
    Die Räder lagen auf dem
Kiesweg. Sie schoben sie zur Straße. Einen Moment blieben die Freunde dort
stehen.
    „Eigentlich wollten wir doch
nur helfen“, sagte Klößchen. „Aber dieser Charly verdient das gar nicht.“
    „Weißt du, weshalb der Schnaps
trinkt?“ sagte Tarzan. „Kann sein, er macht’s aus Übermut. Und eines Tages geht
er dran kaputt. Kann aber auch sein, er hat Probleme, mit denen er nicht fertig
wird. Hilfe braucht er bestimmt — so oder so. Auch wenn er ein ekliger Typ ist.
Ich frage mich nur, wie eklig ist er? Mal sehen! Vielleicht zeigt er’s
uns.“
    Was Tarzan meinte, begriffen
seine Freunde, als sie wieder am Kiosk vorbei radelten und auf dem Parkplatz
hielten.
    Sie brauchten nicht lange zu
warten.
    Im Laufschritt kam Charly durch
die Seitenstraße.
    Natürlich sah er die vier. Aber
das störte ihn nicht. Am Kiosk blieb er stehen, redete durch das Fenster mit
Funke und wies zweimal zu den vier Freunden hin. Für einen Moment beugte sich
der Wilddieb soweit aus seinem Fenster, daß sie ihn sehen konnten. Sein
Ledergesicht wirkte noch gröber als sonst.

    „Mist!“ sagte Karl. „Charly
petzt. Und jetzt hat uns Funke auf dem Kieker.“
    „Darauf kommt’s nicht mehr an“,
meinte Gaby. „Ich sage meinem Papi sowieso Bescheid. Die Polizei muß darauf
achten, daß Funke keinen Alkohol an Kinder verkauft.“
    „Wahrscheinlich redet er sich
raus“, sagte Karl. „Und behauptet, die Kinder würden den Schnaps für ihre Väter
holen.“
    „Trotzdem!“ Gaby streichelte
Oskar, der nach Hause wollte und leise winselte.
    „Jedenfalls hat sich der Weg
hierher gelohnt“, sagte Tarzan.

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