Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das leere Land

Das leere Land

Titel: Das leere Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kohl
Vom Netzwerk:
Kilo ab, dann kann man Präziseres sagen.
    Es ist also ernst?
    Wenn man es nicht ernst nimmt, ist es ernst.
    Ob ich jetzt Diabetes hätte oder nicht, fragte ich. Nein, sagte Bodinger. Und ja. Dein Glukosehaushalt ist ernsthaft gestört. Aber es ist noch Hoffnung. Wenn du Gewicht reduzierst, mehr Bewegung machst und die Ernährung konsequent umstellst, dann wird aus dieser Störung keine Diabetes im Vollbild, zumindest sehr lange nicht. Wenn du weitermachst wie gehabt, musst du dich in zehn Jahren nach einem Nierenspender umsehen.
    Du machst Witze?
    Lache ich etwa, sagte Bodinger.
    Es ist also ernst.
    Und die Zehen werden wir auch amputieren müssen, sagte er.

51
    Der Sprecher der Auftraggeber schickte ein Mail mit einem Anhang, der nicht aufging auf meinem Laptop. Ein Bild, das viel zu groß war. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung war zu niedrig im Dorf. Ich rief ihn an und bat ihn, es in einem kleineren Format abzuspeichern vor einem neuerlichen Übertragungsversuch. Er riet mir, einen leistungsfähigeren Provider zu suchen; lohnt nicht wegen der paar Wochen, sagte ich.
    Erstaunlich, dass Ihnen ein kleines Foto von vielleicht vier Megabyte Probleme macht, sagte er. Wenn ich an früher denke, begann er einen kleinen Sermon, an meinen ersten Computer, siebenhundertfünfzig Kilobyte Arbeitsspeicher, vierzig Megabyte Festplatte! Wenn Sie bedenken, dass die NASA 1969 nicht mehr als vierzig Megabyte brauchte für ihr Programm, mit dem sie Apollo auf den Mond brachte. Auf meinem dritten PC war allein Word schon zweiundvierzig Megabyte groß.
    Waren bessere Zeiten, sagte ich, es zwang die Programmierer, sich intelligente Lösungen einfallen zu lassen.
    Wissen Sie, was der Witz ist, sagte er. Das NASA -Mondlandungsprogramm ist in der Tat genial gewesen. Aber sie können nichts damit anfangen, es nicht einmal studieren, damit die heutigen Programmierergenerationen vielleicht etwas lernen davon. Es gibt die Magnetbänder noch, aber keinen Computer mehr, auf denen sie laufen würden. Da hat die Welt diese geniale Software, aber keine Hardware, um etwas damit anzufangen. Absurd, oder?
    Dann schickte er mir das Foto noch einmal in niedriger Auflösung. Es handelte sich um einen eingescannten Brief, den der Abt eines niederösterreichischen Donauklosters an den Sprecher der Auftraggeber geschrieben hatte. Das Dokument begann mit einem kurzen Satz: Mit diesem essayistischen Werk kämpfen Sie gegen Gott. Ich schluckte.
    Das ist mein Eindruck, fuhr der Abt fort. Ich will Ihrem Autor zugute halten, dass er Gott ernst nimmt, denn sonst müsste er sich nicht dermaßen gegen ihn zur Wehr setzen. Aus meiner Position erscheint es mir jedoch dringend geraten, die Frage mit großer Nachdrücklichkeit aufzuwerfen, ob es sinnvoll ist, in einer für ein breites und in Glaubensfragen eher indifferentes Publikum bestimmten Publikation in solcher Rigidität Standpunkte zu vertreten, die geeignet sein könnten, davon abweichende Standpunkte der Lächerlichkeit auszusetzen. Und die angetan sein könnten, Empfindungen zu beleidigen. Und so weiter und so fort.
    Ich rief den Sprecher meiner Auftraggeber an und verlangte Aufklärung.
    Es ist sozusagen eine informelle Begleitung des Projekts, sagte er. Wir haben den Hohen Herrn eingebunden als eine Art von Konsulent in kirchlich-religiösen Fragen.
    Ich will das nicht, protestierte ich, allerdings sehr zögerlich.
    Wir werden an der Kirche nicht vorbeiagieren können, sagte er. Denen in Oberösterreich ist das mehr oder weniger gleichgültig. Aber die niederösterreichische Kirche können wir nicht außen vor lassen. Und nach einer Pause: Das betreffende Ordenshaus hat einen gewissen Einfluss auf die Medienlandschaft, den man nicht unterschätzen sollte. Und auch auf die politischen Akteure des Landes, der wahrscheinlich noch gewichtiger anzusetzen ist. Sehen Sie den Ehrwürdigen Vater einfach als das, was sein Name schon besagt. Als väterlichen Ratgeber.
    Von Ratgebern war bislang nie die Rede.
    Ich habe den Herrn Abt übrigens mit ihrer Frage konfrontiert nach der Datierung des formellen Beginns des Katholizismus, sagte er. Er hat mir eine Antwort gegeben, aus der Sie ersehen können, dass er ein Mann des Kompromisses ist, bemüht um Frieden und Ausgleich. Nach seiner Interpretation gibt es keinen definierten Beginn der Kirche. Wenn ich ihn zitieren darf: Die Bildung der Kirche stellt einen Prozess dar. Dieser hat bereits mit der Urkirche in Jerusalem angehoben, allmählich haben sich Ämter

Weitere Kostenlose Bücher