Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das leere Land

Das leere Land

Titel: Das leere Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kohl
Vom Netzwerk:
die Läufe, vom Sportplatz weg einen Feldweg stromaufwärts, dann hinein in den schmalen Streifen Au und auf dem Treppelweg der D o KW zurück. Manchmal war es in der Herbstsaison um eine Spur weniger qualvoll, in jenen Jahren, wenn der Bauer, dem das Feld unmittelbar an der Au gehörte, Mais gepflanzt hatte. Dann trabten wir los, die sportlichen Streber waren schon nach wenigen Minuten weit vorne. Wir, die Deppen, schauten uns immer wieder um, sahen nach, ob sich der Sturmbannführer nicht endlich wegdrehte und zu den Kabinen ging, um sich auf eine der Holzbänke zu setzen. Sobald er uns den Rücken kehrte, bogen wir in das Maisfeld ab, gingen langsam quer durch die Reihen, blieben stehen kurz vor der Au, warteten, bis die anderen Läufer vorbeikamen, dann schlichen wir hinaus aus dem Feld und trabten langsam, mit einem Abstand, der uns groß genug erschien, um zu unserer läuferischen Unterlegenheit zu passen, hinter den anderen her. Fast zwei Kilometer der schweißtreibenden Lauferei ersparten wir uns so.
    Mehr Bewegung, sagte Bodinger, das kann ich gleich empfehlen, da braucht es keinen Arzt. Er hörte mich ab, tastete auf meinem Rücken herum, am Schultergürtel und an den Hüften. Tut es hier weh?, fragte er, und hier? Und hier? Es tat überall weh. Bodinger schien ratlos. Wir werden die Werte nehmen, sagte er und ging hinaus. Eine seiner Ordinationshilfen nahm mir Blut ab aus der rechten Armbeuge. Während sie der Reihe nach vier Eprouvetten bis zur Hälfte volllaufen ließ, legte mir eine zweite Helferin eine Manschette am linken Oberarm an und maß den Blutdruck, dann schickte sie mich mit einem Plastikbecher zur Toilette und bat, ihn mindestens bis zur Hälfte zu füllen.
    Nach zehn Minuten kam Bodinger zurück, redete leise mit der einen. Der Blutdruck ist ein wenig hoch, sagte er zu mir, während ich Unterleibchen und Hemd anzog, na ja, sagte ich, wenn sie ihn dir messen, während dir jemand eine Nadel in den Arm rammt, was erwartest du da. Wahrscheinlich Weißkittel-Hypertonie, sagte er mit einem Grinsen. Kontrollieren wir das nächste Mal wieder.
    Was heißt nächstes Mal?
    Wegen der Kreuzschmerzen kann ich nichts sagen. Es finden sich eigentlich keine Hinweise. Darum warten wir auf das Blutbild. Möglicherweise irgendeine Entzündung. Das sieht man dann. Wann hast du Zeit?
    Sozusagen jederzeit.
    Ruf wieder an in drei Tagen. Kannst sofort kommen.
    Ich solle der Schwester eine Telefonnummer geben, sagte er, reichte mir die Hand, sah mich nicht an, während er sie schüttelte, sagte zur Ordinationshilfe, dass sie eine Infusion geben solle. Bis dann, sagte ich zu Bodinger, der schon drüben im anderen Raum war, ich wollte zur Garderobe gehen und meine Jacke holen. Dass ich noch etwa zwanzig Minuten brauchen würde, sagte die Ordinationshilfe, die Infusion, ich sah sie verständnislos an. Der Herr Doktor habe mir eine muskelentspannende Infusion verordnet, sagte sie, die würde für die nächsten drei Tage meine Schmerzen wesentlich reduzieren.
    Sie brachte mich in einen winzigen Raum, in dem sich nichts befand außer einer gepolsterten Bank entlang der einen und drei silbrigen Mauerhaken an der anderen Längsseite. Ich setzte mich auf die Bank, das Zimmerchen war so schmal, dass meine Knie beinahe die gegenüberliegende Mauer berührten. Die Ordinationshilfe stach noch einmal in meinen rechten Arm, hing die Infusionsflasche an einem Haken auf und ging. Nach ein paar Minuten führte sie eine ältere Dame herein, setzte sie neben mich auf die Bank, hing sie ebenfalls an einen Tropf und ließ uns allein.
    Schweigend saßen wir da, schauten hoch zu den Zwischenstücken am Schlauch oben, wo man der Infusionslösung beim Tropfen zusehen kann, vermieden jeden Blickkontakt, um die Situation nicht noch peinlicher zu machen. Die Dame hatte einen Pelzmantel auf dem Schoß liegen, den sie mit beiden Händen festhielt. Er hat so viele Patienten, sagte sie unvermittelt, als meine Flasche beinahe leer war, das Wartezimmer ist immer voll. Da will ich den Mantel wirklich nicht in der Garderobe hängen lassen. Dann schwiegen wir wieder.

17
    Asturis fiel. Severinus hatte es vorausgesagt. Dies war sein erstes Wunder. Eugipp schweigt sich über die Ereignisse und Umstände dieses Ereignisses beinahe völlig aus. Was nicht weiter verwundert. Zeiselmauer oder Zwentendorf ist mit großer Wahrscheinlichkeit von den Ostgoten zerstört worden, die später dann, in jenen Jahren, als Eugipp die Geschichte aufschrieb, die Beherrscher

Weitere Kostenlose Bücher