Das Legat der Toten
Sekunden später brannte der zweite und der dritte, und Dean hatte seinen Spaß. Er lachte. Das Feuer fraß sich weiter. Es suchte überall nach Nahrung und bekam genügend. Dichter Qualm zog über den Steinboden und auch über die Bankreihen hinweg, zwischen die Todd den brennenden Baum schleuderte, in der Hoffnung, daß das alte Holz zu brennen begann.
»Wir können auch Benzin holen, wenn es nicht reicht«, schlug Miranda vor. »Im Kofferraum gibt es bestimmt einen gefüllten Reservekanister.«
Peter Ritter wollte vom Abwarten sprechen, als er etwas hörte. Es war ein typisches Geräusch. Es knarzte, und dieser Jammerlaut drang ihnen entgegen.
Er und Miranda fuhren herum.
Von der Tür her hörten sie einen Schrei.
Es war ein Kind gewesen!
»Scheiße!« fluchte Miranda. »Das ist die Tochter des Popen gewesen. Verdammt auch.«
»Dann holen wir uns das kleine Biest doch...«, flüsterte der ehemalige Offizier...
***
Susan Ferguson langweilte sich. Das tat sie immer, wenn sie allein war und keine Freundin zum Spielen dabei hatte. Fernsehen durfte sie am Abend nicht, das hatten die Eltern verboten. Sie suchten für sie das Programm aus, und es kam nicht oft vor, daß Susan vor der Glotze saß. Für ein achtjähriges Mädchen gab es noch andere Beschäftigungen. Der Meinung waren ihre Eltern.
Um so toller hatte sie den Besuch der Frau gefunden. Auch wenn sie doch komisch war mit dem Kreuz auf der Stirn. Susan kannte ein solches Kreuz nicht. Es hatte auf dem Kopf gestanden. So etwas war ihr noch nicht begegnet.
Obwohl sie in bestimmte Dinge nicht eingeweiht war, hatte die Frau mit dem Kreuz auf der Stirn bei ihr schon ein gewisses Unbehagen hinterlassen. Zwar hatte sie auch gelächelt, aber auch das hatte dem Kind nicht gefallen. Ihm war das Lächeln so unecht vorgekommen wie bei einer Schauspielerin.
Susan ging in ihr Zimmer. Es sah toll aus. Sie hatte es schon vorweihnachtlich geschmückt. Von der Scheibe hingen die Engel, die sie so mochte und so niedlich fand, weil ihre Gesichter so dick waren und sie auch noch Trompete bliesen. Sie hatte den Engeln ein paar kleine Weihnachtskugeln in die Arme gedrückt und die Kugeln festgeklebt, damit sie nicht herabfielen.
Wäre ihre Mutter jetzt hier gewesen, hätte sie bestimmt schon ins Bett gemußt. Sie war strenger als Dad, aber sie war bei der Tante in Liverpool und wollte erst zurückkommen, wenn das Baby auf der Welt war. Von ihrem Vater hatte Susan den Auftrag erhalten, auf das Telefon zu achten und ihm wichtige Nachrichten zu übermitteln.
Das Telefon meldete sich plötzlich. Susan hatte die Tür zu ihrem Zimmer nicht geschlossen. So konnte sie das Klingeln hören. Mehr springend als laufend eilte sie in den Flur und hob ab.
»Liebling...«, hörte sie die Stimme der Mutter.
»Hi, Mommy!«
»Du bist soeben Kusine geworden.«
»Echt? Hat Tante Mary ihr Baby bekommen?«
»Ja!« jubelte ihre Mutter in den Hörer. »Es ist sogar ein Junge, wie es sich Tante Mary gewünscht hat. Ein kleiner Kevin. Er sieht richtig süß aus.«
Susan zappelte herum. Auch sie war jetzt aufgeregt. »Wann kann ich ihn denn sehen?«
»Später, Schatz, aber es dauert nicht lange. Du könntest mir aber mal Daddy geben.«
»Der ist nicht da. Er ist in die Kirche gegangen und schmückt den Tannenbaum.«
»Stimmt, ja...«
»Soll ich ihn holen?«
»Nein, Su. Du kannst ja zu ihm gehen und ihm alles sagen. Ich bin morgen abend wieder bei euch.«
»Toll.«
»Ich küsse dich.«
»Ich dich auch, Mum.«
Nach diesem Gespräch hatte Susan den Besuch der fremden Frau vergessen. Ihre Gedanken drehten sich nur mehr um den kleinen Cousin. Es war so toll, denn ihre Tante Mary hatte sich immer einen Jungen gewünscht. Das mußte ihr Vater erfahren. Jetzt war ja alles klar. Sie brauchte nicht unbedingt mehr auf das Telefon zu achten.
Susan war aufgeregt. Sie lief hin und her. Wußte nicht, wo sie zuerst anfangen sollte und blieb schließlich vor der Garderobe stehen. Sie mußte springen, um die Jacke vom Haken zu holen. Sie war innen gefüttert und noch neu. Susan hatte sie von ihrer Großmutter zum Geburtstag bekommen.
Sie lief aus dem Haus und hörte, wie die Tür hinter ihr hart zufiel. Erst da fiel ihr ein, daß sie den Schlüssel vergessen hatte. Beim Rückweg würde sie nicht mehr hineinkommen. Aber ihr Vater war noch da. Der hatte bestimmt einen Schlüssel.
Mit hastigen Schritten eilte sie auf die Kirche zu. Sie überlegte, wie sie es dem Vater sagen sollte. Vielleicht richtig
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