Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)
in der Praxis eine Katastrophe.“
Die Sorge erwies sich als unbegründet. Peter trug einen Korb mit Getränken, Vollkornsemmeln und zwei Salatschüsseln, die mit Klarsichtfolie abgedeckt waren. Heide überreichte Annemarie die ersten Blumen der Saison aus ihrem Garten.
„Sind die Zwillinge oben?“, fragte Peter und klopfte zur Begrüßung mit den Handknöcheln auf den Tisch. Er trug Jeans, ein weißes Hemd und eine bunte, wild gemusterte Weste. Heide einen schlichten, grauen Leinenrock und ebenfalls eine weiße Bluse. Peter und sie waren knapp über vierzig, aber in Heides schwarzen Haaren hatten sich bereits erste graue Strähnen eingenistet und ein selbstverständliches Bleiberecht erhalten.
„Du kannst beruhigt sein“, sagte Hartmut,“die Zwillinge sind in Johannes’ Zimmer und zertrümmern gerade sein Plastikspielzeug. Nur Lokomotiven aus unbehandeltem Naturholz sind nämlich gestattet.“
„Hartmut, sei jetzt bitte still!“, zischte Veronika.
Georg tickte mit dem stumpfen Ende der Fleischzange gegen die Glastür und bedeutete seiner Frau, dass die Würste für die Kinder fertig seien. Annemarie schnitt sie in kleine Stücke, die sie mit bunten Zahnstochern spickte und auf einer großen Platte anrichtete. Außerdem hatte sie kleine Figuren aus Strauchtomaten, Käsestücken, Gurkenscheiben und Oliven vorbereitet und mit bunten Fähnchen versehen.
„Ihr werdet es nicht glauben“, sagte sie, als sie den anderen die Platte zeigte, „so essen die Kinder tatsächlich etwas Gemüse und Salat. Außerdem gibt es kein Gemetzel mit Messer und Gabel im Kinderzimmer.“
„Hat Johannes nicht einen Fernseher in seinem Zimmer?“, fragte Peter, als Annemarie die Wendeltreppe hochging.
„Jetzt essen sie doch. Außerdem weiß Johannes genau, was er schauen darf und was nicht“, sagte Daria.
„Der Johannes vielleicht, aber unsere beiden schauen nur nachmittags, wenn überhaupt.“
„Selbst wenn“, sagte Veronika, „was soll denn schon passieren. Die Werbung für die 0190-Nummern kommt doch erst nach zehn Uhr. Nicht wahr, Hartmut, mein Schatz?“
Der Angesprochene zuckte nur mit den Achseln. Heide rückte auf die Bank neben ihn und roch an seinem Tabaksbeutel.
„Unsere wilden Jahre damals“, sagte sie und rollte die Augen, „wildes Zelten, billigen Lambrusco, Joints und Jimi Hendrix im Kassettenrecorder. Nach einem Wochenende waren die Batterien regelmäßig leer. Und wenn es nachts regnete, sprang Peters R4 nicht mehr an. Wer jemals im Wald einen Wagen angeschoben hat, weiß, was ich meine.“
„Ich gehe doch mal kurz nach oben“, sagte Peter, „und sage den Twins, dass wir da sind.“
„Er vertraut ihnen einfach nicht“, stellte Veronika fest.
Als Annemarie wieder herunterkam, folgten ihr die anderen, bis auf Hartmut, auf die Terrasse. Annemarie richtete Georg im Namen der Kinder aus, dass er der beste Griller auf der ganzen Welt wäre, und gab ihm einen Kuss auf die Backe (auf den schmalen Streifen Haut zwischen Jochbein und Bart). Daria, die auf der anderen Seite neben Georg stand, pflichtete ihr bei, und auch sie küsste ihn auf die Wange und legte ihm dabei die Hand auf die Schulter. Ein Zwillingskuss, mit geschlossenen Lippen, aber Frieder fühlte zu seiner eigenen Überraschung, wie sich ein Pfeil aus Eifersucht durch seine Magenwand bohrte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Darias Hand auf Georgs Schulter den Kuss überdauerte. Sie wirkte so entspannt und gelöst, als läge eine gewisse Vertrautheit in dieser Bewegung.
Du bist ein Idiot, sagte er im Stillen zu sich, und schaufelte sich den Teller so voll mit Krautsalat, Tomatenscheiben in Balsamicoessig und Kartoffelsalat, dass kein Platz mehr blieb für ein Steak und er sich einen zweiten Teller vom Stapel nehmen musste.
„Wo das alles nur bei dir bleibt, mager, wie du bist?“, fragte Veronika prompt, als sie wieder am Tisch saßen. Sie schnitt ihr Schweinekotelett und ihre Grillwurst in der Mitte durch und legte die beiden Hälften auf Hartmuts Teller, auf dem sich lediglich grüner Salat, eine Vollkornsemmel aus Heides Brotkorb und mehrere Tomatenscheiben befanden.
„Ich vertrage nicht so viel Gesundheit“, maulte Hartmut, „der männliche Organismus funktioniert anders als der weibliche. Er ist seit Urzeiten als Kriegsorganismus konzipiert, er braucht Fette, Cholesterin, Alkohol, Nikotin – starke Gegner, die er in hartem, ehrlichem Kampf vernichten muss.“
„Gib doch endlich Ruhe“, sagte Veronika. Sie aß
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