Das letzte Buch
blinzelnd an.
Ihr Lächeln wurde breiter. Sie strich mir über die Wange.
»Sie ist wirklich schlau, die Idee mit dem bereits Gelesenen. Und damit, was darauf folgen wird.«
»So ist das nicht …«, brachte ich hervor, doch sie unterbrach mich.
»Du hättest dich gar nicht anzustrengen brauchen. Aber jedenfalls fühle ich mich geschmeichelt. Also, was folgt jetzt unweigerlich?«
Ich seufzte.
»Jetzt folgt unweigerlich der Abschied bis morgen. Eine andere Entwicklung der Ereignisse wäre zur Trivialliteratur zu rechnen,
aber das Buch, nach dem ich suche, gehört offenbar nicht dazu.«
Ich strich ihr ebenfalls über die Wange.
»Obwohl es mir in diesem Augenblick sehr leidtut, dass es so ist.«
|59| 9.
Im Büro empfing mich das grinsende Gesicht des Kollegen Petronijević.
»Gratuliere«, sagte er. »Nicht weniger als die Titelseite.«
Er zeigte auf das Boulevardblatt vor sich.
Ich hob die Zeitung hoch. Fast die ganze untere Hälfte der Seite nahm ein Foto vom Schaufenster des »Papyrus« ein. Darüber
stand fett gedruckt die Überschrift
Tödliche Buchhandlung
, mit drei Ausrufezeichen dahinter. Die Anmerkung darunter verwies auf die Seite neun. Rasch blätterte ich, bis ich sie fand.
Zuerst zog ein weiteres großes Foto meinen Blick an. Über einem Regal voller Bücher war ein Totenkopf mit zwei gekreuzten
Knochen abgebildet. Der kurze Artikel war in der für die Schmierpresse typischen Art verfasst.
Äußerlich wirkt die Buchhandlung »Papyrus« harmlos. Aber der Schein trügt! Meiden Sie den Laden, wenn Ihnen das Leben etwas
wert ist! Es handelt sich um einen der gefährlichsten Orte der Stadt! In den letzten drei Tagen haben in dieser Buchhandlung
drei unschuldige Bücherfreunde ihr Leben gelassen! Niemand weiß, woran sie gestorben sind. Und wie wir aus zuverlässiger polizeilicher
Quelle wissen, sind neue Opfer zu erwarten.
Am liebsten hätte ich die Zähne gefletscht und geknurrt. Ich konnte mir vorstellen, was Vera empfinden musste, wenn sie die
Zeitung zu Gesicht bekam.
|60| »Scheußlich!«, sagte ich. »Das mit dem Totenkopf kann sich nur jemand ausgedacht haben, der Bücher krankhaft hasst!«
»Sie haben nichts Falsches geschrieben.«
»Besonders richtig ist, dass neue Opfer erwartet werden.«
»Stimmt das etwa nicht?«
»Weshalb sollte es stimmen?«
»Der Chef hätte dich nicht zum Rapport gerufen, wenn alles abgeschlossen wäre.«
»Wann hat er mich gerufen?«
»Schon gegen halb zehn. Er sagte, du sollst sofort zu ihm kommen.«
»Ausgezeichnet. Es ist höchste Zeit, dass wir uns über die zuverlässigen Quellen der Polizei unterhalten, auf die sich die
Zeitungen ständig berufen.«
»Ich bezweifle, dass ihn das besonders interessieren wird!«
Er nahm mir die Zeitung aus der Hand und vertiefte sich in die Lektüre.
Ich ging hinaus, den Korridor entlang. Klopfte an die letzte Tür rechts. Auf dem Messingschild stand: Kriminaloberkommissar.
»Herein!«, ließ sich eine mürrische Stimme vernehmen.
Ich öffnete die Tür. Oberkommissar Djordjević saß an seinem großen Arbeitstisch, auf dem das Vorherrschendste zwei symmetrisch
angeordnete Bonsaitöpfe waren. Im Hintergrund stand ein riesiges Aquarium, das grünlich schimmerte.
»Ah, Kollege Lukić, bitte sehr.«
Er wies auf den linken der zwei Sessel vor dem Arbeitstisch. Ich setzte mich, wobei ich mich fragte, weshalb er mir niemals
den rechten anbot.
»Was geht in dieser Buchhandlung vor sich? ›Papyrus‹, nicht wahr?«
»Ja, ›Papyrus‹.«
|61| »Schöner Name für eine Buchhandlung! Woher die vielen Toten an einem solchen Ort? Drei, nicht wahr?«
»Ja, drei.«
»Was sagt der Pathologe?«
»Ich habe noch keinen offiziellen Bericht erhalten. Inoffiziell ist die Todesursache bisher unbekannt.«
»Wieso unbekannt?«
»Es liegt nichts Ungewöhnliches vor. Doktor Dimitrijević untersucht im Augenblick weniger normale Möglichkeiten. Zum Beispiel
starke allergische Reaktionen.«
»Allergische Reaktionen – worauf?«
»Soweit ich verstanden habe, gibt es da mehrere Verursacher. Papier, Staub, Asche zum Beispiel.«
Er erhob sich aus dem Ledersessel, zog ein Taschentuch hervor, beugte sich über den rechten Bonsai und wischte die Spitze
der Miniaturbaumkrone ab.
»Der Staub ist wirklich unerträglich! Heute Morgen habe ich die Pflanzen abgeputzt, und jetzt sind sie schon wieder voll!«
Er drehte sich zum Aquarium. »Ich müsste es irgendwie schützen. Ich habe nicht gewusst, dass so etwas
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